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Theater-Premiere "DE/Gorki/2013"

Autor(en): Rose Yacoub Yousif am Freitag, 16. August 2013
Quelle: Katrin Ehrhardt

Gorki-2013-letzten

2x 45 Minuten Maxim Gorki pur! Regisseure Jutta Ina Masurath (“Die Letzten”) und Claus Peter Seifert („Kinder der Sonne“) im i-camp.

Am 14. August 2013 war die Premiere des Projekts DE/Gorki/2013. Was sich hinter dem Namen verbirgt, erklärt die Regisseurin Jutta Ina Masurath ("Die Letzten“) kurz und knackig: DE steht für Deutschland, Gorki für den Autor und 2013 dafür, dass wir versucht haben die Werke ins Hier und Jetzt zu holen.
Es handle sich bei den beiden Theater-Inszenierungen um Fragmente des jeweiligen Stücks, macht Claus Peter Seifert („Kinder der Sonne“) im exklusiven M94.5 Interview deutlich – innerhalb von 45 Minuten könne man schließlich unmöglich das gesamte Stück aufführen lassen.

„Kinder der Sonne“ – Regie: Claus Peter Seifert

Die Handlung in Maxim Gorkis „Kinder der Sonne“ spielt in Russland um 1890 herum, in der Zeit der Cholera. Die Hauptfiguren leben in ihrer eigenen gemeinsamen Welt – komplett isoliert von der Realität und den Unruhen in den Städten. Die Isolation verbildlicht Claus Peter Seifert durch die Kuscheltiere, die auf der ganzen Bühne verteilt sind, sowie durch die Plastikfolie auf dem gesamten Boden und um die Bühne herum. Anscheinend sollen die Tiere das Naive, Unwissende der Hauptfiguren wiederspiegeln, was dadurch bestärkt wird, dass  jede davon ein spezielles Kuscheltierchen mit sich „herumschleppt“. Pavel, Jelenas Ehemann, der aber nie für sie Zeit hat, weil er mit seiner Forschung beschäftigt ist, hat in der Inszenierung – mit Abstand – das größte Kuscheltier: Ein ca. 40 cm großes Kuschel-Hündchen. Ein weiterer auffallender Begleiter ist die Baby-Born von Dimitri, seinem besten Freund, mit dem er Jelena die ganze Zeit verbringen lässt – unwissend darüber, dass sein Freund, der Maler, und seine Frau sich dabei immer näher kommen. Währenddessen ist Melanja, ein reiches junges Weibchen, das sich sein Geld durch Prostitution verdient hat, Hals über Kopf in Pavel verliebt. Ihren kleinen Bruder hat’s auch ganz schön erwischt: Boris, der pessimistische, depressive Arzt, kann seine Finger nicht mehr von Pavels traumatisierter Schwester Lisa lassen. Die Hauptfiguren wirken verkommen, etwas verwahrlost und jeder in seiner eigenen Welt „herumirrend“. Ihre Kleidung schlabbert, sie reden lauter wirres Zeug und wissen nicht, was sie wollen. Die Umgangssprache, Kleidung und das Verhalten zeigen dem Zuschauer, dass die Figuren sich äußerlich verwahrlosen lassen, während sie innerlich einen Halt im Leben suchen. Claus Peter Seifert hat seinen Schwerpunkt auf genau diesen Konflikt gelegt. Das Ende dagegen ist für diejenigen im Publikum, die Maxim Gorkis Tragikomödie nicht kennen, sehr irritierend und wirft viele Fragen auf. Sicherlich wird es aber auch den ein oder anderen Gorki-Kenner geben, den der Schluss nicht so ganz angesprochen hat.

„Die Letzten“ – Regie: Jutta Ina Masurath

Im Vergleich zu Seiferts „Kinder der Sonne“, fehlen beim Bühnenbild in „Die Letzten“ nur die Kuscheltiere: Auch hier soll die in Plastikfolie eingehüllte Welt, Isolation darstellen. In diesem Drama geht es um Familie Kolomizew, bestehend aus Mutter Sofia und ihren vier Kindern, die im Hause Fedossjas, einer reichen alten Frau im Rollstuhl, leben. Die in Wahrheit mit Fedossja lesbische Sofia kann, seit sie von ihrem Mann verlassen wurde, keinen klaren Gedanken mehr fassen und vernachlässigt ihre Kinder. Alexander betreibt schmutzige Geschäfte und hat regelmäßigen Sex mit seiner nicht weniger schmutzigen Schwester, während Juda ein Krüppel und Vera, die Jüngste, dumm und naiv ist. Die Kleidung spielt in diesem Stück eine faszinierende, wichtige Rolle: Alle Figuren tragen von oben bis unten grau – und jeweils ein farbiges Kleidungsstück. Alexander hat eine grüne Jacke, seine „geliebte“ Schwester ein orangenes Oberteil (ohne BH), das mehr zeigt, als es sollte, Juda eine türkis-blaue Sweatjacke und Vera gelbe Leggins. Sofia hat einen pinken Morgenmantel und Fedossja eine dunkel-lilane Bluse.

Es wird schnell deutlich, dass alle versuchen, ihre Probleme mit Fedossjas übrig gebliebenem Geld zu lösen, was jede der Hauptfiguren in ein immer größeres Dilemma führt – sie scheint jedoch nichts dagegen zu haben, solange sie ihre Ruhe hat. Masurath hat es geschafft, den Zuschauer zu erschrecken, anzuwidern, zum Lachen zu bringen und zum Denken anzuregen. All das gleichzeitig, ganze 45 Minuten lang! M94.5-Daumen hoch!

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