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Filmfest 2018

The Tale

Autor(en): Veronika Silberg am Dienstag, 3. Juli 2018
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Quelle: Filmfest München 2018

Laura Dern und Isabelle Nélisse als Jennifer Fox

Schockierend, berührend, besonders: In einem sehr persönlichen Film zeigt Jennifer Fox, dass wir Erinnerungen nicht immer trauen können. 

Nach einer wahren Geschichte…

„I wanted to tell a story about how I constructed this story to survive“

Lächelnd, mit kurzen schwarzen Locken und einem blumigen Kleid steht Jennifer Fox im überfüllten Kinosaal am Sendlinger Tor und erzählt mit ruhiger Stimme von ihrer Geschichte. Es ist die Geschichte der dreizehnjährigen Jennifer, die inzwischen nicht mehr nur eine Erinnerung ist: Nachdem die Regisseurin die tatsächlich geschriebene Erzählung ihres dreizehnjährigen Ichs wiedergefunden hatte, versuchte sie sich als inzwischen neunundfünfzigjährige  Dokumentarfilmerin an die Vergangenheit zu erinnern und machte einen Film daraus. „The Tale“ ist wie eine Taschenlampe, die das Erlebte langsam ausleuchtet.

“You want me to be some pathetic victim. Well, you know what, I’m not.” (Die 13-jährige Jenny zu ihrem älteren Ich)

Sommer 1993, 13-jähriges Mädchen und ein vierzigjähriger Mann: Mitten im Zeitalter von #metoo erwartet man hier eigentlich eine plakative, schockierende Nacherzählung des Opfers. Doch genau dieser Rolle entflieht die Dreizehnjährige. Wie eine schützende Mauer baut sie sich ihre eigene Geschichte, um zu überleben.

 

Erinnerung ist auch nur Fiktion

Das wird auch auf der Leinwand filmisch umgesetzt. So wie Jennifer ihren eigenen Erinnerungen, kann auch der Zuschauer den gezeigten Bildern nicht trauen. Als Jennifer nach dem Lesen der Geschichte beispielsweise klar wird, wie jung sie 1993 tatsächlich war, verändert sich auch das im Film gezeigte Mädchen. Statt der erst gezeigten Jungschauspielerin Jessica Sarah Flaum, ist jetzt die noch jüngere Isabelle Nélisse zu sehen. Immer wieder wird sichtbar: Hier belügt sich Jennifer selbst. Das gesehene ist nicht das tatsächlich Passierte. Immer mehr Szenen verändern sich; werden verändert nochmal gezeigt. Stück für Stück, Szene für Szene forscht die Regisseurin im Film, wie auch im richtigen Leben so der tatsächlichen Wahrheit nach.

Schockierend, Berührend, Besonders

Auf diese Weise verändert sich „The Tale“ langsam, aber dabei umso schockierender, von einer Geschichte über Liebe, sexuelles Erwachen und große Gefühle hin zu einer über Kindesmissbrauch und Vergewaltigung. Das Zweifeln und die erschütternde Konfrontation mit der eigenen Erinnerung wird dabei von Laura Dern mitreißend emotional und schauspielerisch beeindruckend auf die Leinwand gebracht. „The Tale“'s Spiel mit der Wahrheit visualisiert sehr persönlich und authentisch wie sehr wir uns selbst belügen können. Eine Erinnerung ist auch nur ein Teilstück unter vielen Wahrheiten und Geschichten und wird, wie für Jennifer Fox, oft zum Werkzeug um Erlebtes zu verdrängen, zu verarbeiten und zu „überleben“.

Metafiktion vom Feinsten!

"The Tale" läuft in der Reihe Wettbewerb Cinemasters am 03. und 04. Juli noch auf dem Filmfest München. Beide Male in Anwesenheit des Filmteams.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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