Best Of
Serien-Highlights 2017
So gebannt könnt auch ihr aussehen: Mit unseren Serien-Lieblingen 2017.
Zwischen den Jahren ist zwischen den Staffeln: Wir nutzen die “stade Zeit” zum Serienschauen. Ein Rückblick auf unsere TV-Lieblinge des Jahres.
Kevin ist immer noch allein zuhaus, Bruce Willis will nicht sterben, die Titanic geht unter: Über die Feiertage läuft selten Gutes im Fernsehen, und noch viel seltener was Neues. Deshalb hier unser Guide abseits vom Festtags-Einerlei, damit ihr von einer Folge zur nächsten und damit direkt ins neue Jahr rutschen könnt - ganz entspannt vom Sofa aus. Nicht kompatibel mit guten Vorsätzen zur Prüfungsvorbereitung.
American Gods (Amazon, 1. Staffel)
Im weiten Meer aus neuen Serien, die einen mehr, die anderen weniger beeindruckend, gibt es 2017 endlich wieder einen Funken der Hoffnung am Horizont, um ein bisschen Ablenkung zu bieten von all den Hype-Produktionen: “American Gods”.
Alte Götter und neue Götter treffen aufeinander und erklären sich den Krieg. Dazwischen Shadow Moon, ein Ex-Knacki, der eigentlich nur seiner betrügerischen und toten Frau hinterher trauern will.
Der Kampf der Götter klingt vielleicht etwas nach Klischee, ist er aber nicht. Gekonnt und sehr ironisch werden die in die Tage gekommenen Götter in die moderne Welt gesetzt und versuchen, sich gegen ihre besser angepassten und digitalen Feinde durchzusetzen. Das Sahnehäubchen dabei ist die Ästhetik der Serie. Dunkle und intensive Farben unterstreichen die Wirkung der verschiedenen Götter.
“American Gods”: Eine spannende und ziemlich humorvolle Serie über den Generationenkampf von hinterlistigen Göttern. nm
Babylon Berlin (Sky 1, 2. Staffel)
Es war die bislang teuerste deutsche Fernsehproduktion: Die Krimiserie “Babylon Berlin”. Und erfreulicherweise scheint das Geld diesmal weniger in die üblichen Verdächtigen (wie die krisensichere Schweiger-Schweighöfer-Kombi) geflossen zu sein, sondern tatsächlich in die Produktion. Aufwendig versetzt die Serie den Zuschauer ins Berlin der späten 20er Jahre zurück. Zu dieser Zeit ist die Stadt eine Weltmetropole der Gegensätze: Wilde Partys, wie man es von den 20ern erwartet (u.a. zu der sehr starken Titelmusik "Zu Asche, Zu Staub"), wechseln sich ab mit Straßenschlachten zwischen der Berliner Polizei und den Kommunisten.
Und mitten in all diesem Chaos findet sich der Kölner Kommissar Gereon Rath (Volker Bruch) wieder. Er wollte eigentlich nur eine Erpressung aufklären, landet dann aber zusammen mit der neugierigen Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) durch Zufall in deutlich brisanteren Fällen. Die ersten beiden Staffeln der bisher einmaligen Co-Produktion von Sky und ARD sind bislang nur im Pay-TV zu sehen. Ab Ende 2018 laufen sie aber im Ersten und sollen dort auch kostenlos in deren Mediathek abrufbar sein. fg
Big Little Lies (HBO, 1. Staffel)
Eine Miniserie mit vielen Fans, die dennoch ein Geheimtipp bleibt – und das trotz Hollywood-reifer Besetzung! "Big Little Lies" handelt von drei Müttern und ihrem Leben im kalifornischen Monterey. Zu Beginn passiert ein Mord, jedoch ist dem Zuschauer nicht bekannt, wer von wem ermordet wurde, und fortan wird die Serie quasi rückblickend erzählt. Dadurch baut sich eine unfassbare Spannung auf: Klares Suchtpotential.
Dargestellt von Reese Witherspoon, Nicole Kidman und Shailene Woodley zeigen die Mütter dieses High-Society-Hotspots die Hässlichkeit und Gewalt hinter einer wunderschönen Fassade auf. Jede hat ihre eigenen Probleme und Geheimnisse und auch ihre Kinder verstehen schnell nicht mehr, was vor sich geht. Genial ist außerdem Laura Dern in der Rolle einer rücksichtslosen Mutter, für die nur ihr eigenes Kind existiert.
Die Aufnahmen der traumhaften Westküste der USA sowie der wunderschönen Villen der Hausmütter gepaart mit einer spannenden Geschichte und einem sehr guten Cast (auch die Kinderdarsteller sind on point) machen "Big Little Lies" zu der Serienentdeckung des Jahres. Das hat auch HBO erkannt und direkt eine 2. Staffel bestellt – hoffentlich mit noch größeren kleineren Lügen. jr
Bojack Horseman (Netflix, 4. Staffel)
Inzwischen hat es sich herumgesprochen: "Bojack Horseman" ist zwar ein Cartoon über ein sprechendes Pferd, aber damit noch lange nicht bescheuert. Zumindest nicht nur bescheuert. Tatsächlich bietet die Serie mehr emotionalen Tiefgang als so manche vermeintlich ernste Spielfilmproduktion und schafft den spektakulären Drahtseilakt zwischen scharfer Satire und menschlichem Drama. Und das, ja, mit animierten Tieren. Wieso auch nicht?
In der aktuellen Staffel ergründet der Zuschauer gemeinsam mit dem abgehalfterten Fernseh-Star und Zyniker Bojack die Abgründe seiner Familiengeschichte. Nach drei Staffeln kann die Serie es sich leisten, die Hauptfigur auch einmal ganze Folgen lang völlig außenvor zu lassen und stattdessen die Kindheit seiner Mutter oder die Wünsche und Ängste einer neu eingeführten Figur zu beleuchten. Dabei scheint sich der Fokus von den großen Gesellschaftsthemen ein wenig mehr auf die persönlichen Geschichten verlagert zu haben. Das wird an vielen Stellen sehr düster (ja, noch düsterer als vorher schon) und bewegt sich immer weiter weg vom lustigen Pferd mit Sitcom-Charakter - stattdessen erzählt “Bojack Horseman” unverblümt, authentisch, und visuell originell. Kaum eine Serie geht derart einfühlsam mit komplexen Themen wie psychischer Krankheit, Ehekrisen oder Identitätssuche um, ohne dabei ihren Witz zu verlieren. Und das Schönste: Nach drei unheimlich bedrückenden Staffelfinalen steht am Ende der vierten Staffel tatsächlich einmal ein hart verdienter, aufrichtiger, simpler Hoffnungsschimmer. Weniger Biss, mehr Emotion: “Bojack Horseman” entwickelt sich zu einem ganz wunderbaren Drama, das sein Publikum quasi nebenbei auch noch zum Lachen bringt. Dass es sich hier um sprechende Tiere handelt, ist längst vergessen. nc
Dark (Netflix, 1. Staffel)
Wie ein Song, der noch Stunden nach seinen letzten Takten als Ohrwurm im Kopf herumspukt, ist auch die erste Staffel der deutschen Serie "Dark" mit dem Finale noch lange nicht vorbei. Als erste deutsche Netflix-Produktion ist “Dark” ein Vorreiter, auf dem große Erwartungen lasten - bisher allesamt übertroffen.
Einmal ist da das ominöse Gefühl der Unsicherheit, das einen in der Zeit nach dem Finale der ersten Staffel nicht los lässt: Je kälter und regnerischer der Münchner Tag, desto mehr erwartet man, dass der niedrig hängende Himmel unheilvolle Streicher auf die Welt hinab knallt, so wie das in der Welt von “Dark” üblich ist.
Und dann sind da die zahlreichen Handlungsstränge, die so komplex ineinander greifen, dass sie einen zum Grübeln bringen. Das wird wohl dazu führen, dass ich dereinst noch auf meinem Totenbett meinen resignierten Angehörigen zuflüstern werde: "Oh Mann, Leute, ich hab endlich kapiert, wie das Gespräch zwischen Helge und Ulrich in Folge 7 mit der Begegnung in Folge 9 zusammenhängt." Mir wäre egal, ob mir dann von meinen genervten Erben der Stecker gezogen wird. “Dark” ist es wert. gs
Fargo (FX, 3. Staffel)
Als der Coen-Klassiker “Fargo” (der Film) eine wahre Geschichte sein wollte, behaupteten die Kalender einstimmig das Jahr 1996 und waren damit wesentlich glaubhafter als Ethan und Joel Coens Einführung zu Fargo, die den Krimi mit dem Satz eröffneten: “Dies ist eine wahre Geschichte”. Was damals Ungeschehenes zur Wahrheit machte, ist heute akzeptiertes Stilmittel der gleichnamigen Serie “Fargo”, die mit Beginn jeder einzelnen Folge daran erinnert, wo ihr geistlicher Ursprung liegt: Genau wie die Coen-Brüder lässt auch Regisseur Noah Hawley diesen Satz auf dem Bildschirm erscheinen und lügt dem Zuschauer damit regelmäßig ins Gesicht, denn hier ist alles erfunden. Aber “Fargo” heißt eben nicht: wahre Geschichte, sondern “hausbackene” Mordgeschichten, in und um die Kleinstadt Fargo (North Dakota) herum, und: viel Schnee.
Staffel eins bis drei sind inhaltlich unabhängige Geschichten, allerdings zeigt die aktuelle Staffel Überschneidungen mit der ersten. Nicht so sehr, dass man die erste Staffel gesehen haben muss, um die dritte zu verstehen, aber man denkt sich sonst eben nicht, “Oh Gott, ist das geil!” an gegebener Stelle. Aber auch so ist die dritte Staffel “Fargo” eine unheimlich spannende, vermeintlich echte Geschichte aus dem Jahr 2010. Und das, obwohl Ewan McGregor quasi mit sich selbst um eine Briefmarke streitet (McGregor spielt die zerstrittenen Brüder Ray und Emmit Stussy) und obwohl die Struktur fargo-typisch ist (ein Mord in der ersten Folge, eine auf eigene Faust ermittelnde Polizistin). Vor allem hat die dritte Staffel etwas, das “Fargo” bisher nicht hatte: V.M. Varga. Dieser mysteriöse Geschäftsmann mit faulen Zähnen macht nicht nur Emmit Stussy, dem erfolgreichen Bruder mit Briefmarke, Probleme. Sondern verleiht dem Leitsatz der Serie über die wahre Geschichte neues Gewicht, indem er zum Schluss behauptet: “Das Vergangene ist unvorhersehbar”. Wer “Fargo” noch in Zukunft schauen möchte, dem ist gespanntes Binge-Watching allerdings bestimmt. jp
Game of Thrones (HBO, 7. Staffel)
Auf keine Serie der Welt wird mehr hingefiebert als auf "Game of Thrones". Auf die aktuelle siebte Staffel womöglich sogar noch mehr, da inzwischen die Buchvorlage fehlt und so im Vorfeld die wildesten Theorien über den Fortgang der Handlung ausgetauscht werden konnten.
Die Handlung umfasst erneut mehrere Hauptcharaktere und deren größtenteils unterschiedliche Storylines, jedoch kreuzen sich endlich diverse dieser Hauptcharaktere auf ihrem Weg durch die Geschichte von Westeros. Dadurch eröffnen sich neue Möglichkeiten, neue Allianzen und vor allem neue Feindschaften. Eines der vielen Highlights: Die Drachen kämpfen endlich auf dem Schlachtfeld und so zeigen die Produzenten David Benioff und D. B. Weiss, was sie alles draufhaben. Leider fühlen sich die ersten Folgen sehr langgezogen an, während die letzten Folgen sehr hektisch wirken. Mit den üblichen 10 Folgen statt der hier gelieferten 7 hätte man diese wichtigen Ereignisse definitiv besser erzählen können.
Natürlich ist jede Folge ein Meisterwerk, grandiose Action, Spannung pur und unfassbar genial animierte Drachen – was will der Serien-Fan mehr? Eigentlich nicht viel, nur von "Game of Thrones" möchte man auch ab und zu mal geschockt werden, man möchte Handlungswendungen sehen, die man so nicht erwartet hat. Das gibt es diese Staffel nicht, es wirkt eher so, als ob die Produzenten eine für alle Zuschauer akzeptable Staffel drehen wollten. Aber vielleicht ist man auch einfach nur traurig, dass die nächste Staffel die letzte ist und diese aller Voraussicht nach erst 2019 erscheinen wird. jr
Halt and Catch Fire (AMC, 4. Staffel)
Wer nach einem "Stranger Things"-Binge-Marathon mal die 80er aus einer anderen Perspektive sehen möchte, der könnte mit "Halt and Catch Fire" gut beraten sein. Denn hier taucht man mitten in die Technikrevolution des damaligen Silicon Valley ein. Bereits in der ersten Staffel begleitet der Zuschauer die großen Visionäre der PC- und Online-Welt, von den ersten Online-Games bis zur Schaffung des World Wide Web, und über die Staffeln hinweg werden die Projekte des Teams immer spektakulärer.
In der vierten Staffel ist Hauptfigur Joe, inzwischen Chef eines erfolgreichen Internetproviders, trotzdem unzufrieden. Er sucht immer noch nach der einen richtig großen Idee und landet dabei letzen Endes im Zeitalter der Suchmaschinen. Das einzige Problem: Er und sein Team sind nicht die einzigen, die auf Suchmaschinen setzen. Dass das Konkurrenzprodukt auch zu persönlicher Reibung führt, ist da fast schon vorprogrammiert und sorgt noch mal für reichlich Bewegung.
Trotzdem ist in der vierten und letzten Staffel noch längst nicht alles auf Konflikt gebürstet. Man merkt, dass sich die Charaktere im Laufe der Serie wirklich entwickelt haben, so gehen sie in dieser Staffel wesentlich versöhnlicher miteinander um. Denn so technisch die Handlung manchmal auch klingen mag, entwickelt sie ihren Charme im Grunde durch ihre vielschichtigen Protagonisten. Ihre Motive sind stets nachvollziehbar, und ihnen bei der Problemlösung zuzusehen, macht einfach nur Spaß. Für jeden, der eine persönliche und vor allem in sich geschlossene Serie mit viel Retro-Charme sehen möchte, ist "Halt and Catch Fire" ein wirklicher Geheimtipp. lu
House of Cards (Netflix, 5. Staffel)
Die Frage wurde inzwischen viel und erschöpfend diskutiert: Darf man Produktionen mit Kevin Spacey überhaupt noch ansehen, wenn ihm doch sexuelle Belästigung vorgeworfen wird? Ist “House of Cards” noch sehenswert, wenn man sich ständig fragen muss, wie viel vom tyrannischen Ekel Frank Underwood geschauspielert und wie viel davon einfach Spacey ist? Die kurze Antwort: Ja, unbedingt. Und weshalb? Claire.
Claire Underwood (gespielt vom Rundum-Talent Robin Wright) ist die Sorte Badass, die man sich als Frau an der Seite dieses Machtprotzes, viel mehr noch an der Spitze des Netflix-Serien-Flaggschiffes wünscht. Die fünfte Staffel liefert ein hervorragendes Sprungbrett für Präsidentin Claire Underwood: Nachdem sie sich zuvor die gleichberechtigte Stellung gegenüber ihrem Mann hart erkämpfen musste, zieht sie nun an ihm vorbei, beliebter, souveräner, mächtiger als er. Währenddessen wütet das übliche Regierungschaos in Washington: Der Wahlkampf hört nie auf, Widersacher Conway stellt sich quer, es geht um Datenschutz, Terror, Intrigen, Mord. Vor allem Mord. Eben Alltag im Weißen Haus.
Gegen Ende der Staffel scheinen die Drehbuch-Autoren zwar ein bisschen durchzudrehen, und inzwischen ist sich selbst ein Großteil der Fans einig, dass “House of Cards” ein Ende finden muss, bevor es nur noch auf blutige Schocker setzt. Aber den größten Gänsehaut-Moment der Staffel und damit auch ein trotz allem gelungenes Finale hat “House of Cards” - wie sollte es anders sein - Claire Underwood zu verdanken. Jetzt ist sie dran. Die Produktion der sechsten Staffel soll im Frühjahr 2018 starten, dann ohne Kevin Spacey. Er wird nicht fehlen. nc
How to get away with Murder (ABC, 4. Staffel)
Die Protagonistin Annalise Keating aus "How to get away with murder" ist eine scheinbar unbezwingbare Powerfrau. Als Professorin und besonders als Strafverteidigerin nimmt sie die schwierigsten Fälle an, Mordfälle, bei denen sie am Ende des Tages als Siegerin aus dem Gerichtssaal gehen will - um jeden Preis. Fünf studentische Hilfskräfte helfen ihr, sich aus jeder noch so aussichtslosen Situation und jedem schwierigen Prozess zu retten. Nicht immer auf legalem Wege. Mit jeder weiteren Folge verstrickt sich die Geschichte, die Vergangenheit holt viele ein und am Ende gibt es buchstäblich zu viele Leichen im Keller.
In der vierten Staffel trennen sich nun diese Bindungen, fast jede Person versucht sich an einem eigenen Neustart und scheitert. Was alle Protagonisten nicht wahrhaben wollen: Die einst geschmiedeten Bindungen und die gemeinsamen Intrigen werden sie für immer verbinden. "How to get away with murder" ist mehr als nur eine Serie über korrupte Anwälte. Sie spiegelt das Leben labiler Menschen wider, die sich in ihrer Sucht nach Erfolg verlieren und irgendwann sogar vor Mord nicht mehr zurückschrecken. Und das Beste: Selbst als Zuschauer weiß man nie, wie die Handlungsstränge am Ende miteinander verbunden sind. Erst durch ständige Flashbacks erkennt man, wie die Figuren zu den Menschen geworden sind, die sie jetzt sind. Jedes einzelne Flashforward zeigt, wie eine Situation ausgehen wird, aber nie, wie genau die Figuren am Ende in dieser Position landen. Wer böse und wer gut ist, wechselt fortwährend, als Zuschauer kann man sich bei nichts sicher sein, und am Ende der Staffel wird man geschockt und fassungslos vor dem Bildschirm zurückgelassen. ad
The Man in the High Castle (Amazon, 2. Staffel)
Anfang 2017 erschien mit "The Man in the High Castle" der zweite Teil der Amazon Serie, die sich die Frage stellt, wie die Welt aussehen würde, wenn Nazi-Deutschland den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätte. Und die Antwort ist in der zweiten Staffel noch düsterer, als sie es in der ersten Staffel bereits war. War bislang vor allem der japanisch besetzte Teil der USA im Mittelpunkt, so erfährt die Widerstandskämpferin Juliana Crain nun, wie es im von den Nazis kontrollierten New York aussieht. Und spätestens, als man auch noch sieht, was aus Berlin geworden ist, läuft es einem kalt den Rücken runter. Am Ende der Staffel bleiben viele Fragezeichen und Unklarheit, wie es in der für 2018 angekündigten dritten Staffel weitergehen soll. fg
Mindhunter (Netflix, 1. Staffel)
Der junge FBI-Agent Holden Ford entwickelt gemeinsam mit seinem Kette rauchenden Partner Bill Tench eigenwillige Strategien, um die Psyche von Massenmördern zu ergründen. Damit stößt er im Umfeld des FBI der Siebziger Jahre vermehrt an moralische und rechtliche Grenzen. Dennoch halten die Partner an ihren kriminalpsychologischen Methoden fest und versuchen, damit auch neue Mordfälle aufzuklären.
In einem grauen, düsteren Gefängnis-Setting setzt die Serie statt auf Blutvergießen fast ausschließlich auf Dialoge und traumatisierende Offenbarungen seitens der Massenmörder. Einen großen Beitrag zum Gelingen der dicht gestrickten, wortgewaltigen Konversationen tragen die detailgetreu dargestellten Mördercharaktere dar. Vorlage für den Stoff lieferte der Roman "Die Seele des Mörders" von John E. Douglas und Mark Olshaker. "Mindhunter" wurde von Kino-Schwergewicht David Fincher (“Fight Club”, “The Social Network”, “Gone Girl”) produziert und stellt eine der spannendsten Netflix-Eigenproduktionen des Jahres dar, welche die Fans von "Mad Men" oder "True Detective" überzeugen sollte. mf
Rick and Morty (TNT, 3. Staffel)
Ursprünglich waren die abgespaceten Abenteuer mit dem kaputten Humor des genial-wahnsinnigen Wissenschaftlers Rick nur als Kurzfilmparodie auf den Kultfilm "Zurück in die Zukunft" gedacht. Doch entstand aus diesem Kurzfilm schließlich eine Serie, die selbst nach den ersten zwei Staffeln zu absolutem Kult besonders in Nerd-Kreisen avancierte. Die Entwickler der Serie spannten ihre Fans daraufhin zwei Jahre lang auf die Folter, bis sie in diesem Jahr die dritte Staffel lieferten. Die erste Folge wurde bereits einige Monate vor dem offiziellen Termin veröffentlicht, auf der Webseite der Produktionsfirma “Adult Swim” - und zwar unangekündigt.
Diese erste Folge setzte die Messlatte für die restliche Staffel sehr hoch an, der fiese Cliffhanger von der zweiten Staffel wurde innerhalb der 23-minütigen Folge – und das muss man wirklich sagen – perfekt und unglaublich unterhaltsam aufgelöst, wie man das selten in anderen Serien gesehen hat. Außerdem sorgte die erste Folge bereits dafür, einen solchen Hype um eine McDonalds-Sauce aus den 90ern zu kreieren, dass die Firma die Sauce für eine kurze Zeit wieder ins Sortiment nahm. Dieser Messlatte konnten die restlichen neun Folgen jedoch nicht genügen, im Gegenteil: Die dritte Staffel ist die bisher schwächste, mit Ausnahme von ein paar Highlights. Die Trauer hält sich jedoch in Grenzen, so bewegen sich die Macher schließlich auf einem sehr hohen Niveau, sodass die Fans auch mal eine eher schwache Staffel verzeihen; besonders mit dem Hintergedanken, dass die Autoren ihren genialen Witz noch in weiteren Staffeln unter Beweis stellen werden. nm
Top Of The Lake: China Girl (BBC 2 / Amazon, 2. Staffel)
Wenn Elizabeth Moss in einer Serie eine größere Rolle übernimmt, ist das immer ein Gütesiegel: “The West Wing”, “Mad Men” oder “The Handmaid's Tale”. Auch in “Top Of The Lake” kann sie sich beweisen – schließlich stammt die australische Produktion mit nur sechs Folgen von der Oscar-prämierten Jane Campion.
Die zweite Staffel unter dem Titel China Girl spielt am Bondi Beach, dem australischen Surfer-Traumziel. Statt Reiseprospekt-Herrlichkeit findet Kommissarin Robin Griffin dort einen Koffer mit einer überreifen Mädchenleiche vor. Während der Mordermittlungen tun sich allerdings noch unangenehmere Abgründe auf: Die einst zur Adoption freigegebene Tochter treibt sich mit zwielichtigen Typen in einem Bordell voller sehr junger Prostituierter herum. Die neuen Arbeitskollegen werden übergriffig oder leiden so sehr unter ihrem unerfüllten Kinderwunsch, dass sie sich illegal Leihmütter suchen. Und während Griffin das Netz an Straftaten auseinander wickelt, kämpft sie sich auch noch durch allerhand persönliche Probleme.
Die Serie verzichtet weitgehend auf Action, hat dafür aber eine fast alptraumhafte Spannung zu bieten. Einige ziemlich schräge Charaktere sorgen für bizarren Humor. Und die Stars Gwendoline Christie und Nicole Kidman laufen zu schauspielerischer Hochform auf. ml
Twin Peaks: The Return (Showtime, 1. Staffel)
Vor mehr als 20 Jahren, in Zeiten, als noch niemand von Netflix zu träumen wagte, wurde “Twin Peaks” geboren. Die Mutter aller Serien brach mit so ziemlich allen gängigen Standards, die es für Serien gab - vor allem mit dem damaligen Selbstverständnis, dem Zuschauer keinen über eine Episode hinausgehenden Plot zumuten zu können. Auch im Jahr 2017 hat “Twin Peaks” mit Standards gebrochen. Das Gefühl, das dabei entsteht, ist das gleiche.
In “The Return” schleicht sich Amerikas post-postmoderner Goethe David Foster Wallace mitte der Neunziger ans Set des Kult-Regisseurs David Lynch. Er möchte ihn aus nächster Nähe beobachten und anschließend sein Psychogramm schreiben, ohne auch nur ein Wort mit ihm gewechselt zu haben.
Eine Episode mutet an wie ein einstündiger Rohrschach-Test, und auch wenn die Hauptcharaktere uns gegebenenfalls schon bekannt vorkommen, sind sie uns doch recht fremd und repräsentieren eher Archetypen, die Unbehagen auslösen.
Wer kann, schaut sich “Twin Peaks” mit einem guten Soundsystem an: Auch wenn sein Charakter des schwerhörigen FBI-Agenten es nicht vermuten lässt, ist Lynch fast alleine verantwortlich für das, was in “Twin Peaks” alles zu hören ist. yd