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Filmfest 2015

Im Western was Neues

Quelle: © FILMFEST MÜNCHEN

Garantiert nicht schonend zu empfindlicher Männerhaut: Kodi Smit-McPhee und Michael Fassbender

Schon vor seinem Kinostart war der Neo-Western "Slow West" beim Filmfest zu sehen. Wir haben mit seinem Regisseur über entschleunigtes Sterben gequatscht.

Der schottische Regisseur John MacLean ist an das Genre des Western so herangetreten, wie dereinst die euopäischen Einwanderer an den Westen, nämlich als Fremder, von außen. "Slow West" erzählt die Geschichte einer unschuldigen jungen Liebe, während rauchende Colts einen ständigen Nachschub an Leichen produzieren. Er kombiniert die Coolness eines Michael Fassbender mit der düsteren Tiefe eines Märchens. Genau das Richtige für einen heißen Sommertag in München, an dem man bereits mehrere Leute umgelegt hat.

 

Weil dieser ungewöhnlich gebaute Film hervorragend funktioniert, hat er beim Sundance Film Festival in den Staaten den großen Preis der Jury für "World Cinema: Dramatic" erhalten. "Slow West" war MacLeans erstes Projekt in Spielfilmlänge - und gleich solche Ehren! Wir treffen ihn im barocken Ambiente eines Saals im Bayerischen Hof. 

Zunächst mal: Warum ein Western als erster Film in Spielfilmlänge?

Ich dachte, das wäre mal was Anderes, einen Western als ersten Langfilm zu machen. Außerdem komme ich ja aus Schottland. Und als ich in Amerika mit Leuten gesprochen habe, haben die mir immer erzählt, dass zum Beispiel ihr Großvater Ire war oder Portugiese. Western sind aber immer sozusagen „poliert“, voll von Amerikanern. Also war meine Idee, dass man so eine Geschichte doch auch mit Leuten aus der ganzen Welt erzählen und damit etwas Anderes sagen könnte.

Sie haben bereits mit Michael Fassbinder zusammengearbeitet und die Rolle für ihn geschrieben. Wie haben Sie ihn kennengelernt?

Ich war in London mit seinem Agenten befreundet. Und er gab Michael eine Kopie meiner frühen Filme, die ich mit Freunden gemacht hatte, ohne jegliches Budget, aber er mochte sie. Zu der Zeit hat er gerade mit Tarantino gedreht. Und er hat gesagt: Schau, wenn du Bock hast was zu machen, ich hab einen Tag. Ich dachte, er ist vielleicht gelangweilt davon, an großen Filmsets herumzusitzen, also hab ich gesagt, wir filmen einfach mit meinem Handy und halten das Ganze ziemlich „guerilla“. Ich springe auf ein Motorrad mit ihm, wir fahren in die Mitte von London, filmen und sind wieder weg, bevor irgendjemand uns anhält. Es hat funktioniert. Und Michael sagte: Lass uns noch was Anderes machen. Beim nächsten Projekt hatte ich dann drei Tage mit ihm.

Wo hatten Sie diese monströse Jacke für Ben Mendelsohn her?

Aus einem frühen John Ford-Film namens „The Iron Horse“. Die frühen Western sahen für mich immer viel authentischer aus als die späten. Ich meine, wir sprechen von 30, 40 Jahren nach der Zeit, um die es geht. Und da war ein Typ, der diese Jacke getragen hat.

Haben Sie eine Ahnung, warum Western irgendwann aus der Mode kamen?

Ich habe eine Menge darüber nachgedacht. Viele sagen, der Aufstieg von Science Fiction war damals der Grund. Man kann eben keinen CGI-Western machen. Der ganze Reiz war ja, dass es echt war, die Viehzäune und der Schmutz und sowas. Western sind nicht episch, sondern intime, kleine Geschichte, allerdings in großen Landschaften. Typen, die aus Zügen auf Büffel schießen und sowas.

Was ist mit dem Titel? Als ich den zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich, es geht um einen dreistündigen Film…

Ja, das war genau das Problem. Ich wollte einfach gegen den Strom schwimmen. Es gibt gute Dinge, die langsam sind, wie „Slow Food“. Aber ich will natürlich, dass langsam nicht gleich langweilig ist, sondern etwas Gutes. Mir ist erst später aufgefallen, dass die Leute denken könnten, es ist ein langsamer Film.

Wie schwer ist es denn für einen Filmemacher, heute einen ersten Film zu drehen?

Wenn ich heute mit jungen Filmstudenten spreche und die mich dann fragen, wie ich es geschafft habe, dann sage ich: Nun ja, ich hatte Michael Fassbender (lacht). Aber davon abgesehen, ist es heute sowohl schwerer als auch leichter im Vergleich zu früher. Die Produzenten wollen nur noch das, was sie schon gesehen haben. Andererseits kann heute jeder eine Kamera nehmen und einfach loslegen. Man kann ein Publikum auf YouTube finden. Es gibt Leute, die machen in ihrem Schlafzimmer Filme, die wie Hollywood aussehen. Ich glaube, es ist eine großartige Zeit, in der wir leben. 
 

"Slow West" läuft leider nicht mehr auf dem Filmfest. Kinostart in Deutschland ist aber schon am 30. Juli. So lange kann man sich hier schon mal die zehn besten Songs der "Beta Band" anhören, die ihren großen Auftritt in einer Szene aus "High FIdelity" hatten. Am Keyboard: Ein gewisser John MacLean.

 

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