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Magic Moshroom: Cane Hill im Interview

Kein Blatt vor dem Mund

Quelle: M94.5

Cane Hill backstage im Interview mit dem Magic Moshroom

New Orleans ist als Jazz- und Blues-Metropole bekannt. Aber die Hauptstadt Louisianas kann auch anders - härter. Zum Beispiel mit Cane Hill!

Cane Hill haben erst am 15. Juli 2016 ihr erstes Debütalbum „Smile" veröffentlicht und starten schon so richtig durch. In den vergangenen Jahren sind sie geradezu non-stop auf Tour. Dabei waren sie schon mit blessthefall, Asking Alexandria, Atreyu, Insane Clown Posse, Volumes und vielen mehr unterwegs. Auch auf der Vans Warped Tour waren sie 2016 vertreten.

Auf der Europatour von Bullet For My Valentine mit Special Guests Killswitch Engage und Cane Hill, haben sie am 11. November in München Halt gemacht. Für Cane Hill war es das erste Mal in der bayerischen Hauptstadt. Die Jungs haben der Menge als Opener des Konzertabends in der Tonhalle richtig eingeheizt. Um ehrlich zu sein, haben die Newcomer den „alten Hasen" der Metalbranche sogar ziemlich die Show gestohlen.

Vor ihrem Auftritt hat sich der Magic Moshroom backstage mit Vokalisten Elijah Witt, Gitarrist James Barnett, Bassist Ryan Henriquez und Schlagzeuger Devin Clark getroffen. Und eines ist klar, diese Band zeigt keine Scheu davor ihre Meinung zu äußern - weder in ihrer Musik, noch sonst irgendwo. 

Ein kleiner Vogel hat mir getweetet, dass ihr in Dachau wart (am Tag eurer Show)...

[00:23]
James: Unser Morgen war ziemlich deprimierend.

Ryan: Wir sind große Geschichtsfans und es war cool das zu sehen. Als wir bei Rock im Park gespielt haben, sind wir auch zum Reichsparteitagsgelände und zur Gedenkstätte gegangen, aber wir konnten leider nicht zu weit weggehen, weil die Securities dagegen waren. Aber es war wirklich cool. Wir haben die Sehenswürdigkeiten gesehen, die wir immer schon sehen wollten.

Bezüglich der kürzlichen Ereignisse in den USA: Donald Trump wurde zum neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Wie habt ihr die Wahlnacht erlebt? Ihr wart wahrscheinlich gerade auf dem Weg von Zürich nach Mailand, oder?

[01:06]
Witt: Wir sind dazu (zu der Nachricht) aufgewacht. Ich bin um 7 Uhr morgens aufgewacht und habe nur eine SMS von Zuhause bekommen in der stand: „Er hat gewonnen!“. Und ich habe jeden angeschrien, dass er verdammt nochmal gewonnen hatte... Dann sind alle aufgewacht und meinten nur, ob das mein Ernst ist. Es ist einfach nur irre, dass ein Prominenter – ein idiotischer Prominenter – das Rennen um die Präsidentschaft gewinnen kann. Das hat uns alle als komplette Idioten dargestellt und es ist uns jetzt sogar ziemlich peinlich aus den USA zu kommen.

„Der Rest der Welt lacht über uns“

James: Bevor er gewonnen hat, gab es Werbungen in Australien, die sich hauptsächlich über die USA lustig gemacht haben. Ich glaube, auf irgendeine Art und Weise haben wir es auch verdient, aber der Rest der Welt ist nur so: „Seht euch diese Trottel an!“

Witt: Unsere Optionen waren entweder eine Karrieremörderin oder ein Serienvergewaltiger. Amerikas Präsidentschaftswahlen waren also von Anfang an ziemlich hinüber. Ich bin unglücklich... Brexit war blöd, aber zumindest haben sie die Türen nicht für Vergewaltiger, Frauenhasser und Leute mit Schwulenparanoia geöffnet. Die machen jetzt einfach was sie wollen. „Sieg Heil!“ wurde auf Gebäude und rassistische Bemerkungen auf Autos gemalt und die Leute in der U-Bahn wurden belästigt (in Amerika). Ihnen wurde sogar gesagt, dass sie begrapscht werden könnten, weil Trump jetzt Präsident ist. Moslems werden ihre Jobs weggenommen, einfach nur weil sie Moslems sind und weiße Leute das nicht mögen. Es hat ihnen eine Entschuldigung dafür gegeben, dass sie jetzt sagen können „Wir können das tun“. Und das schlimmste daran ist, dass es nicht aufgehalten wird!

Die Möglichkeit etwas zu verändern

Ihr habt ein Foto von eurer Show in Mailand auf Facebook gepostet mit dem Titel „Danke, dass ihr mit uns ‚Fuck Trump’ gerufen habt“. Ihr habt auch darunter nochmal kommentiert „eine Band ohne Stimme, ist überhaupt keine Band“. Warum ist es so wichtig für euch euer Wort zu vertreten und gehört zu werden? Andere Bands, die sich gar nicht dazu äußern, haben es immerhin sehr viel einfacher und sie bekommen auch keinen Ärger und keine Konfrontation mit den eigenen Fans ...

[02:50]
James: Wir haben uns noch nie davor gefürchtet Ärger zu bekommen.

Witt: Was sollen wir tun? Verlieren wir rassistische Fans? Das ist kein Grund für mich. Der Punkt ist, dass wir in einer Position sind und wir Dinge diskutieren können und gegen etwas sein können. Wir haben ein Publikum, das uns zuhört. Wir haben die Möglichkeit, dass wir eine Veränderung vermitteln können und die muss auch gemacht werden.

James: Wenn man zum Grundlegenden zurückkehrt, worum geht es in der Musik? Es geht nicht um die Hooks oder, dass man im Radio darüber spricht, dass man die Ärsche in die Höhe kriegen soll. Musik ist eine Ausdrucksform. Es ist Poesie und es geht darum, dass man über etwas singt, dass einem wichtig ist und hoffentlich einen Bezug zu jemand anderem erstellt und deren Leben auf eine einzigartige Art und Weise berührt. Ja, wir werden über solche Dinge singen, wir werden über solche Dinge mit unseren Fans reden und wir werden nichts zurückhalten. Das sind wir, so sind wir aufgewachsen und das wird auch so bleiben.

Ihr seid auch sehr aktiv in den sozialen Netzwerken. Ihr antwortet den Fans so gut wie immer. Wie wichtig ist denn Social Media für euch wirklich?

[03:42]
Witt: Leider ist es sehr wichtig.

James: Es killt die Zeit.

Witt: Ich finde (Social Media) hat den Menschen das Leben ausgesaugt, aber es hat auch mir das Leben ausgesaugt. Ich bin abhängig davon und ich liebe es. Aber es ist auch eine großartige andere Plattform!

Ryan: Ich glaube, Social Media ist eine der Gründe, warum Amerika gerade in dieser Situation ist. Es hat den Leuten einen Grund und eine Stimme gegeben mehr über ihre Gefühle zu sprechen. In einigen Dingen war es gut, bei anderen haben wir eher einen Schritt zurück gemacht als Gemeinschaft.

Ihr äußert eure Meinung als Band und ihr steht dazu. Außerdem habt ihr geholfen und ein Bandshirt kreiert für die Überflutungen in eurem Heimatstaat Louisiana im August 2016. Hundert Prozent der Erlöse sind dabei an die Second Harvest Food Bank um den Leuten zu helfen, die alles verloren hatten. Wie ist das gelaufen und wer hatte die Idee dazu?

[04:46]
Witt: Ich glaube wir sind alle zusammen auf die Idee gekommen. Es ist unser Zuhause und es wird jedes Jahr aufs Neue zerstört.

Ryan: Das ist ja nicht das erste Mal, dass wir mit massiven Überschwemmungen zu tun haben. Natürlich mussten wir mit Hurricane Katrina umgehen und hatten Überschwemmung davor und danach.

Witt: Und hier waren wir einfach weg von Zuhause. Wir konnten nicht vor Ort sein, um alles selbst wiederaufzubauen. Wir konnten nicht physisch helfen und das Einzige, das wir tun konnten, war zu versuchen etwas zu verkaufen und die kompletten Erlöse zu spenden. Glücklicherweise sind unsere Fans sehr cool und haben viel gekauft. Das hat soviel es konnte geholfen.

New Orleans ist eigentlich für den Jazz und Blues bekannt. Wie ist die Heavy Music Szene im Vergleich zu der in Deutschland?

[05:32]
Ryan: Jeder von uns ist mit einer musikalischen Grundlage aufgewachsen. Wir hatten die Möglichkeit ziemlich irre Shows zu spielen und hatten eine sehr gute Szene. Die ist leider mit dem Aufschwung von Electronic Dance Music, Hip Hop und Indie gestorben. New Orleans hat diesen Swing einfach bevorzugt und das verstehe ich auch irgendwie. Jeder will betrunken und high werden und einfach ein bisschen den Verstand verlieren. Wir haben auch unseren örtlichen Veranstaltungsort. Deshalb hat es auch abgenommen, dass die Bands raus konnten um zu spielen. Das hat aber auch den Weg für uns bereitet. Um die Zeit herum hatten wir nämlich unseren Weg aus Louisiana gemacht und wir waren hinter größeren Möglichkeiten her. Ich glaube aber, dass New Orleans immer noch einen Metal hat, der folgt.

Witt: Das ist alles Old Metal. Man wird nicht sehen, dass The Devil Wears Prada gut ankommen wird... Heavy und Groove Metal, das kommt an. Bullet For My Valentine hat das House of Blues in New Orleans ausverkauft. Diese Art von Metal ist krass!

James: Die wollen nicht das Teenie-Zeug.

Die Musik zu schätzen wissen

Ihr seid aber auch hier in München in der Tonhalle ausverkauft. Wie sind die Fans hier anders als sonst wo?

[06:51]
Ryan: Sie sind sehr ehrlich. Wenn sie es nicht mögen, mögen sie es nicht. Aber, wenn sie es lieben, dann lieben sie es verdammt!

Witt: Als wir bei Rock im Park gespielt haben, haben sie geschrien: „USA!“. Das war ziemlich cool.

Ryan: Wir mussten (nach unserem Auftritt) trotzdem von der Bühne runter.

Witt: Da ist einfach sehr viel Anerkennung, wenn sie es mögen. Das ist total schön. Ich habe langsam genug davon, auf die USA zu trinken. Es ist so, dass Amerika die Musik nicht so zu schätzen weiß, wie zum Beispiel Europa, Großbritannien, Australien und Asien es tun. Es ist überall eine Kunstform – außer in Amerika. Amerika ist einfach... Die haben zu viel davon.

James: Ich glaube Amerika denkt so: „Oh, ich kann sie immer noch nächstes Mal sehen oder kann das das nächste Mal tun.“ Aber das ist nicht immer der Fall.

Ich habt auch ziemlich coole Musik mit im Gepäck. Am 15. Juli 2016 habt ihr euer Debütalbum „Smile“ veröffentlicht. Die Lyrics sind teilweise ziemlich brutal, ehrlich und manchmal sogar etwas sarkastisch...

[08:08]
James: Ich denke, was es zu Kunst macht ist, wenn man etwas sagt, dass einen berührt, es in einer Metapher oder einer cleveren Art auszudrücken. Das macht es zum Einen einprägsam und zum Anderen poetischer.

Witt. Das einzige Mal, wo ich etwas skeptisch war beim Text war bei „St. Veronica“, weil es aus einer Frauenperspektive geschrieben ist und das fühlt sich einfach nicht nach meinem Platz an.

Dem Publikum anpassen

Ihr wart nie skeptisch bei „Cream Pie“?

[08:32]
Witt: Nein, Cream Pie war ein sehr einfacher Song. Das einfach so „Fuck You, ich sage was ich will!“. Außerdem ist Sexualität so versteift in Amerika.

Erinnert ihr euch noch an die witzigste oder komischste Reaktion zu „Cream Pie“?

[09:43]
Witt: Beleidigung. Das erste Mal als wir in Australien gespielt haben, haben wir unsere Show mit „Cream Pie“ eröffnet. Wir haben relativ schnell gemerkt, dass die das nicht wollten. Wir hatten uns nur noch gedacht: „Oh, verdammt!“ Sie sind sehr konservativ, aber auf der Insane Clown Posse-Tour war das anders. Sie haben die Pornogeräusche gehört und jeder hat gerufen: „Hell yeah!“ Es hängt wirklich davon ab, für welche Menge man spielt.

Ryan: Wir ändern unsere Setlist dauernd, wenn wir die Menge auf unserer Tour beobachten. Wie Witt gesagt hat, in Australien haben wir uns sehr schnell darauf angepasst.

Der Sinn des Lebens

Ihr habt auch einen Song auf „Smile“, der „Fountain of Youth“ heißt. Es geht dabei unter anderem um Sterblichkeit und Vergänglichkeit. Was würdet ihr denn tun, wenn ihr tatsächlich aus dem Brunnen der Jugend trinken könntet?

[10:33]
Alle: Ich würde nicht daraus trinken.

Devin: Es würde den Sinn des Lebens, die Emotionen wegnehmen. Der Zweck ist doch, dass man hier ist um zu leben und zu sterben. Wenn man daraus trinkt, was würde man dann tun?

Witt: Es geht uns im Song aber nicht zu sehr um Unsterblichkeit, sondern darum, dass uns ein kurzes Leben gegeben wird. Der Brunnen der ewigen Jugend soll bedeuten, dass man das Leben genießen soll, solange man kann. Ich bin unter 30 Jahre, ich kann Drogen nehmen, soviel trinken wie ich will und ich werde nicht wirklich davon verletzt.

Das Leben in vollen Zügen genießen

[11:22]
Witt: Die Leute gehen mit 65 Jahren in Rente. Ich will nicht bis ich 65 Jahre alt bin in einem Job arbeiten von 9 – 17 Uhr und nur am Wochenende frei haben, um auf mein Haus zu achten, das auseinanderfällt, weil es (etwas) zu teuer ist. Ich will alle Drogen nehmen, soviel Sex haben und alle Drinks trinken solange ich noch kann. Ich will aus Flugzeugen springen und von Autos überfahren werden. Solange man noch jung ist, sollte man auch die Sachen tun, vor denen man Angst hat. Man kann es nicht mehr tun, wenn man alt ist. 


Quelle: M94.5   Cane Hill live in der Tonhalle in München 2016

Cane Hill, eine Nü Metalband, die das Leben genießt, nicht davor zurückschreckt ihre Meinung zu äußern und dazu noch aggressive Musik mit tiefgründigen, sarkastischen und bedeutenden Texten macht und deren Live-Shows mitreißend und energiegeladen sind. Eine „Newcomerband", die schon jetzt den großen Metalbands das Wasser reichen kann.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

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