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Magic Moshroom: Chelsea Grin im Interview

Poesie als dunkles Geheimnis

Quelle: M94.5 / Marina Hirschbichler

Sänger Alex Koehler von Chelsea Grin

Poesie, Veränderungen und der Vorteil von zwei Vocalisten: Wir haben Chelsea Grin Frontmann Alex Koehler zum Interview getroffen! 

Das Beste kommt zum Schluss: Beim letzten Konzert ihrer Self Inflicted-Tour durch Europa macht die Deathcore-Band Chelsea Grin Halt in München im Backstage. Mit ihrem aktuellen Album Self Inflicted sind die US-Amerikaner wieder zurück zu ihren musikalischen Wurzeln gegangen. Der M94.5 Magic Moshroom hat sich mit Frontmann Alex Koehler getroffen, um über das aktuelle Album zu sprechen, versteckte poetische Interessen aufzudecken und um herauszufinden, ob Deathcore tatsächlich tot ist.

Bei euren Shows geht es immer ziemlich ab, ob auf der Bühne oder im Moshpit. Wenn du zu einem Konzert gehst, gehst du auch im Moshpit ab oder stehst du hinten?

[01:13]
Alex: Ehrlich gesagt, war ich noch nie der Mensch, der gemosht hat oder vorne stand. Ich habe die Show lieber einfach angesehen. Aber es ist witzig, denn wenn ich jetzt als Performer die Leute im hinteren Bereich ansehe denke ich mir, dass sie Leute langweilig sind. Dann denk ich wieder: „Aber das bin ich und das ist, wie ich mir ein Konzert ansehen will“. So habe ich mir selber beigebracht, dass die auch das Konzert genießen, auch wenn sie nicht auf- und abspringen und durchdrehen. Manchmal ist es schön an der Bar zu sein, etwas zu trinken und deine Lieblingsband anzusehen. Das ist cool!

Zurück zu den Wurzeln

Musikalisch habt ihr eine große Entwicklung hinter euch. Im Juli 2016 habt ihr euer Album Self Inflicted veröffentlicht. Darauf geht ihr eher wieder zurück zu den Wurzeln. Ihr habt euch auch von eurem Gitarristen Jason Richardson getrennt, das hatte bestimmt auch Einfluss. Aber warum wolltet ihr wieder zurück zu euren musikalischen Wurzeln?

[3:45]
Alex: Das ist das Zeug, das ich immer spielen wollte. Wenn Chelsea Grin angefangen hat, war das die Musik für die ich Leidenschaft hatte. Hart und sludgy – ein aggressiver Sound. Es war cool für eine Weile zu experimentieren und die Grenzen zu sprengen, aber wir wollten alle das schreiben, was wir früher geschrieben haben. Und es sah so aus, als würden das unsere Fans auch von uns wollen. Das hat sich auch bewiesen, denn unsere alten Fanssagen zu uns „Ja, genau das wollte ich!“. So läuft es viel besser für uns.

Ende Januar 2017 habt ihr auch eine Deluxe-Version von Self Inflicted herausgebracht. Warum eine Deluxe-Version und keine EP oder Single mit zusätzlichen Tracks?

[4:45]
Alex: In der Musikszene heutzutage ist die Aufmerksamkeitsspanne der Leute so kurz. Der ganze Punkt mit dem Deluxe-Album und einigen weiteren Songs war, die Leute daran zu erinnern, dass wir immer noch da sind. Einfach um die Leute zurückzuholen und ihre Aufmerksamkeit wieder zu bekommen.

In Chelsea Grin waren viele Besetzungswechsel. Wie bist du persönlich mit diesen Wechseln innerhalb der Band zurechtgekommen?

[5:22]
Alex: Jede Veränderung, die wir hatten, war zum Besseren der Band. Da war keine Veränderung, die uns jetzt negativ betroffen hätte. Das passiert einfach, wenn man das (die Musik) für so lange macht. Manche Leute können damit umgehen, manche nicht, mit manchen kann man nicht gut zusammenarbeiten. Man muss die richtige Gruppe finden und das braucht eben seine Zeit.

Mir persönlich gefällt es total, dass du dich mit Pablo (Schlagzeuger) abwechselst beim Singen – besonders auf dem Song Clockwork. Wie läuft das mit dem Songwriting ab? Schreibt Pablo mit dir die Songlyrics?

[6:06]
Alex: Er schreibt auch Gitarrenteile und natürlich Schlagzeug. Er hat also die Hände voll zu tun damit. Ich übernehme die Lyrics und den Gesangsteil. Ich versuche nicht zu sehr abzuschweifen... Ich habe es viel besser bei diesem Album (Self Inflicted) geschafft, aber beim letzten Album (Ashes to Ashes) habe ich Teile geschrieben und Pablo meinte nur: „Keine Chance, dass ich das live machen könnte.“ Weil er irgendwelche krassen Schlagzeugteile spielen würde und ich hatte einfach nicht daran gedacht. Da bin ich etwas zu weit abgeschweift, aber es hätte krass geklungen. Wir haben auf jeden Fall eine gute Mitte gefunden und es macht sehr viel Spaß. Ich liebe es, dass wir einen zweiten Vokalisten in der Band haben.

Wie hat dich dieses Album persönlich verändert?

[6:50]
Alex: Zurück zu den Wurzeln zu gehen, hat uns gezeigt, dass das das ist, was wir die ganze Zeit schon hätten tun sollen. Es ist ein aufbauendes Gefühl zu wissen, dass wir es eigentlich immer richtig gemacht haben und zu wissen, dass wir damit aufhören können uns Gedanken darüber zu machen, etwas Anderes zu machen. Wir hatten bereits was wir brauchten – auch für unsere Fans. Das fühlt sich gut an und das ist das Zeug, das ich mag und das ich schreiben will. Das ist gut zu wissen für die Zukunft, wenn wir das nächste Album schreiben.

Ein versteckter Poesiefan

Bezüglich des Songwritings: Musik ist natürlich eine Kunstform. Poesie ist ebenso eine Kunstform, aber denkst du, dass Songlyrics auch zur Dichtung gezählt werden könnten?

[8:25]
Alex: Ja, so versuche ich zumindest meine Songs zu schreiben. Ich versuche sie immer in Dichtungsform zu schreiben.

Wirklich nach einem Schema und Endreimen?

[8:40]
Alex: Ja, es ist offensichtlich nicht perfekt. Aber, ich war immer schon ein großer Poesiefan.

Wer ist dann dein Lieblingsdichter?

[8:49]
Alex: Ich mag Edgar Allan Poe für seine düsteren Sachen. Ich weiß, dass er viel mehr als nur das düstere Zeug hat, aber seine düsteren Sachen haben mich inspiriert. Zum Beispiel sein Gedicht The Tell-Tale Heart. Auf unserem ersten Longplayer gibt es den Song False Sense of Sanity und der war stark beeinflusst von diesem Gedicht. Wenn man die Lyrics dazu liest, den Hintergrund weiß und thematisiert, dann könnte man meinen: „Oh ja, es ist eigentlich ähnlich wie das Gedicht.“ [...]

[9:31]
Alex: Ich denke alle haben ein dunkles Geheimnis. Manche bringen es zum Ausdruck und manche nicht...

The Last One Standing

In einem Interview mit Alternative Press meinte der Carnifex-Frontmann Scott Lewis, dass Deathcore zu ziemlich tot ist und nur noch einige Bands übriggeblieben sind. Wie siehst du das?

[9:50]
Alex: Ich denke, wir werden immer noch zum Deathcore gezählt. Wir sind nicht tot, also ich glaube, wir halten es immer noch aufrecht. Der Fakt, dass es ausstirbt ist nur gut für uns, weil wir uns treu bleiben. Wir bleiben originell und wenn es wirklich ausstirbt und wir die einzigen Übriggebliebenen sind, dann kann es nur gut für uns sein.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

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