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Primavera Sound Festival 2018

Laut indie Festival-Saison

Quelle: Sergio Albert

Über 200.000 Besucher: das Primavera Sound Festival in Barcelona

Was will man mehr? Die größten Indie-Bands dieser Zeit, die besten Newcomer des Jahres. So war's beim Primavera Sound Festival in Barcelona.

Der Mittwoch auf dem Primavera Sound Festival war schon immer etwas besonderes: Eine Reihe namhafter Acts bei freiem Eintritt. Erst für die hauptsächlichen Festivaltage, Donnerstag bis Samstag, braucht es das Einlassbändchen. Kein Wunder, dass sich das Gelände schnell füllt, wenn Wolf Parade, Spiritualized und Belle and Sebastian umsonst spielen. Letztere sind außerordentlich gut drauf, als sie gegen 22:30 Uhr die Bühne betreten. Frontmann Stuart Murdoch packt direkt seine Katalanisch-Kenntnisse aus und flirtet so mit dem Publikum. Sogar zwei Fans dürfen gleich für eine Tanzeinlage mit ihm auf die Bühne. Zum Ende des anderthalbstündigen Sets kommen dann gar ein paar Dutzende nach oben und die Band spielt ihren großartigen Song "The Boy With The Arab Strap". Man merkt schnell: Das Publikum ist von den älteren Songs deutlich mehr angetan als von den jüngsten Platten Girls In Peacetime Want To Dance und How To Solve Our Human Problems. Das weiß auch Stuart Murdoch, als er einen Track ankündigt: "This is a new song but don't be sad". Es ist gerade die charmante Gratwanderung zwischen Abendunterhaltungs-Band und Indie-Legende, die Belle and Sebastian so besonders macht. Da passt es wie die Faust auf's Auge, dass man mit den Schotten im nächsten Jahr auf eine viertägige Luxus-Kreuzfahrt gehen kann. Die hat allerdings ihren Preis.

© Dani Canto

Von Pflanzen und Legenden

Mit Björk und Nick Cave & The Bad Seeds hatte der Donnerstag natürlich zwei sehr große Künstler im Petto. Aber auch The War On Drugs, Sparks, Vince Staples, DJ Koze, Warpaint, Mount Kimbie, Unknown Mortal Orchestra, Ezra Furman und Rostam haben an diesem Tag gespielt. Jedoch das absolute Highlight: Björk. Von ihrem aktuellen Album Utopia bietet sie fast alle Songs dar, nur wenige Klassiker haben im aktuellen Set noch Platz . Das gefällt den Zuschauern nicht unbedingt, die Aufmerksamkeit sinkt im Laufe des Konzerts deutlich. Nur bei "Human Behaviour" (vom Album Debut) und "Isobel" (vom Album Post) brennt kurz mal Jubel auf. Wirklich schade, denn gerade die neuen Songs haben live etwas unfassbar mystisches. Allein die Bühnenkulisse kann sich sehen lassen: Viele Pflanzen, eine bunte Videoshow und ein Thron aus Palmen. Björk selbst scheint hinter ihrer Maske glücklich und fühlt sich in ihrem rosa Latex-Kleid sichtlich wohl. Trotzdem, die Verabschiedung fällt eher verhalten aus: nach einem kurzen "Gracias" und ohne Zugabe ist diese seltene Gelegenheit, Björk, ein mal live zu erleben auch schon wieder zu Ende.

© Santiago Felipe

Auch der anschließende Auftritt von Nick Cave ist großartig. Wer ihn bereits auf seiner Hallentour im letzten Herbst erlebt hat, weiß das. Für sein erstes Konzert in diesem Jahr hat er einige der ruhigeren Songs seiner letzten Platte Skeleton Tree aus dem Set genommen und gegen noch mehr festival-taugliche Klassiker getauscht. Zum Beispiel "Do You Love Me" oder "Deanna". Dazu die All-Time-Favourites "Red Right Hand" und "Stagger Lee". Man kann es nicht anders beschreiben: ein wie immer geniales Konzert.

Moshen, moshen, moshen

Am Freitag wird zunächst bekannt gegeben, dass Migos ihren Auftritt absagen müssen und dafür Skepta (am nächsten Tag) einspringt. Für die weniger Hip-Hop-affinen kein großer Grund zum Trauern. Mit Father John Misty im Sonnenuntergang geht es los, gefolgt von The National. Kurz vor Mitternacht betreten dann RIDE die "Hidden Stage" und spielen ihr erst drei Tage zuvor angekündigtes Überraschungs-Konzert. Für Shoegaze-Fans ein absolutes Muss. Gegen 01:30 Uhr geht es mit IDLES weiter, die wahrscheinlich beste Punk-Band im Moment. Hier ist dann völlige Eskalation angesagt. Ein ansehnlicher Moshpit und dutzende Crowdsurfer - so erwartet man die Stimmung. Zum Abschluss des Festival-Freitags gibt es dann noch ein seltenes Schauspiel. Der venezolanische DJ Arca (u.a. Produzent von Björk) spielt ein unterhaltsames wie verrücktes Konzert. Mal Geschreie, mal Flamenco, mal Latino-Dance - auf keinen Fall langweilig. Damit konnte man nach seinem letzten, sehr experimentellen Album nicht unbedingt rechnen.

© Eric Pamies

Monkeys hui, Publikum pfui

Der letzte Tag steht eigentlich nur unter einem Namen: Arctic Monkeys. Kurz vor Mitternacht geht es los und die vier Jungs (mit fünf Tourmusikern) betreten die Bühne. Der gewohnt aufgebrezelte Alex Turner hat diesmal eine Bono-Gedächtnisbrille am Start und legt direkt mit "Four Out Of Five" los - dem beliebstesten Song von der aktuellen Platte Tranquility Base Hotel + Casino. Mit den folgenden Songs "Brianstorm" und "I Bet You Look Good On The Dancefloor" gibt es zumindest in den vorderen zehn Reihen kein Halten mehr. Es wird zeitweise so eng, dass Dutzende Leute nach hinten flüchten. Dort erwartet einen allerdings kein schöner Anblick: sich laut unterhaltende Leute, die nicht einmal bei "505" oder "The View From The Afternoon" Applaus geben, geschweige denn mitsingen. Eine derart schlechte Stimmung haben die Arctic Monkeys wirklich nicht verdient. Da darf man sich glücklich schätzen, dass es überhaupt noch eine Zugabe gibt. Das Set ist insgesamt 20 Minuten länger angesetzt, als es dann schlussendlich dauert.

© Sergio Albert

Auch im kommenden Jahr wird der Parc del Fòrum in Barcelona wieder zum Gelände für das Primavera Sound Festival. 3-Tages-Tickets gibt es schon jetzt zu kaufen, für 180 €. Den Link findet ihr hier.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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