M94.5 Filmkritik
Fremd und nicht gut gegangen
Was erwartet einen in „Der andere Liebhaber“? Ein Erotikfilm? Ein Psychothriller? Ja, auch. Aber vor allem: Fragen über Fragen.
Sobald man in einem der roten, gut gepolsterten Kinosessel sitzt, die Lichter ausgehen und der Film anfängt, ist man isoliert. Denn ab jetzt gibt es nur noch einen selbst und das Licht auf der Leinwand, also den Film. Der Film ist in diesem speziellen Fall „Der andere Liebhaber“ von François Ozon - und bei diesem Film ist diese Isolation besonders schwer zu ertragen, denn ständig möchte man seinem Sitznachbarn oder besser dem Film selbst Fragen zurufen, die einen beschäftigen. Wie zum Beispiel, was hier gerade überhaupt passiert.
Auf der Couch und im Bett der Psychiater
In „Der andere Liebhaber“ geht es um eine junge Frau, die sich in ihren Psychiater verliebt und mit ihm zusammen kommt, weswegen die beiden aber keine Patienten-Analytiker-Beziehung weiterführen können. Nach einiger Zeit erfährt sie, dass er einen Zwillingsbruder hat, der ebenfalls Psychiater ist. Ohne ihrem Mann davon zu erzählen, macht sie Therapiesitzungen bei diesem, die jedoch meistens darin münden, dass die beiden Sex haben und sie dann wütend auf den Zwilling ist.
Daraus entspannt sich dann ein doppeltes Spiel zwischen den Brüdern und der jungen Frau. Aber leider kann der Film, obwohl er oft im Unklaren lässt, was Wirklich passiert und was nur Einbildung ist, den Zuschauer nicht wirklich überzeugen, dass das eine tatsächlich schlüssige Geschichte ist. Vor allem nach der ersten Hälfte des Filmes, die sich stark an „50 Shades of Grey“ anlehnt, wirkt die zweite Hälfte wie ein Bruch, weil hier stärker auf Psycho- und Horrorelemente gesetzt wird. Auch hier ist man von der Notwendigkeit des Handlungsverlaufs nicht vollständig überzeugt.
Was vom Filme übrig blieb
Wenn man mal von der Story absieht, gibt es noch ein wichtiges Element, was einen nicht mehr loslässt. Denn ständig fragt man sich: Woher kenne ich das denn schon? Es sind Dinge wie: Das mit dem Doppelgängermotiv kennt man schon aus der Romantik, und das bereits erwähnte „50 Shades of Grey“ ist auch für den Look des Filmes ein Referenzpunkt. Das und ähnliches schafft der Film leider nicht, sich ganz zu eigen zu machen. Er bedient sich zwar aus dem Fundus der Referenzen, aber nutzt sie nicht wirklich zum eigenen Vorteil und bindet sie nicht ein, sondern lässt sie Referenzen bleiben.
Am Ende gehen die Lichter wieder an, die Isolation wird aufgehoben. Man steht aus dem Kinosessel auf und geht aus dem Kino. Auf dem Weg nach draußen unterhält man sich noch mit seinem Sitznachbarn, und der fragt: Wie fandest du so den Film? Man merkt, dass alles, was man gerade gesehen hat, einen doch sehr ratlos zurücklässt, was sich tatsächlich sehr, sehr unbefriedigend anfühlt. Am Ende kann man sich darauf einigen, dass er jetzt nicht schlecht, aber auch ganz sicher nicht gut war. Und mit so einem Satz einen Film zu rezensieren, ist mindestens genauso unbefriedigend.
"Der andere Liebhaber" läuft ab dem 18. Januar 2018 in den deutschen Kinos