Adulescens Konzert und Interview
Silent Concert
Den sphärischen Sound der fünf Aichacher live, aber nur über Kophörer zu hören - so kontrastreich und speziell wie ihr Debütalbum "Ataxia".
Vor dem Konzert haben wir den Adulescens Bassisten Max Wallner zum Interview getroffen.
Ihr habt drei Jahre lang an eurem Debütalbum „Ataxia“ gearbeitet. Wieso hat es so lange gedauert? Wann war der Zeitpunkt erreicht, dass die Platte rund genug war?
Es gibt eigentlich nicht so genaue Faktoren, dass ich jetzt sagen könnte, warum so ein Prozess so lange dauert. Das nimmt einfach bei einer Band mit fünf Mitgliedern, die eine Infrastruktur braucht, Zeit in Anspruch. Und dazu kommt, dass wir erst eine Hälfte der Platte geschrieben und aufgenommen haben in einem Studio und dann die zweite Hälfte geschrieben. Das ist ein aufwendigerer Prozess, als wenn man sich an einem Stück mal ein halbes Jahr lang wo einnistet und ein Album schreibt. Ich glaube der einzige Faktor, der da dem entsprechen würde, wäre, dass wir basisdemokratisch sind. Deshalb werden auch viele Ideen, obwohl sie vielleicht gut sind, rausgeworfen. Und der Punkt, an dem wir uns einig waren, dass die Sache rund ist: Wir haben uns immer wieder in einer Hütte im Schwäbischen eingenistet, um dort Songs zu schreiben und da sind wir mal mit drei neuen Songs nach Hause gefahren. Und als diese Songs und die ersten Demos standen, war ein roter Faden da. Und wir dachten, vielleicht ist das jetzt so das erste Anzeichen dafür, dass die Basis des Albums steht.
Ihr habt für eure Tour etwas ganz besonderes vor, nämlich die Kopfhörerkonzerte. Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Das kam aus einem Selbstverständnis heraus. Wir haben da nicht lange nach einer besonderen Idee gesucht, sondern wir fanden die Idee einfach geil, mal ein Konzert nur mit Kopfhörern zu machen. So aus der Disco kennt man das ja auch schon ein bisschen. Und das haben wir dann ausprobiert, bei uns im Probehaus und das kam ziemlich gut an. Wir wollten es dann auf Tour machen, weil dadurch kann man das Debüt viel besser präsentieren. Die Platte ist so vielschichtig produziert und so detailverliebt, das kommt vielleicht über den Kopfhörer einfach besser.
Ihr habt in den drei Jahren in drei verschiedenen Studios gearbeitet. Wie hat der Umzug in euer aktuelles Probehaus die Arbeit an der Platte beeinflusst?
Vom Arrangement her eigentlich gar nicht, weil die Songs vorher schon standen. Also als wir in das Haus eingezogen sind waren die Songs schon fertig. Da gab es dann den Feinschliff. Da wurde bei den letzten drei Songs der größte Teil aufgenommen. Also maßgeblich hat es die Platte nicht verändert, aber wahrscheinlich den Sound an sich. Vielleicht hat es den Sound kratziger gemacht oder vielleicht auch poppiger.
Inwiefern spiegelt das Debüt die verschiedenen Schaffensperioden wieder?
Ich glaube das kann man tatsächlich lesen, wenn man wüsste, wann welcher Song entstanden ist. Aber es gibt meistens Blocks aus vier Songs und das sind die älteren Songs vom Album, die auch länger dauern. Da findet man noch viele Instrumentalparts. Dann wurde es eine kurze Zeit lang ziemlich poppig. Das sind dann die kurzen Nummern auf dem Album. Und dann gibt es nochmal drei Songs, die sehr eigen sind. Aber das hört man, glaube ich, sogar ein bisschen raus.
Ihr macht sehr sphärischen Sound. Wie drückt sich da ein Bedürfnis nach Harmonie aus?
Ich weiß gar nicht, ob wir so eine harmoniebedürftige Band sind. Eigentlich leben wir sehr von Gegensätzen. Die Harmonien spiegeln sich im Arrangement wieder, weil wir mittlerweile auch eine sehr poppige Instrumentierung haben. Das knallt immer auf ganz tanzbaren Discoparts. Und dann verzerrte Gitarren. Eigentlich ziehen sich da mehr die Gegensätze an, als dass die Harmonien miteinander tanzen. Deshalb ist eher kunterbunt und in sich dann dieser Fluss.
Augen zu, Musik an!
Am Eingang des Maxe-Belle-Spritz bekommt man zum Stempel auf das Handgelenk noch Kopfhörer in die Hand gedrückt. Die kleine Bar ist voll gefüllt mit jungen Menschen. Sie trinken Bier oder Spezi, unterhalten sich, wirken freudig und erwartend. Dann geht es los. Als Support ist „Like Lovers“ dabei. Mit dem ersten Gitarrenakkord verstummen die Gespräche. Alle sind plötzlich ganz bei der Musik. Der Applaus ist ehrlich, aber verhalten, so gespannt wirken die Zuhörer auf das, was kommt. „Ataxia“, die Debütplatte der fünf Aichacher tritt Stück für Stück an die Oberfläche. Der Sound ist klar, der Kopf ist drin. Benebelt und erfüllt von den flächigen Synthies, den dumpfen Basslinien und den teils verzerrten Gitarren. Die Stimme von Schlagzeuger Maximilian Wörle ist die tragende Konstante. Das Experiment gelingt. Nimmt man die Kopfhörer ab, hört man lediglich einen Bassverstärker, doch sogar der Gesang bleibt verborgen. Die Atmosphäre wirkt erst angespannt, löst sich dann aber auch schnell. Das Publikum beginnt zu tanzen, Spaß zu haben, sich der Musik hinzugeben. Es ist irgendwie verrückt. Ein Konzerterlebnis, das schnell ins Ohr geht, aber lange im Kopf bleiben wird.