M94.5-Kommentar
Matthias Lilienthal in der Kritik
Matthias Lilienthal wird seinen Vertrag an den Münchner Kammerspielen nicht verlängern. Ist das Projekt Lilienthal gescheitert? Ein Kommentar.
Der Intendant mit Sweatshirtjacke und Umhängetasche wird das Münchner Traditionshaus im Jahr 2020 verlassen. Als Grund nannten die Münchner Kammerspiele den fehlenden Rückhalt, speziell der CSU-Fraktion im Münchner Rathaus.
Ein Kommentar von Kulturredakteur Manuel Andre:
Alt statt Jung. Schwarz statt bunt.
Seit Lilienthal in München ist, setzt er auf performatives Theater, auf Theaterprojekte, auf die freie Szene. Klassische Inszenierungen gehören nur noch selten zum Repertoire der Kammerspiele. Alteingesessene Münchner Abonnenten waren schnell entsetzt und flüchteten ins Residenztheater.
Doch trotzdem hat das Haus mit einer Auslastung von 63% keinen Grund panisch zu werden. Junges Publikum, Menschen mit Migrationshintergrund und große Gruppen sieht man immer häufiger vor den Türen der Kammerspiele. Auf der Bühne stehen junge Schauspieler und Schauspielerinnen, Regisseur*innen mit Visionen, spannende, neue Inszenierungen. Sieht so ein gescheitertes Projekt aus?
Nein, so sieht Veränderung aus. Wer einen Intendanten aus Berlin holt, bekommt einen Berliner Intendanten, der auch das ausspricht, was er für richtig hält. Noch vor dem Beginn seiner Intendanz stand Lilienthal am Sendlinger Tor auf einer kurzfristig aufgebauten Bühne. Lilienthal spielte dort nicht. Er redete. Er sprach über das Miteinander. Es war eine Veranstaltung von „München ist bunt“ – eine riesige Gegendemo zu ein paar Pegida-Anhängern. München jubelte Lilienthal zu. München wollte bunt sein.
Jetzt scheint es so, als würde ein schwarzer Balken das bunte Münchner Theaterhaus zensieren. Lilienthal ist ein Kämpfer, doch bevor er unwürdig von der Münchner CSU ausgeknockt wird, wirft er lieber selbst das Handtuch. Verständlich!
Ab 2020 wird also ein neuer Intendant die wohl teuersten Quadratmeter Deutschlands bespielen dürfen. Das Signal ist eindeutig: Lieber jetzt ein volles Haus mit Rentnern, als ein Theater für die Zukunft, ein Haus für die Jugend und Geflüchtete. Schade.