Die temporäre Kunststätte Schaustelle auf dem Vorplatz der derzeit geschlossenen Pinakothek der Moderne erlebte in dieser Woche eine ganz besondere Abschlussperformance. 60 Performer der Künstlergruppe KAPITÆL ZWEI KOLEKTIV (K2K) leben als Bewohner des Staates Konkordia für 7 Tage in der Schaustelle.

Formatiertes Arbeits- und Freizeitverhalten

Eine Computerstimme ertönt aus Lautsprechern und befiehlt jedem Bürger, was er oder sie zu tun hat. „Hallo Rosa Fichte, gehe bitte bis 15:30 Uhr arbeiten als Polizistin!“, oder „Hallo Henry Fox, treibe bitte Sport und entspannen Dich ein wenig!“, ertönt die Stimme über das ganze Gebäude. Die Befehle werden von einer Software generiert und alles Tun der Bewohner folgt diesen Anweisungen. Die Regierung Konkordias hat außerdem einen festen Tagesablauf bestimmt.

Im vollkommen schwarz gestrichenen Raum der Schaustelle sind weiße Linien auf den Boden gemalt. Die Bürger Konkordias dürfen ausschließlich auf diesen Linien gehen, um sich durch den Staat zu bewegen. Auf der mittleren Dachetage befinden sich im Freien die Duschen der Bewohner, eine Schule in einem selbst gebauten Vogelkäfig und Sitzkreise für die Psychotherapie. Auf der obersten Dachetage, über allem thronend, ist der Sitz der Regierung: Ein weißer Tisch mit Stühlen.

Einreisevisum für Besucher der Schaustelle

Möchte man Konkordia als „Ausländer“ besuchen, so kann man entweder ein Touristen-Visum oder ein Arbeits-Visum beantragen. Dazu muss man sich im Eingangsbereich der Schaustelle, der einem amerikanischen Grenzposten mit Stacheldraht und Bauzaun ähnelt, einem Einreise-Prozess unterziehen. Einzeln wird jeder Besucher zur Visa-Ausgabe gerufen. Mit schusssicheren Westen bekleidete junge Männer und Frauen stellen ernst und forsch Fragen bezüglich des Grund des Besuches, der Religionszugehörigkeit oder einer eventuellen Sympathie für terroristische Gruppierungen. „Das Einreiseverfahren haben wir tatsächlich aus israelischen oder amerikanischen Formblättern oder Erfahrungen an der Grenze Wort für Wort übernommen.“, erklärt Ersan Mondtag, der Spielführer der Performance. Florian Deissenrieder, den man dieser Tage auf Wahlplakaten der Piraten sehen konnte, hatte am Donnerstag ein Arbeitsvisum als Arzt für einen Tag in Konkordia. In seinem Arzt-Bereich mit einer Krankenliege mitten im Raum und ohne jede Privatsphäre, konnten sich die Bewohner von dem Medizinstudenten untersuchen lassen. Auch er musste sich an die strengen Verhaltensregeln und Bewegungsabläufe von Konkordia halten.

Gesellschaftskritik durch Hyperaffirmation

Das KAPITÆL ZWEI KOLEKTIV (K2K) hält unserer Realität durch diesen überzeichneten fiktiven Staat einen Spiegel vor. Formatiertes Arbeits-, Konsum- und Freizeitverhalten findet sich auch in unserem Alltag wieder. Die Künstler nehmen bei der Dauerperformance wahre Strapazen auf sich, denn das Leben in Konkordia ist kein Zuckerschlecken. Man lebt dort auf engstem Raum, unter ständiger Beobachtung und völliger Fremdbestimmtheit. Aber am 15.09.2013 haben es die Künstler geschafft.

Die Performance endet am Sonntag mit der öffentlichen Vorstellung der Performer und einer Party samt Live Konzert und DJ-Set in der Schaustelle.

Foto: Kristin Pfeuffer