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FLUT im Interview

Eine neue neue deutsche Welle?

Autor(en): Miriam Fendt am Freitag, 28. April 2017
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Quelle: M94.5

Vier der fünf Österreicher von FLUT

Vintagehemden, VHS-Rekorder-Ästhetik und Röhrenfernseher-Optik. FLUT reanimieren die 80er in Sound und Ästhetik auf eine ganz moderne Weise.

Mit knapp 20 waren die Jungs der Band FLUT in ihrem Lieblingsjahrzent noch nicht mal geboren. Vielleicht ist es auch genau das, was die Faszination an dieser Band ausmacht, denn obwohl sie sich stark am Sound und Stil der 80er orientieren, fahren sie doch immer noch ihre eigene Linie. Wie genau sie sich selbst sehen und was ihre Ästhetik ausmacht, haben uns Sänger Johannes und Gitarrist Sebastian im Interview erklärt:

[00:00] Wie wichtig ist es euch, euer Heimatland Österreich auch mit in die Musik einfließen zu lassen?

Johannes: Ich glaube von der Heimat, in der man Musik macht und wo man beginnt Musik zu machen, wird man immer inspiriert. Wir kommen vom Land, wie gesagt, von der Peripherie von Linz und haben relativ viele Konzerte in Linz gespielt. Und auf die Erfahrungen dort, speziell nach den Konzerten, haben wir dann den Text zu „Linz bei Nacht“ geschrieben. So einen nationalen Bezug hat unsere Musik nicht, muss ich ganz ehrlich sagen. Natürlich wird viel über Österreich geredet, aber wir denken da nicht so viel drüber nach, das passiert einfach.

Sebastian: Ich glaube, das kann man gar nicht so richtig ausschalten, dass man – egal an welchem Ort man Musik macht – der Ort da ein bisschen drin steckt.

[02:33] Gerade im letzten Jahr gab es einen krassen 80er-Jahre-Hype. Wie steht ihr dazu, dass so viele Bands auf den Zug aufgesprungen sind?

Sebastian: Ich glaube das ist nicht wirklich ein Zug, sondern man kann sagen, dass es schon immer irgendwie einen Rückbezug zu älteren Jahrzehnten gab, weil es ja irgendwann angefangen hat mit Popmusik. Aber die 80er sind einfach ein starkes Jahrzehnt, weil da alles anders geworden ist. Es ist sehr digital geworden. Das war auch ausschlaggebend dafür, dass da viel passiert ist. Deshalb kann man sich daraus auch viel mitnehmen.

​Die 80er - eine geteilte Faszination

[03:39] Steht ihr auch in Kontakt zu anderen Bands, die sich auch auf die 80er beziehen?

Johannes: Zu der ganzen Drangsal-Truppe, die wir mittlerweile lieben und schätzen gelernt haben. Wir haben vier mal Support gespielt für Drangsal auf zwei verschiedenen Touren. Da ist man sich jetzt nicht neidig oder so. Bei uns Musikern – ich denke das gehört auch mehr etabliert – ist es so, dass wir keinen Konkurrenzkampf erzwingen wollen.

Sebastian: Das ist eher so, dass man dann nach den Shows zusammen sitzt, miteinander Musik hört oder man will dann jemandem was neues zeigen und er kennt es schon lange (lacht). Dann kommt man drauf, dass beide Seiten das voll feiern. Das ist das Schöne daran, dass dann auch eine riesige Euphorie entstehen kann.

[06:10] Obwohl ihr sehr stark von den 80ern beeinflusst seid, betont ihr immer, dass ihr sie nicht kopieren wollt. In einem Interview habt ihr mal gesagt, dass ihr trotzdem noch Musik macht, die aktuell ist. Was meint ihr damit?

Johannes: Die Aktualität, das bedeutet, dass wir uns ja nicht in Wien in unseren Zimmern einsperren und nichts anderes mehr hören, als das, was vor 1984 rausgekommen ist. Wir sind natürlich auch beeinflusst von moderner Musik. Das was wir machen ist auch eine Art von moderner Musik. Es ist keine Kopie, sondern unsere Neuinterpretation von irgendetwas.

Sebastian: Wenn man das auch aus der lyrischen Perspektive betrachtet, dann habe ich ganz viel Musik aus den 80ern gefunden, dann habe ich viel gefunden, das eins zu eins ummünzbar auf die heutige Zeit ist. Zum Beispiel "Computerliebe" von Paso Doble. Was ist eigentlich Computerliebe? Das, was 2017 über Smartphones und über Facebook passiert.

Johannes: Ja, es ist sehr lustig, wie viel Zeitgeist aus den 80ern, vor allem auch den frühen 80ern, auf die heutige Zeit ummünzbar ist. Da hat es auch so Sachen gegeben, wie Überwachung und auch der Kalte Krieg in irgendeiner Art und Weise. Das ist auch ein Vibe, der sich sehr gut auf heute ummünzen lässt.

[07:58] Habt ihr dann auch einen textlichen Bezug?

Sebastian: Ja, schon eigentlich. Manche Songs schon, manche eher weniger. Da ist es dann natürlich auch immer schwer gewesen, denn es ist sehr hart, da die Grenze zu Kitsch da ist. Man muss auch irgendwie sehen, dass nicht alles, was in den 80ern gemacht wurde, gut ist.

Das Beste von gestern und heute

[09:21] Eure EP "Nachtschicht" ist endlich draußen. Wie lief da die Arbeit am Sound? Habt ihr da auch mit alten Produktionsmethoden gearbeitet?

Johannes: Ja, wir haben generell sehr viel mit Hardware gearbeitet. Natürlich ist es aber im Computer abgemischt worden. Es wäre finanziell und auch generell nicht logisch gewesen, wenn wir das jetzt auf Band versucht hätte, nur damit wir uns dann selber daran hätten aufgeilen können. Wir haben es genauso gemacht wie früher: Wir haben uns einfach das Beste herausgeholt von heute und auch von früher. Und da war auch extrem viel Equipement von früher dabei.

​[10:04] Ihr macht auch eure Videos in kompletter Eigenregie. Sie sind in ihrer Ästhetik ein wichtiger Bestandteil des FLUT-Universums. Wie läuft da der Entstehungsprozess? Vom Song zum Video oder funktioniert das auch anders herum?

Johannes: ​Meistens ist es glaube ich vom Lied zum Video. Wir sind sehr visuelle Typen. Deshalb beginnt das Ganze eigentlich schon im Proberaum. Wir spielen ein Lied oder eine Skizze von einem neuen Lied und machen uns relativ bald im Kopf eine Geschichte oder Bilder und Emotionen, die da gut verarbeitet werden können. Und dann führen wir den Prozess soweit aus, dass wir die Videos dann auch noch selbst drehen.

​​Visuelle Perfektion vor Massenproduktion

[11:07] Die Lieder auf der EP "Nachtschicht" sind zwar schon aus einem Guss. Sie funktionieren aber auch als Singles. Wenn mal ein Album ansteht, könntet ihr euch dann vorstellen, auch eine ganze visuelle Story dazu zu entwicklen?

Johannes: ​Ja, ich habe lange auf diese Frage gewartet in irgendeinem Interview. Ja, könnten wir uns schon vorstellen. Es hat den Plan tatsächlich auch schon für die EP gegeben. In der Realisierung ist es dann einfach zu kompliziert gewesen, da jetzt fünf Musikvideos in der kurzen Zeit zu machen. Wir sind dann auch Typen, die nicht leichtfertig schnell irgendwie ein Musikvideo machen. Aber ich bin auch motiviert jetzt nicht nur für Singles Musikvideos zu machen. Wir sind generell gerade dabei eine Fanbase zu kreieren, um dann den Leuten - auch wenn es jetzt keine Single zu promoten gibt - ein Musikvideo bieten zu können. Da hätte ich schon Interesse daran.

​[12:11] Wie könnte das dann aussehen?

Johannes: ​Wir haben überlegt in den Dachstein Eishöhlen, da ist wirklich alles aus Eis drinnen. Das muss man am besten googlen. Und da mit Nebel am Boden, da gibt es schon ein paar Gedankenfetzen.

Sebastian: ​Aber die müssen noch detailiert ausgearbeitet werden.

Johannes: ​Und wir wissen jetzt gerade noch nicht wie der Look aussehen könnte und der Sound. Die Musik ist ja auch noch nicht fertig geschrieben. Da müssen wir einfach schauen und uns leiten lassen.

 

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