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Felix Krull hoch drei im Volkstheater

Autor(en): Mirijam Trunk am Samstag, 18. Juni 2011
Regisseur Bastian Kraft versucht sich auf völlig neue Art an Thomas Manns letztem Buch „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ - und kommt damit dem gedruckten original ungewöhnlich nahe.

Regisseur Bastian Kraft versucht sich auf völlig neue Art an Thomas Manns letztem Buch „Die Bekenntnisse des Hochstaples  Felix Krull“ - und kommt damit dem gedruckten original ungewöhnlich nahe: Mit einem Bühnenbild, drei Darstellern und dem Prinzip "Jeder spielt alles".  

Einen Roman als Theaterstück aufzuführen ist meist eine große Herausforderung. Dialoge müssen gekürzt, Teile gestrichen und Personen vergessen werden. Die größte Herausforderung ist es aber – gerade bei einem Thomas Mann Buch – die inneren Vorgänge der Figuren für das Publikum sichtbar zu machen. Egal wie groß das schauspielerische Talent und die Mimik der Darsteller – so eindeutig wie durch das gedruckte Wort können die internen Dialoge der Charaktere nie verstanden werden.

So sind es doch gerade eben diese inneren Vorgänge, die zum Verständnis des einen oder anderen Buches notwendig sind. Thomas Manns Meisterwerk „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ ist ein solches Buch. Denn das, was die Hauptfigur – der Hochstapler Felix Krull – tut, steht im Gegensatz zu dem, was in ihm vorgeht. Der gerissenste aller Betrüger hegt Hintergedanken, schmiedet Pläne und Überlegungen, die ihn eigentlich erst zum Betrüger werden lassen.

Die Inszenierung

Im Volkstheater wurde ein einfacher Weg gefunden, mit dem Problem des „internen Dialogs“ umzugehen: Es wird einfach ausgesprochen, wie Thomas Mann es geschrieben hat. Drei Darsteller spielen abwechselnd den handelnden und den denkenden Felix Krull. Gleichzeitig übernehmen sie aber auch alle anderen Rollen des Buches – ebenfalls im schnellen Wechsel.

Dieses Konzept hat einige Vorteile: Zum einen bleibt der Zuschauer wach und aufmerksam, denn das dauernde und schnelle Wechselspiel der Figuren erfordert Aufmerksamkeit. Weniger anstrengen muss das Publikum sich bei der Interpretation. Denn – anders als in vielen anderen Inszenierungen – werden die Gedanken des Felix Krull klar ausgesprochen. Mimik und Gestik der Schauspieler unterstreichen das Handeln und die Gedanken nur, sie müssen nicht gedeutet oder separat verstanden werden.

Bühnenbild und Darsteller

Das Bühnenbild des Volkstheaters ist einfach. Drei leuchtende Rahmen, in jedem steht ein Darsteller. Je nach Rolle wechselt die Farbe des Rahmens – für die leidenschaftliche Liebhaberin Madame Houpflé in ein leuchtendes Rot, für den trockenen Hoteldirektor in ein kühles weiß.

Die drei Darsteller Pascal FliggNicola Fritzen und Justin Mühlenhardt ergänzen sich in ihren Rollen. Mit beeindruckender Mimik und überzeugender Komik greifen die drei den Grundtenor des Buches auf: Das Leben nicht zu ernst nehmen. So schrecken die Schauspieler auch nicht davor zurück, gleich zu Anfang die Hüllen fallen zu lassen – sehr zur Freude des weiblichen Publikums.

Kritik

Dennoch verliert das Publikum aufgrund der schnellen Dialoge und dem fließenden Übergang im Rollenwechsel zwischendurch auch leicht den Überblick. Ein unbelesener Felix Krull Besucher hat so gerade im mittleren Teil des Stückes Probleme, nicht den Faden der Geschichte zu verlieren. Dazu sinkt die Aufmerksamkeit in den langen Minuten, in denen die Darsteller mit dem Mikrofon nach ihren Jackets fischen und sich an Deckenrohren entlang hangeln.

Natürlich hat sich auch diese Inszenierung nicht vollständig Manns Vorlage verschrieben. So wird gegen Ende das Lied „Catch me if you can“ gesungen – ein lustiger, wenngleich musikalisch nicht sehr wertvoller Einschub. An Ende versuchen die Darsteller zu vollenden, was Thomas Mann nicht mehr geschafft hat: Sie schließen die Geschichte mit eigenen, improvisierten und teils skurrilen Ideen.

Witzig, geistreich und in vielerlei Hinsicht speziell kommt diese Inszenierung der Buchvorlage für ein Theaterstück außergewöhnlich nahe. Denn schließlich war ja auch Felix Krull nur ein Schauspieler, der schnell zwischen verschiedenen Rollen wechselte.

Facts

Das Stück ist noch vom 21.-23. Juni und am 16. und 17. Juli im Vlokstheater zu sehen. Karten kosten 16 Euro, ermäßigt 8 Euro. 

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