Seasick Steve im Technikum
Blues aus tiefstem Herzen
Mit Blues-Rock der alten Schule und netten Anekdoten hat Seasick Steve bei seinem Konzert in München die Herzen des Publikums gewonnen.
Freitagabend, das Technikum ist restlos ausverkauft. Ein gemischtes Publikum ist anwesend: unter schon etwas in die Jahre gekommenen Rockern sind auch einige gut angezogene unter 30-Jährige auszumachen. Es sind nicht die Hits, nicht die großen Songs, die über 700 Leute dazu bewegen, sich an diesem Abend ins Technikum zu bewegen. Vielmehr ist es der großartige Sound, das Charisma und die Persönlichkeit des alten Blues-Veteranen Steve Wold aka Seasick Steve.
Ein überraschender Auftakt
Bevor Steve aber die Bühne betritt, liefern erst einmal The Black Box Revelation einen tollen Support-Act ab. Die belgische Garage-Rock-Band besteht aus nur zwei Mitgliedern an Gitarre und Schlagzeug, beeindrucken aber durch einen ziemlich gewaltigen und energiereichen Sound. Das kommt auch beim Publikum mehr als gut an und sorgt für eine tolle Stimmung, bevor es dann richtig losgeht.
"Es gibt mehr im Leben als Politik"
Und pünktlich um 21:30 Uhr ist es dann soweit. Seasick Steve betritt die Bühne, wie gewohnt mit Kappe, Arbeiterkleidung und natürlich dem unvermeidlichen, langen, grauen Bart. Er hat erst einmal nur seine Akustik-Gitarre dabei und erzählt von seiner negativen Einstellung gegenüber den Wahlen in seiner Heimat, den USA, und kritisiert die US-Politik im Allgemeinen. Passend dazu spielt er den ersten Song "Abraham, Martin and John", ein Folk-Standard des Songwriters Dick Holler, das von den Attentaten auf Lincoln, Martin Luther King und John F. Kennedy handelt. Das Thema Politik soll für den restlichen Abend dann aber auch erledigt sein, denn Steve schnappt sich seine E-Gitarre und holt seinen langjährigen Drummer und im Moment einzigen Tour-Begleiter Dan Magnusson auf die Bühne. Mit "Hell", einem Song vom aktuellen Album "Keepin' The Horse Between Me And The Ground", wird der laute Teil des Abends eingeläutet.
Tolle Gesten, tolle Musik
Was nach ungefähr einer halben Stunde auffällt, ist, dass Seasick Steve nicht nur ein toller Musiker, sondern auch ein toller Mensch ist, der sich für seine Fans Zeit nimmt. So bittet er eine junge Frau aus dem Publikum auf die Bühne und singt ihr ganz persönlich ein Liebeslied. Anschließend gibt es natürlich noch eine handsignierte LP mit Widmung oben drauf. Dazu erzählt er kurz, wie dieses Album aufgenommen wurde und betont: "Einen verdammten Computer haben diese Aufnahmen ganz sicher nicht gesehen." Auf das Originale, das Unverfälschte, das Authentische legt er eben besonders wert. So überrascht es nicht, dass Seasick Steve sich die meisten seiner Instrumente selber baut. Neben seiner unverkennbaren dreisaitigen roten Gitarre kommt unter anderem auch eine Waschbrett-Gitarre und ein Banjo aus dem Luftfilter eines Traktors zum Einsatz.
Nach ca. 90 Minuten ist der Hauptteil des Konzertes vorbei und Steve kommt nach tosendem Applaus nochmal für eine Zugabe auf die Bühne. Wieder spielt er alleine einen akustischen Song, inzwischen stört aber das sich lautstark unterhaltende Publikum. Steve wird verständlicherweise sauer und wirft während des Songs ein bestimmtes "Shut the fuck up" ein. Mit dem letzten Song "Dog House Boogie" verträgt man sich dann aber wieder und ein schöner Abend geht nochmal mit viel Energie zu Ende.