Das Münchner Teamtheater inszeniert die Künstlerehe zwischen Thomas Bernhard und Claus Peymann.
Ich hasse Alles, was du liebst und liebe Alles, was du hasst
Die Unterhose, die Claus Peymann trägt, zu seinem elegant schwarzen Jackett, zu seinem weißen Seidenschal, der würdevoll gleich einer Dramaturgenstola auf seinen Schultern ruht, ja gerade diese profane, einzig die hüftnähesten Partien des Oberschenkels kaschierende Unterhose ist es, die Peymann in Entzücken geraten lässt, wenn er über die Notwendigkeit einer passenden Hose redet, als die Notwendigkeit überhaupt und daraus folgernd, notwendig den Hosenkauf zu einem Akt erhebt, der tatsächlich äußerste Obacht erfordere und damit den, ihm gegenüber in Schweiß stehenden, wütenden, atemlosen Thomas Bernhard zum Wahnsinn treibt, da dieser doch um die Gefahr des Hosenkaufs weiß, diesen letalen Akt, der ja im übrigen und statistisch evident, den Schlaganfall wie keine andere Ursache befördere.
Es ist das Skurrile, das Absurde, das Bernhard hasst und liebt, wenn er über das Theater schreibt. Das Ringen um Relevanz, im Theater wie in der Welt, und die Vagheit der Grenze zwischen jenen beiden Realitäten. Bernhard kämpfte ein Leben lang mit diesem Problem, als wäre es sein originär eigenes, doch selten tat er dies in einem so zart pointierten Ton wie in den drei Dramoletten „Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen“, in welchen er der engen Beziehung zu seinem Freund, dem langjährigen Intendanten des Wiener Burgtheaters Claus Peymann, gedenkt.
Das Teamtheater München setzt in seiner Inszenierung der Dramoletten auf Intimität. Der sowieso schon kleine Saal ist selbst noch Teil der Szene, so dass der Zuschauer gezwungen partizipiert und ins Kreuzfeuer gerät, wenn Bernhard und Peymann gegen sich, das Theater im Allgemeinen und das Wiener Burgtheater im Besonderen, gegen die Schauspieler im Allgemeinen und die Wiener Burgschauspieler im Besonderen, gegen die Zuschauer im Allgemeinen und die Kritiker im Besonderen ins Feld ziehen. Ludo Vici spielt hierbei einen soliden Peymann, bei welchem ihm allerdings die Darstellung des Peymannschen Narzissmus mehr gelingt, als die in den zweifelnden Passagen. Die drei restlichen Personen Bernhard, Peymanns Sekretärin Fräulein Schneider und Peymanns Dramaturg in Wien Hermann Beil werden allesamt von Claus Joachim Zey gespielt, welcher vor allem in der Rolle des Bernhards aufgeht. Auch wenn die Inszenierung insgesamt etwas konventionell anmuten mag, so wird sie doch getragen durch das Gefühl dieser äußersten Erregung Bernhards, die diesen Text bewegt. Dieses zwischen Tirade und Hommage schwankende Echauffieren über die Frage nach der wirklichen Bedeutung von Theater, nicht zuletzt zugespitzt auf die Frage, was mehr wiegt im Leben: eine gelungene Shakespeare-Inszenierung oder der gelungene Kauf einer Hose.
Mehr Infos zum Stück gibt es auf der Homepage des Teamtheaters Tankstelle.
Text: Maximilian Sippenauer