Theaterkritik
Shakespeare mit Überraschung
Man will in ein bestimmtes Theaterstück, landet aber plötzlich in einem ganz Anderen. Enttäuschung oder Erleichterung?
Was ihr wollt
Es ist 19:45 Uhr. Ich habe gerade einen langen Tag in der Uni hinter mir. Aber jetzt freu ich mich. Freu mich auf einen schönen und gemütlichen Abend, der mich in die Goldenen 20er in Deutschland mitnehmen soll. So wird es mir zumindest im Programm des Teamtheaters versprochen. Ein fröhliches Geplänkel, denke ich verstohlen und bilde mir ein, dass nach einem langen Tag diese leichte Portion Theaterkost nicht schaden kann. Als ich aber durch die Tür des Teamtheaters in die leichte Baratmosphäre trete, schau ich verdutzt auf meine Karte: „Der Sturm“ von William Shakespeare.
Sein oder nicht sein
Kann das sein? Was ist mit meinem leichten Geplänkel passiert?
Nun, ein Schauspieler ist krank geworden, also nichts mit Zeitreise in die 20er. Noch weiter zurück drehen wir die Knöpfe der Zeitmaschine und reisen ins 16 Jahrhundert. Und tauchen ein, in den Kopf des Literaten Shakespeares. Mit „Der Sturm“ wird mir auf keinen Fall die leichte Kost serviert auf die ich mich eingestellt hatte und ich muss ganz ehrlich sagen, diese Kritik kann sich nicht entscheiden. Sie ist weder ein Lobgesang noch eine Schmähkritik. Denn nach dem Stück war ich und bin immer noch hin- und hergerissen zwischen Verwirrung und Interesse.
Ein Wintermärchen?
Das Bühnenbild ist karg, man könnte fast sagen nicht vorhanden. Das stört interessanterweise die Atmosphäre des Stückes überhaupt nicht. Auch wenn „Der Sturm“ mit einer einsamen Insel und schrecklichen Unwettern auf hoher See, inklusive Untergang eines Schiffes, eigentlich viele Möglichkeiten für ein fantasievolles Szenenbild geben würde.
Von Minimalismus ist nicht nur die fehlende Kulisse geprägt, sondern auch die knapp bemessene Schauspielerzahl. 3 Spieler, 6 Rollen. Obwohl jeder Darsteller 2 Rollen übernimmt: Wenn man aufmerksam folgt, kann man der Verwandlung zwischen den Personen gut folgen und die Charaktere sind trennscharf. Dies ist vor allem der leidenschaftlichen Hingabe der Schauspieler zuzuschreiben.
Wie es euch gefällt
Aber dennoch: Teile der Inszinierung sind schwer fassbar und auch an Stellen unnötig. Spätestens als alle 3 Darsteller sich grundlos in eine Accapella-Truppe verwandeln und einen Song zum Besten geben, den jeden Disneybösewicht neidisch gemacht hätte, frage ich mich: Wäre ich jetzt nicht lieber in den 20ern? Mein Abend war mit Sicherheit nicht so schwerelos, wie ich mir das ursprünglich vorgestellt hatte, aber ich bereue meinen interessanten Ausflug in das Teamtheater trotzdem nicht.
„Der Sturm“ läuft noch vom 07.12-10.12 und vom 14.12-17.12 jeweils Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag um 20:00 Uhr im Teamtheater Tankstelle.