Spielart 2015
Perhaps all the Dragons
30 Bildschirme stehen auf einer kreisförmigen Tischkonstruktion. Aus jedem von Ihnen flimmert ein Mensch, der eine unglaubliche Geschichte zu erzählen hat. 29 erzählen die Wahrheit.
Ein Kreis aus dreißig Bildschirmen erwartet mich. Vor jedem steht ein Stuhl mit einer Nummer. Auf meiner Karte steht freie Platzwahl. Also setze ich mich auf den erstbesten Stuhl und nehme sofort ein hochfrequentes Flirren war: Heizstrahlerähnliche Lautsprecher sind über den Bildschirmen angebracht. Die Show beginnt und der Raum wird in ein vielschichtiges Stimmengewirr eingetaucht.
Menschen mit ihren Geschichten
In der Installation „Perhaps all the Dragons“, die Teil des Spielart-Festivals ist, erzählen 30 Menschen ihre Geschichte. Teilweise interagieren sie sogar miteinander. Es scheint fast so, als wäre da gar keine Barriere, kein Fernseher, der uns voneinander trennt. Es wirkt, als wären sie wirklich da; in diesem Augenblick. Eine unglaublich intensive Atmosphäre entsteht und man kommt nicht umhin, sofort in den Bann ihrer Geschichten gezogen zu werden.
Von besessenen Gefängniswärtern und Piloten, die eigentlich Ärzte sind
Da gibt es den Bonsai-Meister aus Japan, der nachdenklich von seiner Arbeit erzählt und ganz nebenbei tiefe Lebensweisheiten entdeckt. Eine Russin, die gegen Geld Regen verhindern kann. Ein im indischen Kastensystem geborener Gefängniswärter, dessen Körper manchmal von einer Gottheit übernommen wird.
Von ihm werde ich zu einer Professorin aus Sao Paolo weitergeschickt. Sie hat herausgefunden, dass sie mich über 6 Ecken kennt. Und außer mir noch so ziemlich jeden anderen Menschen.
Wie zum Beispiel den israelischen Arzt, der zugleich Kampfhubschrauber-Pilot für die Armee ist: Tagsüber rettet er Leben, nachts tut er das genaue Gegenteil.
Zwischen Wahrheit und Lüge
Als es dann vorbei ist bin ich fast traurig. Es wäre schön gewesen, noch mehr Geschichten zu hören. Eineinviertel Stunden sind wie im Flug vergangen und wenn ich's mir recht überleg' könnt ich hier noch den ganzen Tag sitzen und lauschen. Beim Herausgehen bekomme ich einen Briefumschlag in die Hand gedrückt. 29 der 30 Geschichten sind wahr. Und ich freue mich sehr, als ich bemerke dass ich mir die restlichen Geschichten im Internet noch anhören kann.
Die Welt und ihre Geschichten
Auf dem Weg nach Hause mustere ich die Menschen um mich herum plötzlich mit neuem Interesse. Was haben sie in ihrem Leben wohl schon erlebt? Was machen sie, wohin gehen sie? Die Welt ist verdammt groß und ich weiß verdammt wenig. Aber eines weiß ich ganz sicher: Ich möchte mehr Geschichten hören.
Perhaps all the Dragons ist eine Kunstperformance der belgischen Videokunstgruppe Berlin. Sie wird im Rahmen des Spielart-Festivals in den Münchner Kammerspielen gezeigt.
Kommende Aufführungen in Kammer 2:
25. Okt 15, 15:45 - 17:00 Uhr
25. Okt 15, 18:00 - 19:15 Uhr
25. Okt 15, 19:45 - 21:00 Uhr