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The Word Alive im Interview

Politische Ballkönige?

Quelle: M94.5 / Marina Hirschbichler

The Word Alive backstage

Düster, ehrlich und politisch. So zeigten sich The Word Alive vor ihrem Konzert in München dem Magic Moshroom.

Seit fast zehn Jahren sind The Word Alive in der Hard- und Metalcore-Welt vertreten. Drei Alben gibt es bereits von ihnen und erst vor kurzem - im März - haben sie ihre neue und vierte Platte „Dark Matter“ auf den Markt gebracht. Damit starten sie auch gleich eine Tour und was ist da naheliegender, als auch in Europa Halt zu machen?

 

Vor ihrem Auftritt in München im Backstage Club hat sie der Magic Moshroom noch hinter der Bühne getroffen. Gut gelaunt und in entspannter Atmosphäre wurden wir empfangen. Sänger Tyler „Telle“ Smith, Gitarrist Tony Pizutti und Bassist Daniel „Javier“ Shapiro haben mit uns über ihr aktuelles Album gesprochen und reißen zwischendurch gerne die einen oder anderen lockeren Witze - ob früher wirklich einer von ihnen Ballkönig war? Letztendlich kommen wir allerdings doch zu einem recht ernsten Thema. Sie haben uns nämlich auch verraten, was eigentlich alles in unserer Welt und im US-amerikanischen Politiksystem falsch läuft. Das ist nämlich kein Witz...

 

 

Bestes Album der Karriere

 

Ihr habt euer viertes Studioalbum „Dark Matter“ im März 2016 veröffentlicht. Wie seid ihr dieses Mal anders an das Album, das doch ein Konzeptalbum ist, herangegangen?

 

[00:28]

Telle: Was unsere Herangehensweise betrifft, wollten wir einfach das beste Album unserer Karriere machen. Wir haben sehr viel Zeit damit verbracht und uns letztes Jahr (2015) von Ende Frühling über den ganzen Sommer bis zum frühen Herbst dafür frei genommen, damit wir uns nicht stressen müssen. Es ist cool, so viel Zeit für ein Album zu haben, denn so viel Zeit hatten wir noch nie für irgendein anderes. 

 

Die Platte heißt ja „Dark Matter“ und es ist auch ziemlich dunkel und sehr ehrlich. Hattet ihr denn irgendwann Bedenken, dass es vielleicht zu ehrlich sein könnte?

 

[01:16]

Telle: Ich glaube nicht. Kunst soll ja manchmal mehrdeutig sein und manchmal den wirklichen Wert nennen. Es gibt schon Zeiten, wo Lyriks mal mehr misteriös und dann wieder mehr geradeheraus sind. Ich glaube, das ist eine Art der Selbstreflexion und dass man die Dinge herausbekommt. Aber alles ist so herausgekommen, wie es sollte. 

 

 

Ballkönig, Football-Kapitän und Bully?

 

Der Song „Insane“ hat mich besonders beeindruckt. Besonders die Zeile „wir sind alle verrückt, aber auf eine schöne Art und Weise“. Ich glaube, jeder kann sich damit identifizieren und besonders Leute, die vielleicht auch eher außenstehend sind. Als ihr in der Schule gewesen seid, wart ihr denn mal Outsider oder seid ihr schon gemobbt worden in euren früheren Zeiten?

 

[02:12]

Telle: Naja, ich war eigentlich Ballkönig. (lacht) Nein, ich hatte ehrlich gesagt nicht mal einen Ball. Da war schon einmal eine kurze Zeit, obwohl ich glaube, besonders seit wir als Band auf Tour sind, dass besonders unsere Fans sich manchmal als Außenseiter fühlen. Und unsere Musik hilft ihnen durch ihren Tag. Es ist eigentlich eher, dass wir mit ihnen mitfühlen und sie verstehen. 

 

Aber wirklich schikaniert seid ihr nie geworden früher?

 

[02:54]

Telle: Ich wurde schon kurz mal schikaniert, aber das war mir eigentlich eher egal. Es war, wie es war. Ich hatte mehr Angst davor mit meinen Eltern in Schwierigkeiten zu geraten, als mit Schultyrannen. Ich habe auch nicht wirklich einen Gedanken daran verschwendet. Die Leute sagen und tun was sie wollen und ich mache einfach mein Ding. Einige Leute werden das mögen, andere nicht. 

 

 

„Es geht so einiges schief in der Welt“

 

Das Lied „Sellout“ ist sehr politisch angehaucht - vor allem das Video. Wie wichtig ist es denn für euch politisch Stellung zu nehmen?

 

[04:41]

Telle: Es gibt schon einige politische Themen, die im Video angesprochen werden, aber uns geht es eher um das Schlechte, das auf der Welt passiert. Die Leute behandeln einander nicht so, wie sie es sollten. Unsere Politik in Amerika zum Beispiel… Ich habe das Gefühl, dass die Leute diese politische Situation derzeit in den USA eher belächeln. Als ob es ein Witz wäre. Es kommt eher wie Reality TV und zu unfassbar rüber. In den letzten zehn Jahren ist es von seriös zu Präsidentschaftskandidaten, die Witze reißen umgestiegen. 

 

[05:31]

Tony: Keiner nimmt es wirklich ernst - besonders die Medien und sozialen Netzwerke. Man sieht mehr Posts im Internet über lustige Überschriften oder Memes, als über die wirklichen Kandidaten. Es ist aber kein Witz! Es geht um den zukünftigen Präsidenten von unserem Land (USA) - dem Oberbefehlshaber. Und keiner nimmt es ernst. 

 

[05:58]

Tony: Genau! Und jeder sieht es als einen Scherz und postet Blödsinn darüber. Ich meine, ich bin ja auch selber schuldig, weil ich auch Dinge darüber poste. Ich finde es sogar total witzig irgendwie, aber das hilft uns trotzdem nicht weiter. Und so kommen wir zu keiner Lösung.

 

[06:10]

Telle: Es ist nur, wenn das die Mehrheit ist… Es wird immer Gutes und Schlechtes über jeden im politischen System weltweit geben, aber aus unserer Perspektive gesehen, gibt es derzeit sehr viel Negatives und viele Anhänger. Mit dem Song wollen wir hauptsächlich ausdrücken, dass diese Leute, gerade darauf warten, dass etwas passiert und sich etwas bedeutendes in ihrem Leben ändert. Aber sie tun selber nichts dafür oder dagegen. Sie tun nichts, um die Welt um sie herum, ihr Leben oder die Leute, die ihnen wichtig sind besser zu machen. Es ist, als ob die Welt abgesunken wäre mit alldem Shitstorm, den negativen Dingen und furchtbaren Ereignissen. Das Video soll den Leuten die Augen öffnen und ihnen zeigen, was aus unserer Welt und unserem Planeten gerade wird.

 

 

Glück im Unglück

 

Zum Abschluss möchte ich noch einmal auf „Insane“ zurückgreifen. Was ist denn das Verrückteste oder Schwachsinnigste, das ihr als Band schon erlebt habt?

 

[07:41]

Telle: Bei unserer ersten Headliner-Tour hatten wir 19 verschiedene Fahrzeuge. 17 oder 19, aber es war verrückt. Es ging immer irgendetwas kaputt oder hat nicht funktioniert. Ich glaube, einige Bands hätten schon längst alles hingeschmissen, aber wir haben die Welt bereist, vor 29.000 Zuschauern und mehr gespielt - in Manilla… Es ist nicht einfach, in einer Band zu sein, aber irgendwie haben wir es hinbekommen und ich glaube, das ist das Verrückteste, dass wir durch so viel durch mussten und trotzdem immer noch eine Band sind.

 

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

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