The Filmfest Nights Out
Kopfkino
Kino in Worten: Poetische Dialoge mit und über Film. Was sich da genau im Rationaltheater zugetragen hat? Ein kleiner Nachbericht.
Kopfkino, so nennt man das, wenn man sich seinen Teil denkt. Und genau darum geht’s bei den „Filmfest Nights Out“: Tagsüber jetsettet man idealerweise kinematographisch berauscht von Vorführung zu Vorführung, abends darf man sich dann noch gepflegt einen Teil zu all den Filmen denken, die man sich tagsüber einverleibt hat. Entspannt mit den anderen Festival-Gästen, in je einer anderen Location und meistens zu Musik.
Der Versuch eines Labors
Aber eben nicht immer zu Musik. Die „Nights Out“ bieten nämlich an manchen Abenden auch ein eher künstlerisches Rahmenprogramm, das irgendwie mit dem Thema Film und Kino in Verbindung steht. So zum Beispiel das „Kopfkino“, das am Sonntag Abend im Rationaltheater stattfand, eine Lesung mit Performance-Elementen. In der Veranstaltungsankündigung heißt es, man werde ein „temporäres Labor“ erschaffen, um „literarische Gespräche über die Sehnsucht hinter den Lidern zu führen“. Na denn!
Vollgas
Tatsächlich brodelt das Labor pünktlich und ohne Umschweife los. Es gibt keine Begrüßung, sondern es gibt Ayna Steigerwald, die als Dramaturgin und Lyrikerin im Rationaltheater fest zum künstlerischen Equipment gehört. Sie haucht zarte, sich langsam voran wühlende Sprachbilder ins Mikrofon, macht dann Platz für Daniel Bayerstorfer, der unlängst zusammen mit Tristan Marquart und Nora Zapf den „Großen Tag der Jungen Münchner Literatur“ veranstaltet hat – ergo auch kein Unbekannter. Und nebenbei, wie Ayna Steigerwald, auch ein Lyriker.
Katze sucht Leinwand
Es folgen im Verlauf des Abends mit Markus Ostermaier, Fabian Widerna und Matthias Dietrich drei Prosa-Stücke. Theresa Seraphin klebt einen Text, den sie nicht geschrieben hat – zumindest laut Titel – auf eine Leinwand und somit auf eine selbstgemachte Video-Installation: Ein Mädchen, ein Zimmer. Sie raucht, liegt herum, spielt mit Klebeband, wie die textklebende Künstlerin auf der Bühne, die quasi an ihr herumfummelt. Das Video endet unergründlicherweise mit der Einstellung einer Katze auf einer Fensterbank. Miau!
Mehr Kopf als Kino
Kopfkino. Man denkt sich seinen Teil. Weil viele der einzelnen Vorträge ein ganzes Stück zu lang wirken, muss man sich sehr Mühe geben, nicht an irgendetwas Anderes zu denken – zum Beispiel an die Filme, die man heute gesehen hat. Die wunderbar bestürzende Bildgewalt eines Daniel Bayerstorfer etwa nutzt sich schlicht ab nach den ersten zehn Minuten, wenn ohne Punkt und Komma die Sprache feiert, der vom Filmfest geschaffte Besucher aber im poetischen Dauerturbo auf der Strecke bleibt. Das ist schade, weil die literarische Qualität der meisten Beiträge mit einer anderen Dramaturgie durch den Abend bestimmt mehr Potential hätte entfalten können.
Die „Filmfest Nights Out“ finden jeden Abend bis zum Ende des Filmfests am kommenden Samstag statt. Wo, wann, was unterscheidet sich je nach Veranstaltung – am besten einfach mal auf der Homepage vorbeischauen. Präsentiert werden die „Filmfest Nights Out“ übrigens von M94.5.