M94.5 Filmkritik

Tully

Quelle: © DCM

Tully (Mackenzie Davis) beobachtet Marlo (Charlize Theron) beim Stillen.

Ein unverblümtes Drama darüber, was es heißt, Mutter zu sein: "Tully" thematisiert ganz ohne Klischees Verantwortung, Erschöpfung, Mutterglück.

Hochschwanger betritt Marlo das rustikale Zimmer ihres fünfjährigen Sohnes. Zärtlich nimmt sie einen trockenen Schwamm von der Kinderkommode und beginnt damit, ihren Sohn sorgfältig von Kopf bis Fuß zu streicheln. Dieser eigenartige, intime Moment gleich zu Beginn ist Reflektion eines Films, der selbst wie ein eigenartiger, intimer Blick auf die Realität von Mutterschaft wirkt.
Marlo, gespielt von einer gewohnt starken Charlize Theron, ist eine hart arbeitende Mutter, die in ihren Vierzigern zum dritten Mal dem Mutterglück entgegen sieht. Das Leben ihrer - teils problematischen - Familie hat Marlo, soweit es geht, im Griff. Doch schnell wird klar: Die dritte Schwangerschaft hinterlässt mehr Spuren, als Marlo bewusst war. Ihr Sohn wird aufgrund von Wutausbrüchen der Schule verwiesen, das Haus versinkt im Chaos, die Augenringe werden immer größer und  Marlo scheint in diesem tristen Alltag regelrecht zu versinken.
 

Eine moderne Mary Poppins

Das Blatt scheint sich schließlich zu wenden, als Marlo von ihrem Bruder eine Nacht-Nanny aufgeschwatzt bekommt. Die ist ausschließlich dafür da, die Mutter nachts zu entlasten, und soll dafür sorgen, dass Marlos Leben nicht komplett aus den Fugen gerät. Doch es passiert sogar um einiges mehr: Tully, eine Art moderne Mary Poppins, die wie auf magische Weise eines Abends vor Marlos Tür steht und innerhalb einer Nacht das komplette Haus blitzblank putzt, ist jung, schön und liebenswert. Tully, gespielt von Mackenzie Davis, hat eine liebliche, sorglose Art, die Marlo hilft, genau das zu finden, was sie braucht, um wieder die Mutter und Frau zu sein, die sie über die Jahre verloren zu haben scheint. Die Figur Tully selbst bleibt dabei allerdings mysteriös, unnahbar, und vielleicht auch ein bisschen flach.

Mütter ohne Männer

"Tully" ist ein einfühlsames Porträt davon, was es heißt, Mutter zu sein, und greift dabei nicht in die Klischeekiste. Zwar ist dies ein Film, in dem Männer - bis auf finanzielle Unterstützung - offenbar nichts zur Kindererziehung beizutragen haben, und Frauen völlig selbstverständlich mit der Verantwortung alleine gelassen werden. Allerdings bleibt die Geschichte dank der authentischen Darstellung von Charlize Theron und ihrem Pendant Mackenzie Davis dennoch identifizierbar und gibt einen für die große Leinwand ungewöhnlichen Einblick darin, was für ein einschneidendes Erlebnis Mutterschaft ist. Mit "Tully" ist Drehbuchautorin Diablo Cody, die schon "Juno" schrieb, ein Film gelungen, der einen dann auch gerne zum Telefonhörer greifen lässt, um seiner Mama für all die harte Arbeit zu danken.

"Tully" ist ab 31. Mai 2018 in den deutschen Kinos zu sehen.
Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

mehr
M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

mehr
M94.5 auf Youtube

Der M94.5-Newsletter
Du willst regelmäßig News von M94.5? Dann musst nur deine E-Mail-Adresse angeben! Keine Angst, wir spamen deinen Posteingang auch nicht voll.
 
 
Die afk Familie