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Jack Garratt, das Wunderkind

"That's G A Double R A Double T"

Quelle: M94.5 / Anna Madlindl

Jack Garratt

Nach einer Jack-Garratt-Live-Experience denkt man anders über Musik und versteht. Der Hype um den Briten? Vollkommen verdient.

Gitarre, Bass, Drums, Gesang und eventuell ein Keyboard: das Standardpacket einer typischen Indierockband. Doch was passiert wenn all das von nur einer Person gespielt wird? Verrückt, unmöglich, absurd? Falsch! Wer ein Konzert von Jack Garratt besucht, erlebt genau das: der junge Mittzwanziger verkörpert alles, was man sich von einem Multi-Instrumentalisten verspricht. Dabei bleibt er - dank charmantem British-English und Latzhosen-Look - ein absolut bescheidener Typ. Während er also auf der Bühne steht und ganz selbstverständlich gefühlt 100 Instrumente alleine und gleichzeitig spielt, wagt sich Jack Garratt auch soundtechnisch an so ziemlich jedes Genre: Rock, Alternative, Pop, Rap, Elektro, Modern Soul, Dubstep. Er ist ein Phänomen, das live Angst macht.

"The point is that I can have fun with the audience."

Jack Garratt live auf der Bühne zu sehen, überzeugt auch den letzten Skeptiker davon, dass der Hype um den jungen Engländer berechtigt ist. Er gewann nicht nur den renommierten BRIT Critics' Choice Award 2016, sondern kann sich auch den Platz 1 der BBC Sound Of 2016-Liste, Auftritte beim Glastonbury Festival und SXSW, UK-, US- und Europa-Tour auf seine Erfolgsliste schreiben. Gleichzeitig und fast schon beiläufig dazu erschien im Februar 2016 dann auch endlich sein Debütalbum "Phase" bei Universal. Major label, major business.

"It just so happens I'm making music that people are enjoying."

Aber das war nicht immer so: es gab eine Zeit vor dem roten Bart, eine Zeit, die Garratt nur mit Gitarre und Bluesmusik verbrachte. Und geht man noch weiter zurück, stößt man sogar auf eine - ziemlich enttäuschende - Teilnahme beim Junior Eurovision Song Contest für sein Heimatland 2005. Ja, Garratt hat eine Vergangenheit. Aber wie war das noch mit Brüchen im Lebenslauf? Zeigen die nicht, dass man sich verändert und weiterentwickelt hat? Wenn der 24-Jährige auf ein Foto von sich mit 18 Jahren schaut, wird ihm seine Vergangenheit bewusst. Aber statt Reue blickt er voller Stolz darauf zurück; für ihn ist das Leben ein Lernprozess, dem er sich nicht verweigert. Jeder Mensch verändert sich, kommt in die Jahre - und in 5 Jahren, hofft Garratt wieder ganz anders auszusehen und auch als Mensch anders zu sein.

Aber ein solcher Prozess braucht Zeit. So wie auch das erste Album Zeit gebraucht hat. 2014 erschien die erste EP "Remnants", 2015 die zweite EP "Synesthesiac" und 2016 dann endlich das langersehnte Debüt "Phase". Natürlich spielt, schreibt und produziert er sämtliche Songs selbst. Deshalb wird hier auch nichts überstürzt. Garratts ältester Song ("Surprise Yourself") wurde erstmalig auf dem Album veröffentlicht, nachdem er vier Jahre daran gebastelt hatte. Es musste perfekt sein.

"It's not because I want to be the only person in the spotlight."

Perfektion ist das Eine, Kontrolle das Andere. Und genau diese Kontrolle braucht er. Selber zu entscheiden, wie etwas gemacht wird und wann es tatsächlich fertig ist, gehört für Jack Garratt zum kreativen Prozess dazu. Sollte er sich doch Unterstützung holen, dann nur von Leuten, denen er vertrauen kann; mit Fremden zusammen im Studio zu stehen, funktioniert für ihn nicht. Das wiederum legt weitere Charakterzüge der musikalischen Ausnahmeerscheinung offen: seine Sensibilität, Bescheidenheit und Selbstzweifel. Wenn er seine Songs live spielt, ist er in seinem Element. In den Pausen zwischen den Liedern ist er bei Weitem nicht mehr so selbstsicher und geübt. Hier macht sich eine charmante Unsicherheit seinerseits bemerkbar, die sich aus seinen Songs nicht ablesen lässt.

"The colour of my music is all of them."

Natürlich ist Liebe ein Thema. Verlassen und Verlassen werden, Besessenheit und Abhängigkeit ("Worry"), sich seinen Ängsten stellen und über sich hinaus wachsen ("Surprise Yourself"). Ein anderes Thema, das ihn fasziniert, ist Synesthäsie: die gleichzeitige Wahrnehmung verschiedener Sinne, die einen beispielsweise auch Musik sehen lässt. Nicht ohne Grund finden sich bei ihm die Titel "Synesthesia Pt. I - III", die - überladen wie sie sind - die Wahrnehmung fordern.

Jack Garratt befindet sich trotz Flugangst im Höhenflug. Er beeindruckt seine Hörer und vor allem sein Live-Publikum durch sein Ausnahmetalent, seine Ideen und deren Umsetzung. Zeit, den Engländer selbst zu Wort kommen zu lassen.

 

Platte des Monats

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
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Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
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