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Gone Girl

Autor(en): Nathalie Claus am Mittwoch, 1. Oktober 2014
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Quelle: © 2014 Twentieth Century Fox

Nick Dunne (Ben Affleck) auf der Suche nach seiner vermissten Frau (Rosamund Pike).

David Fincher und "das perfekte Opfer" - es geht um Lieben und Tod.

David Fincher portraitiert mit Gone Girl "das perfekte Opfer". In seinem neuesten Film geht's um Lieben und Tod.

Wer sich den Trailer für Finchers aktuellen Streifen zu Gemüte führt, der erwartet vor allem eins: eine vorhersehbare Geschichte. Da gibt es das junge Ehepaar, die Liebe mehr nostalgisch als gegenwärtig, da gibt es Streit und böse Blicke, und plötzlich verschwindet die wunderbar sympathische Amy spurlos. Verdacht: Na klar, der unliebsame Ehemann war's. Alles schon mal da gewesen. Denkt man.

Nun wäre David Fincher nicht David Fincher, wenn er diese Erwartungen nicht allesamt enttäuschen würde - und das auf gewohnt spektakuläre Weise. Wer mit dem bisherigen Werk des Regisseurs vertraut ist, wird nicht überrascht sein, dass er sich an diese Romanverfilmung gewagt hat: Atmosphärisch knüpft der Film an die gleiche forsche Herangehensweise an, die von "Panic Room" über die "Millennium"-Trilogie bis zu "Seven" bereits Millionen von Zuschauern in die Kinositze gedrückt hat. Zwar wartet "Gone Girl" nicht mit einem "Kopf im Karton"-Überraschungsmoment auf. Aber die Energie, mit der Fincher bis in die dunkelsten Ecken menschlicher Psyche vordringt, ist die selbe.

Rezept zum Eheglück: Viel Arbeit und eine Pistole zum Valentinstag

Aber zunächst mehr zur eigentlichen Geschichte: Ja, das klingt am Anfang alles verdächtig unspannend. Wer das Buch nicht gelesen hat und auch anderweitig allen Spoilern entgangen ist, der ist zu Beginn vielleicht etwas verblüfft von der Vorstadt-Idylle. Der Film springt hin und her zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Das bedeutet auf der einen Seite: niedliches Kennenlernen, erste Dates, perfekte Ehe, Vorzeigepärchen. Auf der anderen Seite: "Der Morgen, als es geschah". Amy (Rosamund Pike) wie vom Erdboden verschluckt, und ihr Ehemann Nick (Ben Affleck) hat mit den Konsequenzen zu kämpfen. Erst nach und nach wird klar, dass man nach fünf Jahren Ehe nicht nur ein bisschen genervt ist von den Macken des anderen, nein. Dieses Paar hat weit tiefer reichende Probleme.

Wie tief wirklich, das erkundet der Film in exakt dem Tempo, das gebanntes Mitverfolgen und ungläubiges Luftschnappen garantiert. Da wirkt Afflecks verdächtig gleichgültiger Nick doch auf einmal sehr unsympathisch gegenüber der coolen Amy, verkörpert von einer rundum überzeugenden Rosamund Pike, die scheinbar alles kann und von jedem gemocht wird. Wenn Nick so weiter trinkt, sollte Amy sich vielleicht doch lieber diese Waffe vom Schwarzmarkt besorgen. Nick wird mehr und mehr zur Zielscheibe; von der Polizei, den Nachbarn, den Medien. Gerade den schauspielerischen Leistungen von Pike und Affleck ist es zu verdanken, dass es dem Zuschauer mächtig schwerfällt, sich auf eine der beiden gegnerischen Seiten zu schlagen. Wer ist hier tatsächlich das Opfer?

Die moderne Verfolgungsjagd: Unangenehm überzeugend bis ins Detail

Je tiefer man vordringt in die Vergangenheit der beiden Protagonisten, desto wahnsinniger wird das Ganze - und damit tatsächlich glaubwürdiger, realistischer, packender. Neben Pike und Affleck dürfen weitere Figuren glänzen: Das Zwiegespann ermittelnder Cops (gespielt von Kim Dickens und Patrick Fugit) erfährt genug charakterliche Tiefe, um nicht ins platte "CSI: Miami"-Klischée abzurutschen. Und als die Mordanschuldigungen zu schwer auf Nicks Schultern lasten, heuert er Star-Anwalt Tanner Bolt (Tyler Perry) an, der eine natürliche Komik beisteuert, ohne vom Drama im Kern abzulenken. Ja, auch in diesem Film darf man sich hin und wieder trauen zu lachen.

Die wichtigste Nebenrolle, eigentlich Hauptrolle, haben in dieser Geschichte jedoch die Medien und die Wirkung der öffentlichen Meinung in Ermittlungen wie diesen. Wer ständig von Blitzlichtgewitter und bissigen Interview-Fragen gejagt wird, der kann ja nur schuldig sein. "Gone Girl" liefert eine vielschichtige Betrachtung von Image, öffentlicher Wahrnehmung, und vor allem Täuschung. Und die kann so weit ins Detail gehen, dass sie sich sogar bis ins Schlafzimmer schleicht.

Date-Film à la Fincher: Moralisch fragwürdig, clever, gut

Auch wenn selbst ein Film wie dieser seine schwachen Momente nicht leugnen kann, so kann "Gone Girl" sie doch vor allem deshalb verkraften: Ein David Fincher weiß, was er tut. Der alles entscheidende Twist sei hier natürlich nicht verraten, aber eines darf man versichern: Man sieht ihn absolut nicht kommen. Seine selbstbewusste Art, Geschichten zu erzählen, benötigt weder Pauken und Trompeten, noch Verfolgungsjagden und brutale Gewalt. "Gone Girl" ist auch ohne all das ein intensiver Thriller. Er fühlt sich kontrolliert an, fast schon mit klinischer Präzision inszeniert. Finchers Skalpell nimmt das Innenleben der modernen Ehe derart unerschrocken auseinander, dass viele seiner exakt komponierten Kameraeinstellungen einfach im Kopf hängen bleiben. Wer unverheiratet ist, wird sich nach dem Kinobesuch freuen, wenn das so bleibt.

"Gone Girl - Das perfekte Opfer" läuft ab 02. Oktober 2014 in den deutschen Kinos.

Bildergalerie
Das vermeintlich glückliche Paar: Nick (Ben Affleck) und Amy (Rosamund Pike).
So langsam kommt Nick (Ben Affleck) aber ins Schwitzen: Alle verdächtigen ihn.
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