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Magic Moshroom: Every Time I Die im Interview

Ehrlich währt am längsten

Quelle: M94.5 / Marina Hirschbichler

Vokalist Keith Buckley von Every Time I Die

Wo schreibt der Every Time I Die-Sänger seine Songs, was sagt er zum bevorstehenden Aus der Vans Warped Tour und wie würde er sich als Meme darstellen?

Von wegen alt und eingerostet!

Das Alter von Every Time I Die scheint immer wieder Thema zu sein. Zumindest wollen sie selbst ständig beweisen, dass sie nicht eingerostet sind. Dabei legt die Hardcore-Band, die es bereits seit 1998 gibt, mit ihren Southern Rock Elementen jedes Mal eine Show auf die Bühne, die keiner so schnell toppen kann. So auch am Montag, den 20. November, als sie mit Comeback Kid in München im Backstage waren. Und auch, wenn das aktuelle Album Low Teens (V.Ö. 23.09.2016) vom privaten Schicksalsschlag des Sängers geprägt ist und er sich seine düsteren Gedanken durch die Lyrics jedes Mal aufs Neue auf der Bühne in Erinnerung ruft, verstrahlt die Band durchweg eine positive und energiegeladene Stimmung. Und die feiert das Publikum sichtlich mit. Every Time I Die geben alles und auch Sänger Keith Buckley ist gesanglich in Topform, obwohl sie ja geradezu non-stop auf Tour sind. Sie legen also nicht nur eine Quantität ihrer Shows vor, sondern vor allem auch Qualität. 

Relevant bleiben mit der Warped Tour

Evey Time I Die sind nicht nur selbst ununterbrochen auf Tour, sie springen auch gerne Mal bei der Vans Warped Tour in den USA mit auf. Genauer gesagt, sind sie seit 2006 jedes zweite Jahr mit von der Partie gewesen. Viele junge Newcomer nutzen die Warped Tour um Fuß in der Punkrock-Szene zu fassen, immerhin gilt sie als das Karrieresprungbrett schlechthin. Für Every Time I Die war es nicht nur eine Art Sprungbrett, sondern vor allem auch eine Art um den Fans der harten Musik zu beweisen, dass sie nach all den Jahren immer noch da und vor allem relevant sind. 1995 wurde die Warped Tour zum ersten Mal ins Leben gerufen und hat seither ihren Ruf als eines der bedeutendsten Festivals mehr und mehr ausgebaut. Sie ist geradezu nicht wegzudenken! Doch genau das wird auf uns zukommen. Am 15. November wurde nämlich verkündet, dass alle guten Dinge auch einmal zu Ende gehen müssen. Ein Schock, nicht nur für die Musikanhänger, sondern auch für die Bands und die ganze Rockmusikwelt. 

Rede und Antwort stehen

Vor dem Auftritt von Every Time I Die im Backstage hat sich der Magic Moshroom mit Frontmann Keith Buckley zum Interview getroffen. Bodenständig und gut gelaunt treffen wir ihn in seinem Van. Abgeschottet von dem Ganzen Trubel, der am Venue schon von statten geht, denn Keith geht die Zeit vor den Shows lieber etwas ruhiger an. Er nutzt diese Ruhezeit um ein wenig zu lesen und zu schreiben. Das komplette Interview könnt ihr in der M94.5-Mediathek nachhören. Hier ein kurzer Auszug:

„Ich hatte mehr von der Reaktion erwartet...“

Im September 2016 habt ihr euer achtes Studioalbum Low Teens veröffentlicht. Darauf ist auch der Song „It Remembers“ mit Brendon Urie von Panic! At The Disco. Es ist ja bekannt, dass ihr die absolute Lieblingsband des Panic!-Sängers seid. Er muss also ziemlich aus dem Häuschen gewesen sein, dass er auf einem eurer Songs mitmachen durfte...

[02:56]
Keith: Vielleicht war er das. Ich habe einfach mal angenommen, dass er völlig ausgerastet ist, weil ich weiß, wie sehr er unsere Band mag. Ich mag seine Band aber auch total! Aber er hat es absolut nicht gezeigt. Er war sehr ruhig und cool, aber genau das macht ihn auch zu einer coolen Persönlichkeit. Ich weiß noch als ich es ihm erzählt habe und ich dachte, er würde vor Freude an die Decke gehen, dann hätte ich mich auch ziemlich cool gefühlt. Aber er meinte nur: „Cool, ja ich packe gleich meine Sachen.“ Er hat das Ganze dann in einem Take durchgemacht, super professionell und er hat damit wirklich den Nagel auf den Kopf getroffen. Aber ich habe mehr von seiner Reaktion erwartet, als ich ihm von der Zusammenarbeit erzählt habe. Ich glaube trotzdem, dass er davon begeistert war, immerhin hat er einen tollen Job hingelegt. Wir haben es einige Male gemeinsam über die Bühne gebracht und sind Freunde, aber ja, es wäre cool gewesen, wenn er etwas mehr Freude gezeigt hätte...

Ist es dir selbst denn schon mal passiert, dass du auf jemanden getroffen bist und dann komplett ausgerastet bist, im positiven Sinne?

[03:48]
Keith: Um ehrlich zu sein, war das genau bei Brendon. Ich war total aus dem Häuschen! Panic! At The Disco war und ist so eine besondere Band, die selten so hervorgekommen ist. Das war schon sehr speziell damals wie heute. 

Ehrlich währt am längsten

Low Teens ist ein sehr persönliches Album und es ist auch sehr spezifisch über die traurigen Erlebnisse innerhalb deiner Familie. Was würdest du an dem Album ändern, wenn du könntest?

[04:26]
Keith: Es ist schon sehr persönlich und es markiert eine speziellen und sehr schwierige Zeit in meinem Leben, aber ich liebe das Album. Wenn ich aber etwas daran ändern könnte, dann vielleicht nicht ganz so ernst zu sein. Ich war, als ich es geschrieben habe, extrem ernst und depressiv. Vielleicht würde ich da jetzt einiges überdenken, aber das war einfach nicht wo mein Kopf zu der Zeit war also wäre es falsch gewesen. Ich glaube, ehrlich zu sein hat uns mitunter daran gehalten so lange als Band zusammen und relevant zu bleiben. 

Die produktivste Zeit für mich ist...

Was ist denn der beste Ort für dich um Songs zu schreiben? 

[05:32]
Keith: Also die Dusche ist ja immer ein guter Platz um etwas zu reflektieren. Aber bei mir ist es im Flugzeug! Das meiste, das ich schreibe, mache ich im Flugzeug, weil ich da kein Internet habe und ich da stundenlang ohne Ablenkung sein kann. Ich trinke gemütlich etwas, lese und schaue vielleicht einen Film und dann kommen Ideen auf. Das sind sehr produktive Stunden für mich. Deshalb liebe ich es unter anderem auch zu fliegen, weil ich in der Zeit so viel erledigt bekomme.  

„Die Warped Tour hat uns relevant gehalten“

Der Begründer der Vans Warped Tour, Kevin Lyman, hat vor kurzem erst verkündet, dass 2018 die letzte Vans Warped Tour stattfinden wird. Ihr habt die Tour so oft gespielt, alle zwei Jahre seit 2006. Wie war deine Reaktion auf diese Nachricht?

[08:24]
Keith: Ja, es ist ziemlich traurig. Einige von uns wussten ja, dass es kommen wird. Es war nur eine Frage der Zeit. Es ist sehr traurig, weil die Warped Tour so viel dazu beiträgt, den Leuten neue Bands zu liefern. Man ist jeden Tag in einer anderen Stadt und man spielt vor so vielen Leuten, die nie ein Ticket kaufen würden, um dich zu sehen, weil sie dich ja noch nicht kennen. Jedes zweite Jahr bei der Warped Tour dabei zu sein, um zum Beispiel ein Album zu fördern, war sehr wichtig für uns. So sind wir relevant geblieben. Jetzt müssen die Tourneen eben strategischer werden. Man muss herausfinden, mit wem man spielen oder nicht spielen will. Man muss jetzt wählerischer werden und daran denken, welches Publikum man erreichen will. Die Warped Tour hat sehr viel für die Bands gemacht, indem sie einfach die Bands vor Leute gebracht hat, die sowieso gekommen sind. [...]

Zurück zur „hässlichen“ Musik

[09:38]
Keith: Ich hatte das Gefühl, dass so ein Trend von Screamo-Emo-Punkbands, die wie Pop-Boybands aussehen, entstanden ist und wirklicher Punkrock eher am sterben war. Aber in letzter Zeit geht es wohl eher wieder zur aggressiven, wütenden und „hässlichen“ Musik hin. Wo man nicht unbedingt immer Liebesbriefe von jungen Mädels in der ersten Reihe auf die Bühne geworfen bekommt. Aber ohne die Warped Tour weiß ich ehrlich gesagt nicht, wohin es führt. Sie hat dieses spezielle Genre von Screamo am Leben gehalten. Aber ich denke, Musik wird vielleicht wieder etwas ehrlicher werden. Die Bands werden wieder mehr aussortiert. Immerhin haben manche Bands nicht mal ihre eigenen Instrumente live gespielt oder nicht ihre eigenen Songs geschrieben und ich weiß nicht, ob diese Bands ohne die Warped Tour über die Runden kommen werden. Das ist dann aber wieder was Gutes. 

Welcher Song für Keith nicht ganz zum Album Low Teens passt, Tipps zum Meditieren, welches Meme er darstellen würde und vieles mehr könnt ihr in unserer M94.5-Mediathek hören. Da gibt es das komplette Interview zum Anhören (oder auch zu Beginn dieses Artikels). 

Low Teens von Every Time I Die ist seit September 2016 erhältlich.

 

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

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