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M94.5 Filmkritik

Innen ist lauter als draußen

Quelle: Jakob Ihre/Motlys

Kriegsfotografin Isabelle Reed mit ihrem Mann Gene

Schmerz, Geheimnisse und der Kampf um gegenseitiges Vertrauen: "Louder Than Bombs" zeigt eine klug inszenierte Familiengeschichte.

Kommunikation ist das Zauberwort für den Film „Louder than Bombs“ vom norwegischen Regisseur Joachim Trier, der übrigens nur ein weitläufiger Verwandter des Skandal-Regisseurs Lars von Trier ist. Wie in den meisten Fällen gelingt auch in der Familie Reed die Kommunikation nicht besonders gut.

Wie als Bestätigung des Tolstoi-Satzes, dass jede unglückliche Familie auf ihre eigene Art unglücklich ist, erzählt Joachim Trier diese Familiengeschichte auf eine sehr detailverliebte und sensible Art. Er geht auf die Gefühle aller seiner Charaktere ein und wechselt häufig die Perspektive. Durch dieses Mosaik von Erinnerungs- und Traumsequenzen erhält "Louder than Bombs" sehr viel Tiefe.

Geist aus der Vergangenheit

Nach dem tödlichen Unfall der Mutter Isabelle Reed (Isabelle Huppert), die eine bekannte und engagierte Kriegsfotografin war, bleiben die beiden Söhne Jonah (Jesse Eisenberg) und Conrad (Devin Druid) mit ihrem Vater Gene (Gabriel Byrne) zurück.

Eigentlich beginnt der Film zwei Jahre nach dem Tod der Mutter. Durch Erinnerungsbruchstücke, Träume und nicht zuletzt durch ihre Fotos wird sie in der Vorstellung von ihrem Ehemann und ihren Söhnen aber wieder zurück in die Gegenwart geholt. In diesen verschiedenen Perspektiven erscheint sie mal als entschlossene starke Frau oder als tieftraurig und zerbrechlich.

Ein dunkles Geheimnis

Gene plant eine große Retrospektive über das Leben und Werk seiner Frau und wird erneut mit der Vergangenheit konfrontiert. Denn die wahren Umstände von Isabelles Tod wurden der Öffentlichkeit bisher verschwiegen. Isabelle hatte den Unfall selbst verursacht und das Auto auf die Gegenfahrbahn gelenkt, als sie einen Truck kommen sah. Gene geht in der Vergangenheit auf die Suche nach dem Grund für die Depressionen und den Selbstmord seiner Frau.

Die Handlung des Films wird aus den verschiedenen Perspektiven, aus den Blickwinkeln der Figuren gesponnen. Der Plot ist nicht chronologisch, sondern gehorcht dem Innenleben der drei Hauptfiguren. Dabei gelingt es Trier, die Perspektivwechsel subtil zu verweben und es entsteht eine mitreißende Geschichte.

Die verletzte Jugend

Der jüngste Sohn Conrad weiß nichts vom Selbstmord seiner Mutter. Er ist mitten in der Pubertät, in der Schule ist er ein Außenseiter und sucht Zuflucht in den imaginären Welten der Online-Games. Die etwas ungelenken Versuche seines Vaters, Zugang zu ihm zu finden und ihm die Wahrheit zu sagen, blockt er ab. Die schauspielerische Leistung von Devin Druid ist bemerkenswert. Es gelingt ihm, die innere Verletztheit und den Trotz eines Teenagers, der endlich ernst genommen werden will, zugleich zu verkörpern.

In den Augen des älteren Sohns Jonah erscheint die geliebte Mutter als unfehlbare Person. Er verdrängt im Nachinein ihre Probleme und Fehler. Vor seinem Bruder will er dieses Bild aufrecht erhalten und verhindert, dass er die Wahrheit über ihren Tod erfährt. Aber dieses Geheimnis steht zwischen den beiden.

Großes Arthouse Kino

"Louder than Bombs" feierte seine Premiere im Wettbewerb der Filmfestspiele in Cannes. Das tiefgründige Drama zeigt, wie wichtig es ist, in Beziehungen jeder Art die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie weh tut. Denn mit der Wahrheit kann man etwas anfangen, kann mit schlimmen Ereignissen abschließen und muss sie nicht ständig mit sich herum tragen. 

"Louder Than Bombs" läuft ab dem 7. Januar 2016 in den deutschen Kinos.

Platte des Monats

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