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Magic Moshroom: Vitja im Interview

Eigene Geschichten schreiben

Quelle: M94.5 / Marina Hirschbichler

David Beule und Mario Metzler von Vitja im Interview mit dem Magic Moshroom

Die deutsche Metal-Rockband Vitja gibt tiefe Einblicke in ihre Hassliebe zur digitalen Welt und Shampoo Herstellerpläne für die Zukunft. 

Die deutsche Metal-Band Vitja ist bereits viel durch Europa getourt. Bisher auch schon mit Größen wie Bring Me The Horizon, Callejon und Bury Tomorrow. Aber eben immer als Support. Mit ihrem zweiten Studioalbum Digital Love, das sie am 3. März über Century Media Records bzw. People Like You Records veröffentlicht haben, hat sich das aber geändert. Damit haben Vitja außerdem eine etwas andere und vor allem melodischere Richtung eingeschlagen. Der „neue" Sound erinnert teilweise an die Entwicklung der britischen Metalcore-Band Bring Me The Horizon, trotz anderen Gitarrenelementen und Tunings. Vitja schreiben mit ihrem neuen Album allerdings deutlich ihre eigene Geschichte, die auch jeder verschieden in ihren Songs interpretieren kann.

Die Digital Love-Clubtour ist zwar Vitjas erste Headline-Tour, aber damit beweisen sie, dass sie mit anderen Metalgrößen bereits mithalten können. Das haben sie am 22. April auch deutlich im Backstage Club gezeigt. Was aber wirklich hinter alldem steckt, welchen Bezug sie zur digitalen Welt haben und was ihr Plan B geworden wäre anstelle der Musik, verraten Sänger David Beule und Bassist Mario Metzler exklusiv im Interview mit dem Magic Moshroom.

Ohne Verpflichtungen

Am 3. März habt ihr euer aktuelles Album Digital Love herausgebracht. Das zweite Album ist ja bekanntlich das schwierigste. Wie habt ihr den Druck empfunden?

[00:57]
Mario: Dadurch, dass wir sehr viel getourt haben und sehr viel aufeinander gehangen sind, haben wir uns einfach als Personen weiterentwickelt und somit auch unsere Musik. Das war der logische Schritt und wir haben die Musik geschrieben, die wir gefühlt haben. So ist dann auch das Album entstanden.

David: Wir haben diese Band gemacht, die unser Leben geworden ist, haben aber keine Verpflichtungen irgendjemandem gegenüber. So haben wir uns weiterentwickeln können und konnten die Musik machen, die uns gefällt.

Social Media nicht zu ernst nehmen...

Mit eurem aktuellen Album Digital Love kritisiert ihr sozusagen die digitale Welt...

[01:38]
David: Ja, das kann man so kritisieren, aber es soll auch eher eine Debatte sein über die guten und schlechten Sachen und die Dinge, die wir und ich nicht verstehen in der Welt – und das alles in Musik verpackt. Aber hauptsächlich wollen wir nicht verurteilen.

Viele leben mit der digitalen auch in einer Art Traumwelt. Wie war das bei euch als Teenager, habt ihr euch auch in eine digitale Traumwelt geflüchtet mit Social Media oder Gaming?

[02:28]
David: Ja, sogar ziemlich krass mit Gaming, aber nicht im Bereich Fantasy. Das ist nicht so mein Ding. Für mich ist das zwar erstmal in Ordnung, weil man es alleine macht und für sich... Mit dieser anderen digitalen Welt ist es sehr schwierig, weil es auch gerade die Zeit ist, wo man sich aufregen kann und auch einen Standpunkt äußern kann, weil es immer schlimmer in der Welt wird. Und die Kluft zwischen Armen und Reichen wird immer größer. Videospiele sind ja auch deshalb [um in eine andere Welt flüchten zu können] da, aber es ist auch nicht gut sich in so etwas zu verlieren. Natürlich tut das jeder, aber da gibt es auch eine Grenze. Sobald das Social Media-Profile sind und sie andere so stark kritisieren, weil sie zum Beispiel eine höhere Follower-Zahl haben... Da könnte man das Ganze einfach besser verwenden oder manchmal auch am besten gar nicht, wenn es nur dieser Brei ist. Natürlich hat es auch vieles Gutes. Ich weiß nicht, ob man da als Gesellschaft vielleicht lernen müsste...

Mario: Am Ende leben wir in einer Welt, wo die Leute schlechte Laune bekommen, weil sie vielleicht nur 24 Gefällt Mir auf ihr Instagram-Foto bekommen und haben dann Komplexe, was sie selbst betrifft. Das ist eigentlich das Hauptding. Natürlich benutzen wir das als Band auch, aber um unsere Musik zu präsentieren und um den Leuten, die das sehen wollen, hautnah zu zeigen, wie wir auf Tour sind und wie es vor und nach einer Show aussieht. Aber wir sind jetzt nicht traurig, wenn unser Foto nicht so viele Likes hat, wie es vielleicht einer von uns erwartet.

Wie sieht das bei euch privat aus? Nehmt ihr Social Media seit dem Album Digital Love vielleicht generell etwas lockerer?

[04:11]
Mario: In Bezug auf die Band benutze ich es viel, einfach um eben die Band zu präsentieren. Was ich cool finde ist, dass die Leute auch etwas schreiben zu unserem Album. Sie fragen Sachen auch zum Equipment, zum Beispiel welchen Bass ich spiele oder was für einen Verstärker ich benutze. Dafür nutze ich Social Media sehr viel, um Kontakt mit den Fans zu halten. Aber um privat ein Familienfoto zu posten, benutze ich es zum Beispiel gar nicht.

David: Mir geht es eigentlich mit Social Media nicht so gut. Das ist nicht mein Ding. Ich lege das Handy eher weg, aber das kann jeder machen wie er will. Ich schaue auch nur bei der Band nach, weil alles andere nehme ich ehrlich gesagt auch gar nicht so ernst.

Die eigenen Geschichten darin finden

Wie ist das bei euch in der Band, wenn ihr neue Songs schreibt? Geht ihr nach eine Art Schema vor?

[04:49]
Mario: Instrumental gesehen, haben wir natürlich sehr viel Input. Jeder von uns kann Songs schreiben und wir stellen uns die Sachen einfach vor und arbeiten gemeinsam daran. Was wir bei Digital Love gemacht haben, ist, dass wir uns einfach die Zeit genommen haben, um jeden Song wirklich perfekt zu machen. Wir haben uns keine Deadline gesetzt, sondern wir haben jeden Song so gemacht, wie er für uns cool ist. Ich finde das sieht man auch beim Album, dass jedes Lied das hat, was wir haben wollten. Wir haben keine Lyrics, die man vielleicht auf den ersten Anhieb verstehen soll. Jeder kann etwas Anderes hineininterpretieren und wir – vor allem David – wissen aber, was sie bedeuten sollen. Aber trotzdem heißt das nicht, dass die Story für jeden fertig abgestempelt ist, sondern jeder kann seine eigene Story daraus machen.

[05:52]
David: Bei den Lyrics ist das so: Ich gehe nicht so viel weg und mache wenig mit anderen Leuten. Also sind die Lyrics eigentlich wie meine virtuellen Freunde, besonders diese neuen Songs, denen ich dann meine Sachen erzähle. Und so entsteht das Ganze dann auch.

Euer Sound hat sich vom Debütalbum Echoes zum aktuellen Album Digital Love doch sehr verändert. Manche würden sogar behaupten, es hat eine ähnliche Entwicklung wie Bring Me The Horizon. Dave, du hast jetzt auch Clean Vocals dabei, das ist schon sehr anders. Ihr wart ja auch schon mal Support bei Bring Me The Horizon. Haben die Briten auch eine Rolle bei der Veränderung eures Sounds gespielt?

[06:41]
Mario: Wir haben einfach die Songs geschrieben, nach denen wir uns gefühlt haben und die zu unserem Privatleben passen. Was wir geschrieben haben, ist so aus uns herausgekommen. Natürlich hat jede Band so ihre Einflüsse, aber wir hören privat eigentlich gar nicht so das Genre, in dem wir uns selbst bewegen. Wir haben ein sehr breites Spektrum an Musik, das wir hören. Ich glaube, das ist am Ende mehr Zufall als ein gewolltes Ding, dass wir uns vielleicht so ähnlich wie Bring Me The Horizon anhören.

Lehrer und Shampoo Hersteller

Was wäre denn euer Plan B gewesen, wenn es nicht mit der Musik funktioniert hätte?

[07:39]
Mario: Seit ich denken kann, mache ich irgendwie Musik, auch mit Bands und toure durch die Welt. Wir machen das natürlich mit sehr viel Hintergrund und sehr bewusst. Wir wissen auch, wo wir stehen. Was sonst aus mir geworden wäre? Ich habe ja schon immer so ein bisschen vor mich hin studiert. Vielleicht wäre ich dann irgendwann Lehrer geworden.

David: Ich habe sehr gepokert. Aber ansonsten würde ich Shampoo machen, ich kann den Namen auch noch nicht verraten, weil der unfassbar gut wird, aber... Nein, ich weiß es tatsächlich nicht und bin auch froh, dass ich mir darüber auch nie wirklich Gedanken machen musste. Also danke an Mama und Oma. 

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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