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M94.5 Filmkritik

Nie mehr erste Liga

Quelle: 2017 Warner Bros.

Flash, Batman und Wonder Woman betrachten die Wahrscheinlichkeit, dass ihr neuer Film floppt

In der drögen und uninspirierten Comicverfilmung Justice League ist die größte Attraktion Supermans fehlender Schnurrbart. 

Hier ist eine gute Geschichte:

Nachdem die chaotische Produktion des neuen DC-Superheldenfilms Justice League für einige Monate unterbrochen worden war, hatte sich Superman-Darsteller Henry Cavill bereits für seine Rolle im nächsten Mission Impossible-Film einen prächtigen Schnurrbart wachsen lassen. Als er für die Nachdrehs wieder im Superman-Kostüm gebraucht wurde, filmte er diese mit Schnauzer, sodass Superman anschließend mithilfe von Computereffekten glattrasiert werden musste.

Hier ist eine schlechte Geschichte:

Justice League spielt kurz nach den Ereignissen des bereits nach 18 Monaten in kollektive Vergessenheit geratenen Films Batman v Superman: Dawn of Justice. Superman ist tot und Ben Afflecks Bruce Wayne/Batman hat eine nicht näher erklärte Ahnung, dass Böses auf dem Weg zur Erde ist. Also versammelt er ein Team, um mit der Bedrohung fertig zu werden: Die Justice League besteht aus ihm, Wonder Woman, Flash, Aquaman und Cyborg (nein, letzteren kannte ich vorher auch nicht). Noch nicht damit zufrieden, fasst Batman außerdem den Entschluss, Superman mithilfe von praktischerweise verfügbarer außerirdischer Technologie wieder zum Leben zu erwecken.

Ungewöhnlich gewöhnlich

Superheldenfilme sind nach wie vor das dominante Genre in Hollywood, und allen Feuilleton-Unkenrufen zum Trotz wird sich daran wohl so bald nichts ändern. Denn anders als andere Genres mit großen Blütezeiten wie der Western können die Comicverfilmungen enorm vielseitig sein. Allein dieses Jahr haben einige von ihnen sowohl Publikum als auch Kritiker mit neuen Herangehensweisen überzeugt: Wonder Woman war ein historisch-feministischer Actionfilm, Logan eine blutige Dystopie, Spider-Man: Homecoming eine leichtfüßige Coming-of-Age-Story und Thor: Tag der Entscheidung ein Comedy-Feuerwerk im 80er-Stil.

Es ist nicht möglich, Justice League auf ähnlich prägnante Weise zusammenzufassen. Ebenso schwer fällt es, irgendeinen kreativen Prozess nachzuvollziehen, der hinter den Kulissen stattgefunden haben könnte. Hat sich hier irgendjemand Gedanken über die Stimmung des Films gemacht, über die Balance zwischen ernsten und lustigen Momenten? Oder über Charakterentwicklung und –interaktion? Stammt irgendeine Idee in diesem Film nicht von einer künstlichen Intelligenz, welche den Mittelwert sämtlicher Comicverfilmungen der letzten zwanzig Jahre errechnet hat?

Der erste Nagel für den Sarg?

Justice League hat ein bisschen von allem, aber viel mehr von nichts. Die Actionszenen sind rar gesät und lassen dank oft peinlich schlechter visueller Effekte jegliches Gewicht vermissen. Die Figuren sind so schwach gezeichnet und uninteressant, dass nie ein Sinn für Kameradschaft wie bei den Avengers entsteht – die Zusammenarbeit der Helden wirkt eher wie eine Zweck-WG, die sich jeden Moment wieder auflösen könnte. Fragen nach Ethik und tiefergehenden Motiven des Films werden während des Plans für Supermans Wiederbelebung zwar aufgeworfen, danach aber komplett ignoriert. Und der finale Showdown ist so öde, dass es deutlich mehr Spaß macht, an Henry Cavills Oberlippe nach einem Anzeichen für digitale Bartentfernung zu suchen, als das Geschehen zu verfolgen. 

Wäre dieser Film 2007 veröffentlicht worden, wäre ihm wohl eine gnädigere Reaktion vergönnt gewesen. Aber der Kitsch und die Gleichförmigkeit von Justice League wirken heute wie aus der Zeit gefallen. Ja, er ist besser als Batman v Superman. Aber auch ein Film, in dem Ben Affleck stumm alte Comichefte liest, wäre besser als Batman v Superman. Und zum Ende eines so guten Kinojahres ist es unmöglich, Justice League als irgendetwas anderes als einen Rückschritt zu betrachten. Noch ist das Superheldengenre in guter Verfassung. Aber mit diesem neuesten Streich bemüht sich DC ein weiteres Mal, das zu ändern. 

"Justice League" läuft ab 16. November 2017 in den deutschen Kinos.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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