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Magic Moshroom: Creeper im Interview

Mehr als nur eine weitere Punkband

Quelle: M94.5 / Marina Hirschbichler

Hannah und Will von Creeper

Die britischen Horror-Punk-Newcomer Creeper haben uns bereits einige Rätsel aufgegeben. Im Interview lösen sie einige Mysterien auf!

Schon vor ihrem ersten Album hatten Creeper die Herzen der Punkrock-Fans längst erobert. Die Horror-Punk-Band aus Southampton sticht besonders durch ihre einzigartige Identität, die sie selbst erschaffen haben, hervor. Ihre EPs haben Punkrock-Fans von Anfang an begeistert und so haben sie schon auf den ganz großen Festivals Großbritanniens gespielt, wie zum Beispiel auf dem Download sowie Reading und Leeds. Als beste Newcomer-Band im Rockgenre wurden sie bereits von Kerrang! sowie Metal Hammer ausgezeichnet und bald wurden sie generell als beste neue Rockband vorhergesagt. Noch keinen Longplayer draußen also, und trotzdem waren Creeper schon in aller Munde, und das, obwohl die Horror-Punks mit ihrer Gründung in 2014 erst noch in ihren Kinderschuhen steckten.

Creeper ist eine Band, die auf das Geheimnisvolle setzt und die Musikbegeisterten in eine andere Welt entführt, wenn man sich darauf einlässt. Für die Band selbst, ist Creeper nicht nur eine Gruppe von Musikern, es ist ein künstlerisches Projekt durch und durch. Nichts, das Creeper erschaffen haben, ist dem Zufall überlassen und es könnte nicht durchdachter sein. Allein das mysteriöse Verschwinden nach ihrem Auftritt beim Leeds Festival im August 2016, auf das der geheimnisvolle Fall von einem Mr. Scythe folgte, der sich eigentlich mit paranormalen Fällen in Southampton befasste, sorgte für Aufruhr. Zeitungsartikel über das Verschwinden tauchten auf, eine Telefonnummer, die Hinweise um das Verschwinden geben sollte und eine spezielle Homepage rund um den mysteriösen Fall in Southampton. Der Grund für dieses Mysterium war die Ankündigung des Debütalbums Eternity, In Your Arms, das am 24. März 2017 herausgekommen und auf Nummer Eins der Rock Album Charts gelandet ist. Somit haben sie den perfekten Start für ihre erste Headliner-Tour durch Europa hingelegt.

Auf dieser Tour durfte natürlich München nicht fehlen. Der M94.5 Magic Moshroom hat sich mit Frontmann Will Gould und Keyboarderin sowie Background-Vokalistin Hannah Greenwood zum Interview getroffen, die uns einen Einblick in die mysteriöse und musikalische Welt von Creeper gewährt haben.

Ihr habt euer Debütalbum Eternity, In Your Arms am 24. März 2017 herausgebracht. Euer erster Longplayer hat auch sofort Lob von allen Seiten der Medien einkassiert...

[00:34]
Will: Ja, das ist alles so schnell gegangen... Und wir arbeiten auch weiterhin wirklich hart an der Band, sodass wir noch gar nicht wirklich die Zeit dafür hatten, um erst darüber nachzudenken. [...] Wir denken hauptsächlich an die Kunst dieses Projekts.

Hannah: Ich realisiere es erst, wenn ich Zuhause bin, weil auf Tour gibt es immer so viel zu tun, aber Zuhause dann...

Hat sich etwas verändert an Zuhause? Verhalten sich eure Freunde oder Familie jetzt irgendwie anders als zuvor?

[01:09]
Hannah: Nein, sie sind ziemlich cool drauf. Obwohl ich gerade letztens Mal gefragt wurde, ob sich erst kürzlich ein Freund bei mir deswegen gemeldet hat. Aber nein, meine Familie und alle meine Freunde haben mich von Anfang an unterstützt. Als ich mit meinem Job aufgehört habe und Vollzeit bei der Band eingestiegen bin, meinte meine Mutter nur so, „okay, cool“. (lachen) Also ja, sie waren alle total super!

Nach eurem Auftritt beim Leeds Festival in 2016 habt ihr mit eurer mysteriösen Vermissten-Kampagne euer Debütalbum angekündigt. Trotzdem habt ihr, nach all dem Warten, Eternity, In Your Arms als kompletten Online-Stream einen Tag vorher veröffentlicht. Warum?

[01:40]
Will: Wir wollten die Veröffentlichung zu etwas Besonderem machen. Wir hatten eine Art Adventkalender um sich darauf zu freuen und das Album war ja eigentlich etwas verspätet. Die Tour war aber schon gebucht. Deshalb wollten wir den Fans die Zeit geben, das Album zuerst zu entdecken, bevor die Tour angefangen hat. Wenn es erst am 24. März komplett herausgekommen wäre, dann hätten es die Leute in Manchester, wo wir bereits eine ausverkaufte Show mit 900 Leuten an diesem Tag hatten,  zum ersten Mal live gehört. Wenn wir also die komplett neuen Songs spielen, hätten es die Fans noch nicht mal gekannt. Und gerade weil wir diesen Stream einen Tag vorher herausgebracht hatten, konnten die Leute schon die Songs. Sie haben die Songlyrics innerhalb von 24 Stunden gelernt, das hat uns wirklich überrascht. Die sofortige Reaktion war sehr besonders für uns und quasi die Spitze des Eisberges! Die Tour durch Großbritannien war schon großartig und Deutschland auch, und es fühlt sich wirklich an als ob etwas Besonderes im Gange ist.

„Wir sind eine Reaktion auf die Musikwelt“

Besonders war auch euer Verschwinden nach eurem Auftritt beim Leeds Festival im August 2016 und dann die mysteriöse Geschichte rund um Mr. Scythe – alles um euer Debütalbum anzukündigen. Es scheint fast so, als ob sehr viele andere Bands diesen mysteriösen Weg nach euch einschlagen...

[02:49]
Will: Ich versuche eigentlich nicht über andere Bands nachzudenken. Alles, was Creeper ist, ist eine Reaktion darauf, wie gelangweilt wir von anderen Bands um uns herum sind. Meine Einflüsse kommen von älteren Musikern. Das Verschwinden war auch eine Reaktion auf den Umgang, wie die Leute und Bands Social Media nutzen. Ich finde das war und ist ziemlich stillos und einfallslos. Ich habe das Gefühl, als ich jünger war, haben das die Bands besser gemacht. Deshalb haben wir eher auf das goldene Zeitalter von Emo und Alternative Music zurückgeblickt.

AFI (A Fire Inside) haben damals ein großes Mysterium von Sing the Sorrow zu Decemberunderground gemacht. Das war eben speziell für die Fans. Und das Konzept bei unserer Band ist, dass man entweder nur die Songs hört, oder man sich wirklich auf dieses Mysterium einlässt und dadurch in eine komplett andere Welt eintaucht. Man muss das natürlich nicht tun, aber man kann es.

Risiken eingehen

Auf eurem Debütalbum Eternity, In Your Arms ist auch eine Country-Ballade zu finden: „Crickets“.

[05:28]
Will: Ian hat die Gitarrenparts geschrieben, ich habe mit der Melodie und den Lyrics geholfen, aber es war auf jeden Fall eine Mischung von uns mit Hannah. Ich wollte schon lange einen Song mit Hannah, weil ich immer schon ihre Stimme so geliebt habe. Aber ich musste erst die Leute und das Plattenlabel überreden, dass es gut werden würde. Und es ist wirklich cool geworden!

Hannah: Ja, sogar ich hatte meine Zweifel. Ich wollte zuerst gar nicht, oder zumindest ein Duett daraus machen. Aber Will meinte nur: „Nein, nein, nein. Das wird dein Song.“ Ich hatte wie gesagt, ziemliche Zweifel, dass es vielleicht nicht so gut ankommt, aber „Crickets“ ist cool geworden und alle singen die Lyrics mit. Das ist einfach großartig!

Will: Das ist dieses Vor- und Zurücksingen von einer Frauen- und Männerstimme im Stil von den 1970ern, das ich so gerne mag. Ich denke, gerade weil wir beide singen und es so hin und hergeht, macht es das Ganze mehr zu einer wirklichen Rock’n’Roll-Show.

Keine Einmannband – vielschichtig sein

„Crickets“ ist aber doch sehr anders vom Stil her. Normalerweise seit ihr ja doch eher im progressiven Punkstil unterwegs. Hattet ihr denn auch mal bedenken so einen Umschlag zu machen?

[06:42]
Will: Das Ding bei Creeper ist, dass wir nie darüber nachdenken, was die Leute denken werden. Und ich denke, genau das ist das Wichtige daran, wenn man etwas macht. Wenn man die ganze Zeit nur über das Publikum nachdenkt, kann die Musik nur schlecht werden. Es wird irgendwie seelenlos. Aber die Country-Elemente haben wir auch zuvor schon leicht einfließen lassen, zum Beispiel im Song „Novena“. Es ist sehr wichtig in der Musik viele verschiedene Einflüsse einzubeziehen. Früher habe ich Creeper als eine Punkrockband gesehen, aber in letzter Zeit sehe ich uns eher wie Arcade Fire oder Fleetwood Mac, wegen der Vielschichtigkeit. Die Band ist mehr als nur eine Person, es ist ein Kollektiv und das macht es auch aufregend für uns. Wir hatten also nie wirklich bedenken, dass wir einen anderen Stil miteinbringen, auch nicht bei „Cricket“.

Auf eurer Debütplatte fällt außerdem auf, dass die A-Seite mit dem Song „Misery“ endet. Die B-Seite mit „I Chose To Live“. Das ist so ziemlich das absolute Gegenteil...

[07:47]
Will: Ja, das war auch komplett beabsichtigt. „Misery“ war ja der einzige Song, der auch auf einer der EPs drauf war. Es hat mich ehrlich gesagt ein bisschen beunruhigt, dass mehr und mehr die Zeile „Misery never goes out of style“ unser Aushängeschild wurde. Ausgerechnet diese Textzeile als Etikett für unsere Band zu haben, wäre einfach nicht positiv gewesen, gerade wenn viele mit mentalen Problemen kämpfen – nicht nur wir, sondern auch das Publikum eben. Das war bestimmt einer der Fehltritte von uns. „Misery“ ist ein sehr starker Song und ich glaube auch wirklich daran, aber so würde ich den Zuhörer nicht gerne stehen lassen, nachdem er das Album angehört hat. Deshalb haben wir den positiveren Song „I Chose To Live“ ans Ende der B-Seite gestellt, um es sozusagen wieder gut zu machen.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

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