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M94.5 Filmkritik

Flatliners - Eine dauerhafte Nulllinie

Autor(en): Louise Bahner , Jaya Mirani am Mittwoch, 29. November 2017
Quelle: © 2017 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH

Die Flatliner-Crew beim Dramatisch-in-die-selbe-Richtung-Schauen.

Gibt es ein Leben nach dem Tod? Diese universelle Frage versucht „Flatliners“ zu beantworten. Zumindest in den ersten 5 Minuten – dann geht's schnell bergab.

Ein gleißendes Licht. Ein Gefühl, als würde man fliegen. Dein gesamtes Leben im Bruchteil einer Sekunde. Das sind nur einige der Erfahrungen, die Menschen nach einem Nahtoderlebnis berichtet haben. Doch was ist dieses Leben nach dem Tod? Ist es wissenschaftlich erklärbar?

Das einmal selbst erleben möchte auch Medizinstudentin Courtney (Ellen Page). Sie verspricht sich durch Experimente mit Nahtoderfahrung einen medizinischen Durchbruch und Nähe zu ihrer verstorbenen Schwester. Unterstützt von vier ihrer Kommilitonen (Nina Dobrev als Marlo, Kiersey Clemon als Sophia, Diego Luna als Ray und James Norton als Jamie) lässt sie sich umbringen und anschließend wiederbeleben. Die Folgen sind jedoch überraschend, über Nacht wird sie zum Genie und scheint sich in einem durchgehenden Rausch zu befinden. Das verleitet schließlich die anderen dazu, es ihr gleich zu tun, ohne über Konsequenzen nachzudenken. Dabei wird auch die Frage komplett ausgelassen, wieso Medizinstudenten – die es eigentlich besser wissen sollten – oder irgendjemand mit halbwegs gesundem Menschenverstand so ein Risiko eingehen. Aber das Experiment bleibt nicht ohne Nebenwirkungen: Jeder wird durch horrorartige Visionen von Menschen verfolgt, die er in der Vergangenheit verletzt oder getötet hat. Schnell stellt man fest, dass Flatliners, ein Remake des gleichnamigen Films aus dem Jahre 1990 mit Julia Roberts und Kiefer Sutherland (hier eine Nebenrolle), lieber nicht hätte wiederbelebt werden sollen.

Klassischer Horrorfilm oder doch ein Thriller?

Der Film weiß selbst nicht genau, was er sein will: Anfangs ein Drama, dann eher ein Thriller und schließlich ein Standard-Horrorfilm, der sich für fast kein Klischee zu schade ist: von dem gruseligen kleinen Kind bis zu erzwungenen Jump Scares. Zwischendurch wird eine schnulzige Liebesgeschichte angerissen, die dem Film auch keine Tiefe gibt. Flatliners verheddert sich in seinem roten Faden und fällt am Ende auf die Nase.

Der vielversprechende wissenschaftliche Aspekt des Anfangs wird dabei relativ schnell verworfen, stattdessen geht es den Studenten nur noch um Leistungssteigerung und Rauscherfahrungen. Man würde irgendwann vor Langweile sterben, wäre der Film nicht hin und wieder lustig - wenn auch eher unbeabsichtigt. Einzig die visuellen Eindrücke, wie eine nächtliche Motorradfahrt durch verlassene Straßen während einer Nahtoderfahrung, geben dem anderweitig leblosen Film ein bisschen Farbe.

Zu viele Charaktere

Eines der Hauptprobleme des Films ist, dass er viel zu viele Charaktere hat. Die sind in Folge alle eindimensional. Das einzige, was wir wirklich von den Studenten erfahren, ist ihre eine “furchtbare“ Tat, ansonsten sind sie Stereotypen; der reiche Player, die Karrierebesessene, die Musterschülerin unter Druck. (Während sie alle um ihr Leben kämpfen, gibt es aber natürlich immer Zeit für ein Selfie.) Wahllos werden Hintergrundinfos und Charaktereigenschaften schneller eingeworfen, als ein Pulsschlag vergeht. So ist das einzige, was der Zuschauer wirklich über Ray, gespielt von Diego Luna, erfährt, eine kurze Bemerkung darüber, dass er mal Feuerwehrmann war. Diese Info wird allerdings den ganzen Film über weder vertieft, noch ist sie in irgendeiner Weise relevant für die Handlung. Die Geschichten der Charaktere sind so dröge und vorhersehbar, in manchen Momenten erscheint einem der Hirntod doch als bessere Alternative. Daraus folgt, dass alle Studenten komplett unsympathisch wirken. Ausnahmen sind Ray und Courtney, was aber nur Diego Lunas und Ellen Pages schauspielerischer Leistung zu verdanken ist. Allerdings können sie auch nicht mehr aus einem faden Skript (von Ben Ripley nach Peter Filardis Vorlage) heraus holen, welches die Elektroschocks eher brauchen könnte als einige der Studenten. Die Charaktere sind einem gleichgültig und auch jeglicher Versuch, eine Moral aufzubauen, wird untergraben, da alle aus Selbstschutz handeln und es eigentlich auch für niemanden Konsequenzen gibt.

Kiefer Sutherland, der auch am Original mitgewirkt hat , ist ein weiteres Beispiel von verschwendetem schauspielerischen Talent. Mit seiner lächerlichen weißen Perücke und keinerlei Verbindung zum Orginal ist er einfach nur da - mehr auch nicht.

Der Zuschauer ist am Ende eher komplett verwirrt als bewegt. Für Flatliners kommt leider jede Hilfe zu spät - jegliches Potential des Anfangs stirbt einen qualvollen Tod.

"Flatliners" läuft ab 30. November 2017 im Kino.

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