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Klangstof in München

Geräuschgewebe

Autor(en): Julian Mühlfellner am Freitag, 22. September 2017
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Quelle: ©Tonje Thilesen für Warner Bros. Records

Klangstof

Klingt deutsch, ist es aber nicht. Klangstof ist norwegisch-niederländisch und bedeutet so viel wie 'Echostaub'. Staubig ist die Band mitnichten.
 

Die Saga geht folgendermaßen: Das Mastermind der Band, Koen van de Wardt, zieht als Teenager von den Niederlanden in die norwegische Tundra (oder Taiga – romantischer, weil bebaumt). Im Gepäck hat er nur das eine berüchtigte Desert-Island-Album: „OK Computer“ von Radiohead. Sechs Jahre später kehrt er aus dem Exil zurück, mutiert zum musikalischen Wunderkind.

Erklärungsnot

Der Vergleich von Klangstof mit Radiohead ist unumgänglich. Vorgebracht wird er nicht nur von diversen Musikkritikern und Journalisten, sondern auch vom Künstler selbst. Wie treffend er ist, sei vorerst dahingestellt. Fakt ist, dass Vergleiche dieser Art von Natur aus gefährlich sind. Radiohead-Fanboys und -girls zucken angewidert zurück; niemand kann Radiohead besser als Radiohead. Radiohead-Hater rümpfen die Nase. Wenn das Original schlecht ist, wie gut kann der Klon schon sein?

Ziemlich gut. Das Quartet um Koen van de Wardt macht Dream Pop, Postrock, Bedroom-Indie, vielleicht sogar Trip Hop. Im Unterschied zu Koens vorheriger, gitarrenlastiger Indie-Band Moss ist die Musik von Klangstof stark Synthesizer-basiert. Dazu gibt es Betten und Akzente aus Reverb- und Hall-getränkten Gitarrenklängen. Getrieben werden die Songs meist von minimalistisch-elektronischen Beats – nicht zu überhören ist aber auch die post-rockige Struktur vieler Songs, die gegen Ende oft in schrammenden Hi-Hats und Crash-Becken untergehen. Das unbestrittene Vorzeige-Flaggschiff der Band, die Single „Hostage,“ kommt seicht dahergeebbt, bevor sie gegen Ende schallend den Verstand verliert.

Einsamkeit

Isolation ist ein wichtiges Thema für die Band, wie im Musikvideo zu "Hostage" schön zu sehen ist. Doch nicht nur das Einsiedlerleben Koens in der norwegischen Ödnis wird thematisiert, sondern auch die Verlassenheit des Individuums unter Mitmenschen. Die Cover des Albums "Close Eyes to Exit" und der dazugehörigen Singles zeigen menschenleere Anzugzombies, zwanghaft eingeboxt in Zellenbüros. Aber anstatt solche Zustände zu beklagen, bietet Klangstof einen Ausweg: Schließ deine Augen und steig aus, am besten mit Klangstof im Ohr. Selbst die Single "We Are Your Receiver" mit ihren kryptischen Lyrics und dem begleitenden technophoben Musikvideo klingt unüberhörbar optimistisch.

Radiohead-Haters und -Lovers aufgepasst. Ja, die Ähnlichkeiten sind groß. Aber Klangstof ist viel mehr als ein Radiohead-Klon, oder "OK Computer" gefiltert durch das musikalisch brillante Hirn eines einsamen Niederländers. Klangstof ist tanzbarer, jünger und optimistischer als die Indie-Überväter. Verpasst Klangstof nicht, wenn sie am 2. Dezember um 20:30 in der MILLA ordentlich einen aufspielen.


Klangstof in der MILLA

Samstag, 2. Dezember 2017

Beginn: 20:30

Tickets: 19,85 €

Präsentiert von M94.5

 

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