Das zweite Album der Londoner post-Dubstep Veteranen „Cold Spring Fault Less Youth“
Auf einen Martini mit Mount Kimbie
Sie haben einst dem Dubstep das Wörtchen post vorgesetzt. Jetzt zeigen sie uns den Charme des Unvollkommenen.
Sie haben einst dem Dubstep das Wörtchen post vorgesetzt. Jetzt zeigen sie uns den Charme des Unvollkommenen.
Ein guter Gin-Martini ist eine Flasche Gin, die im Regal neben einer Flasche Vermouth stand. Sagt man sich. So ähnlich verhält es sich wohl mit Mount Kimbie und dem Dubstep: der hat das neue Album des Londoner Duos wenn überhaupt mit dem Etikett gestreift, vielleicht sogar nur neidisch von der Seite mustern dürfen.
„Cold Spring Fault Less Youth“ heißt das zweite Album der beiden Londoner Dominic Maker und Kai Campos, die mit ihrem Erstling „Crooks & Lovers“ dem Dubstep anno 2010 die nötige Erneuerung einflößten. Was heute unter UK-Bass, post-Dubstep oder Bassmusik seine gehypten Runden dreht, kann auf die Werke von Maker und Campos zurückgeführt werden. Somit wartet eine ganze Szene gebannt auf das neue Album der zwei Genregrößen. Und schon früh ist klar – es wird alles ganz anders kommen.
Flackernd auf dem Tanzfloor
Nicht nur erste Äußerungen der zwei, auch die Vorabsingle Made To Stray ließ erahnen, wo die Reise hinführen wird. Technoid, flirrend, nervös treibt einen der Track minutenlang vor sich her, bis er seinen Höhepunkt in wohlig-entrücktem Gesang ausmacht, unterlegt von einem Bassbeat, der wie für die Kids im Club gemacht scheint.
In Made To Stray verstecken sich bei genauerem Hinsehen gleich mehrere Meilensteine – bisher haben Mount Kimbie weder besonders tanzbare Musik gemacht, noch auf ihren Studioalben gesungen (nur einige Livesessions haben dies erahnen lassen). In „Cold Spring Fault Less Youth“ passiert vor allem letzteres. Ob ihre eigenen Stimmen oder die des britischen Songwriter-Knaben King Krule: plötzlich rücken Gesang und Lyrics ins Zentrum ihrer Werke, ein Akt der bisher undenkbar schien.
Auch haben Campos und Maker ihren Fokus verstärkt auf Instrumente gelegt, sich einen Drummer hinzu geholt und an einer neuen Liveshow gearbeitet. Die Verschiebung des Fokus von Laptop zu Basssaite und Becken zeugt von einem interessanten Weg den beide eingeschlagen haben: hin zu einer elektronischen Band. Einer Band, die ihren Charme im rauen, im ungeordneten, im Unvollkommenen hat.
Ein Manifest gegen den Perfektionissmus
„Cold Spring Fault Less Youth“ ist eine musikalische Lehrstunde, ein Fingerzeig. Der Opener Home Recording steht stellvertretend für die neue Schönheit des Unperfekten, welche uns die Meister aus London aufzeigen. Er ist, wie große Teile des Albums, geprägt von Charme und Klangfarbe eines alten Demotapes. „Cold Spring Fault Less Youth“ wird umhüllt von diesem aufreizenden Schleier des Unvollkommenen, ist das Produkt einer stark ambivalenten Gefühlswelt, in der sich nicht einfach ekstatische Höhepunkte aneinander reihen.
Es scheint als möchten uns Mount Kimbie zeigen, dass wir nicht perfekt sein müssen, um exzellent zu sein. Manchmal ist es das Unvollkommene, das uns hervorhebt aus der Masse, die wie ein glänzender, aber ermüdender Einheitsbrei wirkt.
"Cold Spring Fault Less Youth" von Mount Kimbie erscheint am Freitag, 24. Mai 2013 auf Warp/Rough Trade