M94.5 Filmkritik
Schwarz-Weiß Denken
Magnus Carlsen ist der König des Schachs. Mit 25 Jahren Schachweltmeister und Nummer 1 der Weltrangliste: Eine Doku über ein Genie.
Wenn man das Model auf dem Plakat der Modemarke G-Star sieht, dann würde man zunächst nicht annehmen, dass der Mann auf dem Foto ein Genie ist. Nur der Farbton, in dem das Plakat gehalten ist, gibt einen kleinen Hinweis auf den eigentlichen Beruf des 25-Jährigen. Denn er ist kein Model, sondern eine Schachlegende. Magnus Carlsen hat in den letzten Jahren die Schachwelt auf den Kopf gestellt. Mit 20 Jahren führte er die Weltrangliste an, so früh wie noch kein Spieler vor ihm, und mit 23 Jahren erfüllte er sich seinen Kindheitstraum. Er gewann die Schachweltmeisterschaft.
Der frühe Vogel fängt den Wurm
Die Dokumentation Magnus - Der Mozart des Schachs begleitet den Champion durch sein Leben. Am Anfang mit kleinen Familienaufnahmen, in erstaunlich guter Qualität von der Tante gefilmt. Von der Stimme von Henrik Carlsen, seinem Vater, begleitet, kann man den jungen Magnus dabei beobachten, wie er aufwächst, und man merkt, dass es schon damals versteckt hinter einem glasigen Blick in seinem Hirn rattert. Man kann es förmlich hören! Ab und an merkt man, dass Magnus es mit seinem Talent nicht leicht hat, sozial akzeptiert zu werden. Er reist viel in der Welt umher, um die unterschiedlichsten Tuniere besuchen zu können. Freunde hat er kaum, die Familie gibt ihm Halt.
Dokumentation oder Spielfilm
Regisseur Benjamin Ree zeigt neben Kinderfilmen vor allem auch Magnusens Weg zum Schachweltmeister im Jahr 2013. Die Kamera ist immer mit dabei. Egal ob Magnus im Auto zum Tunier fährt, mit seiner Familie im Hotelzimmer Karten spielt oder natürlich, wenn es ernst wird auf dem Brett. Magnus selbst ist jede Emotion an seinem Gesicht abzulesen, was diesen Film unglaublich ehrlich und offen wirklen lässt. Gleichzeitig vergisst man häufig, dass man eine Dokumentation anschaut, so spannend ist die Handung und deren filmische Umsetzung.
Im Kopf eines Genies
Doch was macht Magnus so außergewöhlich? Was macht ihn zu solch einem guten Schachspieler? Magnus selbst beschreibt es als seine Intuition. Er weiß einfach, wo er eine Figur hinzusetzten hat. Er sieht Muster, Verbindungen zwischen den einzelnen Figuren. Der Film gibt sein Bestes zu erklären, wie es in seinem Gehirn aussehen muss, wenn er Schach spielt. Grafisch werden Linien auf dem Brett gezeichnet, um eine grobe Vorstellung von Magnusens Denkstrategien zu erhalten. Manchmal hat man das Gefühl, das Ausmaß seiner Intelligenz verstanden zu haben, manchmal sind einem die Vorgänge in seinem Gehirn aber auch einfach unerklärlich.
Magnus als Mensch
Wer denkt, dass Magnus unerreichbar ist, immer gefangen in seiner Schachwelt, der wird in dieser Dokumentation einen ganz neuen Blickwinkel bekommen. Mit Sicherheit ist Magnus nicht gerade extrovertiert, aber er wirkt auch nicht ganz fern von dieser Welt. Wenn man mit ihm redet, dann handelt er ganz normal, ist geistig da, hört zu, unterhält sich mit dir, aber manchmal, da merkst du, wie sein Geist abdriftet, wie er die Schachzone betritt, meint Regisseur Benjamin Ree.
Egal ob man nun Schach spielen kann oder nicht, das Spiel liebt oder nicht: Dieser Film ist für alle spannend, ehrlich, streckenweise witzig und auf jeden Fall sehenswert.
"Magnus - Der Mozart des Schachs" läuft ab dem 10. November in den deutschen Kinos.