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Magic Moshroom: Parkway Drive im Interview

Mit Feuer und Flamme

Quelle: M94.5 / Marina Hirschbichler

Parkway Drive-Frontmann Winston McCall im Interview mit dem Magic Moshroom

Parkway Drive haben in München Halt gemacht. Sänger Winston McCall im Interview über ihre heiße Bühnenproduktion und musikalische Zukunft.

Mit ihrem fünften Studioalbum Ire touren Parkway Drive seit 2015 um die Welt. Auf ihrer Unbreakable-Tour durch Europa setzen sie die Maßstäbe für Metal-Konzerte neu. Ein Live-Erlebnis, dass man mit Slipknot und sogar Rammstein vergleichen könnte. Es ist die bisher aufwendigste Bühnenproduktion der Metalcore-Band, die auch einiges an Feuer zu bieten hat. Und so groß und angsteinflößend das auch klingen mag, Parkway Drive könnten nicht mehr am Boden geblieben sein. Sehr bescheiden und mit einer Leidenschaft wie aus dem Bilderbuch gehen sie an ihre Musik sowie Bühnenproduktionen heran. Der Spaß kommt dabei nicht zu kurz und der steht ihnen auch ins Gesicht geschrieben. Denn auch, wenn sie sich hinter Flammen und Feuerwerken auf der Bühne verstecken, ihr breites Grinsen zwischen den gefährlichen Pyro-Elementen strahlt bis in die letzte Reihe. 

Die Unbreakable-Tour 2017 durch Europa hat am 29. März in Prag angefangen. Wie war der Start dieser Tour?

[0:19]
Winston: Total verrückt, ist wohl das Einzige, wie ich es beschreiben kann. Wir machen Dinge auf dieser Tour, die wir von der Produktion her noch nie gemacht haben. Sehr vieles, worüber wir schon früher nachgedacht haben. Um andere Erfahrungen zu machen, haben wir uns gedacht, wir sollten das jetzt versuchen. Ire ist jetzt seit zwei Jahren draußen und es war großartig bisher! Die größten Shows sind normalerweise ja am Anfang und dann gehen sie etwas runter und mit einem neuen Album werden sie wieder größer. Aber das Konzert in München ist die größte Headline-Show von uns außerhalb von Australien, die wir je gemacht haben. Das ist überwältigend! Es ist das Ende unseres Tour-Zykluses und so etwas passiert...

„Like a deer in the headlights“ - Barbecue auf der Bühne

Ihr benutzt auch sehr viel Pyrotechnik auf der Bühne... Hat es da auch schon mal Unfälle gegeben bei den Proben?

[1:19]
Noch nicht. Letztens hatte ich aber wirklich Glück. Ich bin in eine Art Rauchbombe oder –fontäne reingelaufen und das hat mir meine Ohren ziemlich durchgeblasen. Dann habe ich auch noch vergessen, dass hinter mir noch so eine stand, ich habe mich umgedreht und bin gleich in die nächste reingelaufen. Also zweimal hintereinander! Aber davon abgesehen hatten wir wirklich Glück. Hauptsächlich weil wir etwas Angst davor haben. Wir wissen ja, wann die Dinger losgehen und sind dann so: „Nicht bewegen“. (lacht) Wie ein Reh, das vor Angst gelähmt ist...

Unser Gitarrist hat allerdings einmal einem Feuerball einen Kopfstoß verpasst, aber zum Glück war das nur kurz und es ist dann um ihn herumgeflogen. Ich habe auch mal aus Versehen einen Feuerball getroffen. Es ist also heiß und sehr sehr gefährlich! Aber je mehr wir machen, desto mehr wollen wir noch machen und mit den Flammen... Wir denken uns auf der Bühne nur so: „Scheiße!“ (lacht).

Also am besten gar nicht bewegen auf der Bühne...

Ja genauso ist es! Als wir geprobt haben für die Tour und zum ersten Mal die Pyro gesehen haben, haben wir uns nur gedacht: „Was zur Hölle war das?“ Das Ding ist nur, wir können herumgehen, aber unser Schlagzeuger sitzt fest. Ich habe ihn dann mal gefragt, wie das so ist. Und er meinte eben, dass es wie ein Barbecue ist und er wird einfach gegrillt. (lacht)

Ich kann es mir leider nie selbst ansehen, weil ich ja auf der Bühne bin. Das ist aber auch großartig für uns. Und es macht so viel Spaß mit Pyrotechnik zu spielen und es ist auch unterhaltend für uns auf der Bühne, aber wir sehen das alles eben aus einer komplett anderen Perspektive. Die Show ist nichts im Gegensatz zu dem, was man als Publikum sieht. Wenn ich Fotos sehe, denke ich immer: „Wow, das ist krass!“ (lacht) Das ist aber auch etwas komisch von sich selbst zu sagen...

Aber wir haben großartige Leute mit denen wir zusammenarbeiten. Es ist cool so etwas zu kreieren. Es geht schon fast in die Richtung von einer Theaterproduktion, nicht nur eine Band, die auf die Bühne geht, Musik spielt und das war's.

„Wir haben das nie gelernt“

Die Tour sieht nach eurer größten Produktion aus bisher. Eure Fans freuen sich auch wahnsinnig auf eure großartigen Live-Shows. Aber wie geht ihr dann mit dem Druck um, diese Tour später wieder zu toppen?

[3:22]
Genau das ist es! (lacht) Wir haben vor ein paar Jahren schon herausgefunden, dass das was wir tun einfach unheimlichen Spaß macht. Und wir machen das jetzt schon seit 13 Jahren und hatten sehr viel Glück damit. Und jedes Mal, wenn wir früher auf die Bühne gegangen sind, haben wir uns gedacht: „Cool, wir spielen Konzerte, Verstärker, Musik, die Leute lieben es mitzusingen und das ist alles, was wir wollen und tun können, weil wir ansonsten nicht wirklich gute Musiker sind.“ Wir haben nie gelernt, wie man irgendetwas davon wirklich macht. Die Bühnenperformance war nie etwas, das wirklich Sinn für uns gemacht hat. Und dann haben wir eine Tour mit Heaven Shall Burn gemacht und da haben wir gesagt, dass wir auch Flammen verwenden wollen. Wir haben sie mit ihnen zusammen verwendet und das hat unglaublichen Spaß gemacht! Es macht so viel Spaß, das zu kreieren und es ist eine andere Art und Weise eine bestimmte Stimmung und Atmosphäre zu erschaffen. Es hat eine andere Wirkung, die die Musik noch unterstreicht. Man bekommt also nicht nur die Wirkung von einem Riff, sondern einem Riff und dem Visuellen dahinter. Ich denke, man kann so besser rüberbringen, was man will. Der Druck etwas Anderes zu machen ist eigentlich nicht da. Es bleibt nur die Frage, was man machen kann. Und es macht so viel Spaß alleine daran zu denken wieweit wir damit gehen können! Das, was wir jetzt machen, ist wirklich krass. Es würde wahrscheinlich für viele Bands eine lange Zeit in Anspruch nehmen, um so etwas überhaupt ausprobieren zu können. Das hier ist nicht unser Ende, es ist erst der Anfang von dem, was wir machen. Und hoffentlich können wir noch weiter damit gehen. Oder besser gesagt, hoffentlich überleben wir das hier, damit wir weiter gehen können! (lacht)

Waren die Konzerte von Heaven Shall Burn denn das Verrückteste, das ihr gesehen habt und womit euch dann auch die Idee gekommen ist, Pyrotechnik zu verwenden?

[5:08]
Da gibt’s ja auch Rammstein. Ich meine, wie kann man das toppen? Ich habe Rammstein beim Download Festival 2013 gesehen und das war atemberaubend! Es war großartig zu sehen wie diese Meister ihrer Künste so etwas Cooles auf der Bühne kreieren. Wir haben uns die Show angesehen und es war etwas völlig Anderes. Da haben wir dann wirklich diesen Eindruck bekommen wie man ein Erlebnis erschafft, das über den Sound hinausgeht. Das war dann wo wir uns gedacht haben, dass wir das auch tun könnten und es Spaß machen könnte. Wahrscheinlich hat uns das inspiriert. Außerdem sprechen wir alle kein Deutsch. Wir haben nichts von den Lyrics verstanden und das ist eigentlich total verrückt zwei Stunden Live-Musik zu sehen und kein Wort davon zu verstehen. Aber ich wollte meine Augen nicht von der Bühne abwenden. Und dann bemerkt man den Einfluss des Visuellen erst.

„Wir vergessen nicht, wo wir herkommen“

Ihr seid mehr und mehr gewachsen als Band und somit auch in eurer Erfahrung. Was vermisst ihr daran noch eine kleinere Band gewesen zu sein?

[6:26]
Nichts, weil wir diese Dinge immer noch tun. Wir spielen immer noch Konzerte für 20 Leute. Das Ding ist, dass wir überall auf der Welt auf verschiedenen Levels spielen, wenn es darum geht, wie viele Leute zu unseren Konzerten kommen. Wir haben immer noch das Bedürfnis Musik zu spielen, weil wir es wollen. Wir lieben es und wenn wir zuhause sitzen und unsere Musik schreiben und einfach miteinander jammen, ist es toll und wir lieben genau das! Ich liebe es in verschwitzen Clubs zu spielen und wenn die Leute Stagediving machen, ohne Lichter und nur mit den PAs. Wir haben auch nicht vor das hinter uns zu lassen. Ich weiß nicht, ob das etwas Besonderes ist, aber wir wollen auf jeden Fall daran festhalten. Wir sind keine Band, die ihre Wurzeln vergisst. Tatsache ist, dass wir immer noch unsere Lieder von früher aus unserer Karriere spielen und wir wollen lieber auf diesen Dingen aufbauen, als zu sagen, das haben wir zwar gemacht, aber wir müssen weiter- und weggehen. Ich denke, es ist einfach wie ein längeres Kapitel zu schreiben. Das ist das Konzept. (lacht)

Wenn wir schon von der Vergangenheit sprechen. Alle eure Alben haben Goldstatus – zumindest in Australien. Alle eure Alben sind großartig, aber hast du denn auch ein persönliches Lieblingsalbum?

[7:41]
Es ist immer das aktuellste Album, also Ire für mich. Aber der Grund warum das so ist, ist einfach, weil es die aktuelle Inkarnation ist, von dem was und wer wir sind als Menschen. Die Musik ist eine Repräsentation von dem, was wir an diesem Punkt in unserem Leben sind und  von unserer Mentalität. Es ist nur eine Aufnahme vom Moment, also ist es sehr schwierig zurückzublicken und dieselbe Verbindung zu etwas zu haben, das ich vor zehn Jahren gemacht habe. Es ist nicht, dass ich das nicht mehr mögen würde, aber es ist wie wenn man auf eine Hausaufgabe zurückblickt, die man vor zehn Jahren gemacht hat und sagt: „Ja, ich bin exakt dieselbe Person, die dieses Essay für den Englischunterricht in der Zwölften geschrieben hat.“ Man hat einfach nicht mehr dasselbe Gefühl.

Gibt es auch keine Songs, die du jetzt noch gerne umändern würdest von früher?

[8:26]
Nein. Hier und da fragt man sich schon, was man sich dabei gedacht hat. Aber an dieser Stelle weiß man, dass man einen Grund hatte, das zu schreiben. Man weiß, dass diese Songs deshalb so gemacht worden sind, weil man sich damals so gefühlt hat und wir so spielen wollten und die Zuschauer darauf reagiert haben. Egal, ob es jetzt dasselbe wäre, aber es ist schlichtweg Vergangenheit. Es ist cool, zurückzublicken und diese Dinge wahrzunehmen. Es gibt nichts, was wir gemacht haben, das ich nicht mag oder bereuen würde. Aber es ist interessant, die eigene Entwicklung zu sehen, sich daran zu erinnern und zu sehen wie weit man gekommen ist.

Risiken eingehen - anders als je zuvor

Ihr habt auf eurem Album Ire sehr viel experimentiert und viel gewagt. Wie geht es euch mit den neuen Songs? Riskiert ihr weiterhin?

[9:17]
Es geht richtig gut voran bis jetzt, wir arbeiten hart daran und es funktioniert überraschend gut. Ire zu schreiben war ein schwieriger Prozess, weil wir so viel experimentiert haben und es so viele Veränderungen gab. Es hat sozusagen zehn Jahre unserer Erfahrung verändert. Wobei wir in der Zeit mit Ire genau das Album gemacht haben, das wir machen wollten. Jetzt haben wir das Selbstvertrauen und die Erfahrung um noch weiterzugehen und mehr davon mitzunehmen und zu realisieren. Es ist wie Zurechtschleifen; an vielen Dingen schleifen und mehr Risiken eingehen und diese Risiken dann noch größer machen. Ich bin total begeistert von der neuen Musik bis jetzt. Es ist nichts von dem, was wir früher gemacht haben, aber es ist immer noch total Parkway und immer noch sehr hart! (lacht) Lass es mich so ausdrücken, wir werden uns nicht in eine Pop-Band verwandeln.

Wirkung schaffen

Aber mit Ire habt ihr auch einen melodischeren Weg eingeschlagen. In einer Dokumentation habt ihr einmal erwähnt, dass ihr euch selbst zu Beginn der Band nicht als Musiker gesehen habt. Jetzt habt ihr mehr Erfahrung und viele Leute beschweren sich darüber, dass allgemein viele Bands poppiger oder melodischer werden mit der Zeit. Das kann man zum Beispiel bei Bring Me The Horizon erkennen. Denkst du, je mehr Erfahrung ein Musiker mit sich bringt, desto melodischer und auch poppiger wird die Musik?

[11:00]
Nicht unbedingt. Ich glaube, das hängt alles davon ab, was man machen will. Wir reden von einem Genre, wo Metal oder aggressive Musik non-stop aggressiv ist. Sobald man daran irgendetwas leicht verändert, wird man es bemerken. Für viele kann es ein poppiger und harter Song sein und für andere fühlt es sich an, als ob sie der Teufel anschreien würde. Nur, weil ein Typ schön singt, können die Riffs im Hintergrund immer noch absolut beängstigend sein für 99 Prozent der Leute. Wir haben diese Angewohnheit ein Mikroskop auf jedes kleine Teil anzusetzen und sobald es nicht non-stop aggressiv ist, ist es poppig. Ich weiß nichts von den kreativen Prozessen von anderen Leuten, aber wir wollen sichergehen, wenn es hart ist, dass es auch eine Wirkung hat. Der Schreibprozess hat sich bei uns mit dem Dunklen und Hellen befasst. Und wir wollen sichergehen, dass, wenn es düster und heavy ist, es auch wirklich düster und heavy ist. Aber, wenn man das wegnehmen kann und auch etwas Leichteres erschaffen kann, macht es das Ganze sehr schön, aber den harten Teil umso härter. Anstelle ununterbrochen schnell und hart zu sein, was wir früher gemacht haben, bekommt man diese Nuancen, die einem interessiert bleiben lassen. Und wir wollen interessante Sachen machen. Das ist es auch, wo die anderen Einflüsse und Tiefe hineingebracht wird. So bleibt es auch bewegend. Es hat uns sehr viel Entwicklung gekostet, besonders mich - und vor allem etwas mit meiner Stimme zu machen, das nicht nur ein Cookie-Monster ist. Wir haben absolut kein Verlangen danach, eine Softband zu werden. Ich habe keinen Bezug zur Popmusik und will auch keinen Nummer-Eins-Popsong schreiben. Ich glaube, es gibt diese generelle Einstellung von Leuten, die denken, dass die Bands, die groß werden, einfach nur berühmt sein wollen. Das ist uns aber egal. Uns ist es wichtig mit den Leuten eine Verbindung herzustellen. Ich werde nichts erschaffen, dass heruntergebrochen ist auf Leute, die nur eine abgemilderte Show mit ein bisschen Feuer sehen wollen. Ich will etwas kreieren, das etwas bedeutet. Uns ist es wichtig Musik zu erschaffen, die Intensität hat und einen im Herzen berührt und das Gehirn anspornt. Und das wird auch so bleiben! 

Dass Parkway Drive eine Wirkung schaffen und einen bleibenden Eindruck hinterlassen, in ihrer Musik sowie durch ihre aufwendigen Live-Shows haben sie sichtlich bewiesen. Eine Band, die ohne Zweifel für ihre musikbegeisterten Anhänger alles gibt - mit Liebe zur Musik!

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

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