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"The Present Moment"

Quelle: Von den Freunden Haus der Kunst, Anri Sala, The Present Moment, 2014, (in D), Filmstill, Courtesy of Galerie Chantal Crousel, Paris; Marian Goodman Gallery, New York; and Hauser & Wirth. © Anri Sala

Anri Salas Filmprojektion zu "The Present Moment".

Im Haus der Kunst erkundet Anri Sala das Hier und Jetzt in einer Videoinstallation.

Im Haus der Kunst erkundet Anri Sala das Hier und Jetzt in einer Sound- und Videoinstallation zu Schönbergs "Verklärte Nacht".
Mehr dazu in K13 am 18.10. ab 13 Uhr.

Wer ins Haus der Kunst geht, kommt ab sofort eigentlich gar nicht dran vorbei: Die neue Installation im großen Foyer des Hauses. Hier kombiniert der Künstler Anri Sala Videoaufnahmen mit einem präzise ausgeklügelten Soundsystem. So entfaltet sich auf 800 Quadratmetern Raum Arnold Schönbergs "Verklärte Nacht" (1899) in einer eigens an diese Schaustelle angepassten Fassung. Was unbedarfte Besucher vielleicht erstmal überwältigen mag, verfolgt dabei ein ganz klares, stringentes Konzept.

Kleine Kammer in großer Halle

Das Spannungsmoment im Kern dieser Installation ist ein simpler Widerspruch: Zu hören ist Kammermusik - Musik, die für einen kleinen, sehr intimen Raum geschrieben wurde -, doch bewegt sich der Besucher in einer großen, weitreichenden Säulenhalle, die öffentlich zugänglich ist. Die Musik selbst dröhnt nicht einfach nur vom Rande in den Ausstellungsraum hinein, sondern begleitet den Betrachter ganz organisch, während er die Halle durchquert.

Auf der einen Seite sind einzelne Phrasen des Werkes zu hören, die gemeinsam mit dem Besucher durch den Raum treiben, auf der anderen Seite finden sie in ständigen Wiederholungen zusammen. In der hintersten Ecke des Raumes stoßen sie schließlich auf die Videoleinwand: Hier sind Aufnahmen des Münchner Kammerorchesters zu sehen; die Musiker spielen allerdings nur jeweils die Ds in ihrer Partitur, sichtbar sind nur vereinzelte Ellenbogen oder Schulterpartien. Was in der Theorie komplex und sehr technisch klingt, funktioniert in dieser außergewöhnlichen Akustik überraschend gut. Statt erwarteter Dissonanz oder Unruhe ergänzen sich die einzelnen Passagen und resultieren in einem stimmungsvollen Klangteppich.

Musik als einzig wahre Ausdrucksform

Hinter diesem multimedialen Erlebnis steckt ein sehr prägnantes Weltbild. Anri Sala, der ursprünglich aus Albanien stammt und seine Kunst in Paris erlernt hat, arbeitet vorwiegend mit Video. Er erkundet mit Vorliebe architektonische Gegebenheiten mithilfe von Musik, wie es schon mehrfach im Haus der Kunst oder zuletzt 2013 auf der  Biennale in Venedig zu hören war. Er möchte auf die Grenzen von sprachlicher Kommunikation aufmerksam machen und zieht stattdessen Musik als die einzig wahre Ausdrucksform vor, als "prä-narrativer Ausdruck" auf emotionaler Ebene. Auch "The Present Moment" kommt völlig ohne Worte aus.

Interessanterweise hat Sala sich hierzu unbewusst ausgerechnet Schönbergs "Verklärte Nacht" ausgesucht: Das Streichsextett wurde ursprünglich als Vertonung des gleichnamigen Gedichts von Richard Dehmel komponiert, jedoch ohne jeden Gesang. Ebenso wie Anri Sala wollte Schönberg die Gefühlswelt des Gedichts abseits sprachlicher Barrieren abbilden. Wer durch das Foyer vom Haus der Kunst spaziert, kann nun einer neuen Version der zugrundeliegenden Liebesgeschichte lauschen - sprachlos.

Am besten wirkt's, wenn man es wirken lässt

Letzten Endes ist "The Present Moment" aber eine Installation, deren Titel man sich zu Herzen nehmen sollte: Zu viel braucht man hier gar nicht drum rum philosophieren, denn am besten lässt sich das Werk im jeweiligen Moment genießen. Die technischen Einzelheiten mögen für Kenner faszinierend sein, aber auch unbedarfte Gelegenheits-Besucher finden in "The Present Moment" einen Mehrwert. Wer sich eben diesen Moment nimmt, um Bild und Musik unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen, darf erstaunliche Feststellungen machen. Was ist eigentlich ein Ellenbogen? Wie bewegt sich die Schulter eines Bratschenspielers? Wie viel Mechanik steckt in etwas so Gefühlvollem wie Musik? Ein Blick auf diese sehr zielgenaue Betrachtung der "Verklärten Nacht" lohnt sich allemal.

"The Present Moment" startet am 18. Oktober 2014 und ist noch bis Ende September 2015 stündlich im Haus der Kunst zu sehen. Der Zutritt zur Mittelhalle ist frei.

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