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Filmfest 2017

Mein Kampf

Quelle: Filmfest München 2017

Adolf Hitler

Sich Hermann Pölkings siebeneinhalb Stunden lange Hitler Doku „Wer war Hitler“ anzusehen, ist anstrengend und anspruchsvoll. Lohnt sich das?

Man würde meinen, über Hitler sei schon alles gesagt worden. Dass es sich jetzt eben nicht mehr lohnen würde, irgendetwas anderes als zielgenaue Detailfragen zu klären. Man lernt schon so vieles über Hitler in der Schule, vor allem hier in München. Man bekommt so viel im Fernsehen mit, wenn auch entweder auf ntv oder parodistisch, aber das ist ja egal.

Dennoch traut sich Hermann Kölping, die Frage zu stellen: "Wer war Adolf Hitler". Sein Dokumentarfilm dauert siebeneinhalb Stunden. Der Film wurde in drei mundgerechte Parts geteilt, die zwischen zwei und drei Stunden dauern, um sie besser sehen zu können. Doch zur Premiere auf dem Filmfest München 2017 am 24. Juni wurden alle drei am Stück gezeigt.

Ambitioniertes Machen und ambitioniertes Schauen

Das Alleinstellungsmerkmal dieses Films ist, dass er ausschließlich auf Archivaufnahmen aus der Zeit setzt. Hierzu wurden 850 Stunden Film aus 120 Archiven in 14 Ländern gesichtet. Hinzu kommt, dass es auch keinen erklärenden Kommentar gibt, sondern fast durchweg Originalzitate verwendet werden.

Und um dem Ganzen einen drauf zu setzen, wurden die stummen Filme mit Geräuschen versehen. Wenn wir also Hitler und Goebbels sehen, wie sie in einem Waldstück am Obersalzberg spazieren gehen, hören wir gleichzeitig Vögelzwitschern, Schritte und Waldgeräusche. Dadurch entsteht ein besonders plastisches Bild, anstatt des geräuschlosen und unwirklich scheinenden Eindrucks, wie in üblichen Dokus. Denn man muss sagen: Die Geräuschkulisse ist hervorragend gemacht.

Der Film zielt darauf ab, dass der Zuschauer selbst reflektieren und mitarbeiten muss, damit sich ein Lerneffekt oder ein Verstehen einstellt.

Natürlich ist der Film sehr anstrengend. Aber wenn eine siebeneinhalbstündige Hitlerdokumentation nicht anstrengend ist, was dann? Um alle drei Teile physisch als auch psychisch durchzuhalten, muss man sich in den zwei Pausen vor allem mit drei Dingen versorgen: Sonne, Wasser und Koffein. Wer hat gesagt, dass Filme rezensieren keine anstrengende Arbeit ist?

Nachwirkungen

Anscheinend wussten die meisten der Zuschauer, worauf sie sich eingelassen haben. Es ist sieben Uhr abends, neun Stunden nach Beginn des Filmes, und die Zuschauerzahl hat sich nicht bedeutend verringert. Die Premiere fand an der HFF statt. Auf dem Weg zurück zur U-Bahn Königsplatz komme ich zufällig an der Musikhochschule vorbei. Früher war es der sogenannte Führerbau. Eine Gedenktafel (die mir davor noch nie aufgefallen war) erklärt, dass hier das Münchner Abkommen von 1938 unterzeichnet wurde, welches zur Folge hatte, dass die Tschechoslowakei zerschlagen und besetzt wurde.

Ich erinnere mich an die Szene aus dem Film. Ich erkenne das Gebäude wieder. Wie die Regierungschefs die Treppe hochsteigen. Wie Hitler hier in der Nähe gestanden und gelächelt hat. Es sieht hier so aus wie im Film.

Ich bekomme ein wirklich flaues Gefühl.

Leider wird der Film auf dem Filmfest nicht mehr an einem Stück gezeigt. Kommende Woche laufen die drei Teile noch einmal einzeln. Die ersten beiden Dienstag und Mittwoch jeweils um 11:00 Uhr. Der letzte am Donnerstag um 11:30.  Ein gleichnamiges Buch ist bereits verfügbar. Eine längere DVD Version kommt im Frühjahr 2018 heraus.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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