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David Sanchez von Havok im Interview

Was gesagt werden muss

Quelle: M94.5

David Sanchez im Interview mit dem Magic Moshroom

Leider wird im Thrash-Metal nicht nur Nächstenliebe großgeschrieben. Sänger David Sanchez von Havok kann nur allzu gut ein Lied davon singen.

Die 2004 von David Sanchez in Colorado gegründete Thrash-Metal Band Havok hatte es anfangs nicht leicht. Zunächst war das Interesse für Thrash-Metal um die Jahrtausendwende nicht gerade groß. Nachdem gerade der Hype um das Genre Nu-Metal so langsam am abflachen war, lauerte am Horizont schon die Metalcore-Bewegung, die das Potenzial hatte, das nächste große Ding im härteren Musikbusiness zu werden. Havok ließen sich aber nicht davon beirren und bauten über die Jahre hinweg durch hohe musikalische Qualität, konstantes Touren und bis dato vier Albumreleases ihre Fanbase aus.

Am 10. März diesen Jahres erschien nun auch ihr viertes Album "Conformicide" auf dem sich die Thrash-Combo mit durchdachten, kritischen Texten und unwiderstehlichen Riffs von ihrer besten Seite zeigt. Zur Zeit sind sie mit den Bands Gorod, Exmortus und Warbringer auf Europatour und haben am Ostermontag auch halt im Feierwerk in München gemacht. Dort traf sich der Magic Moshroom mit Bandleader David Sanchez kurz vor der Show zum Interview im Tourbus.

 

Morgen habt ihr den ersten Tag seit dem Beginn eurer Tour durch Deutschland frei. Habt ihr vor in München etwas Sightseeing zu machen, bevor es nach Wien weiter geht?

[00:08]

David: Wir haben nicht viel Zeit und hier in München ist es auch regnerisch. Darum werden wir schon heute Nacht nach Wien weiterfahren, wo das Wetter hoffentlich besser ist.

Es war für den Thrash-Metal eine schwere Zeit als du Havok 2004 gegründet hast, besonders da mit Bands wie Killswitch Engage, Parkway Drive und Bring me to Horizon der Metalcore gerade dabei war durchzustarten. Wie ist dir diese Zeit in Erinnerung geblieben?

[00:28]

David: Zu dieser Zeit gab es nicht viele Bands, die Riffs spielten. (lacht) Deswegen habe ich meine eigene gegründet, weil es die Musik, die ich hören wollte nicht gab. Ich habe mit dem Hintergrundgedanken angefangen, dass wenn die alten Bands alle im Ruhestand sind, man immernoch die Möglichkeit hat, Thrash-Metal live zu sehen.

Was hast du von der Metalcore-Bewegung gehalten, die es ja zur gleichen Zeit gab? Hat dich das auch interessiert oder hast du gesagt: Ich spiele nur Thrash?

David: Thrash gefällt mir als Metal am besten. Aber ich mag viele Stile die sogar gar kein Metal sind.

Zum Beispiel?

David: Ich habe mir ja vorhin Mr. Bungle angehört. Aber ich höre auch viel Jazz, klassische Musik und Funk, wie Frank Zappa.

"Es gibt keine Notwendigkeit, noch mehr Lieder über Satan [...] zu schreiben."

Im Thrash-Metal basieren die Texte ja schon immer auf Politik- und Sozialkritik. Auf Facebook habt ihr kürzlich ein Meme gepostet, das sich über die Anhänger der "Flat Earth Society" lustig macht. Was motiviert euch, mit eurer Meinung zu solchen Themen an die Öffentlichkeit zu gehen?

[01:40]

David: Ehrlich gesagt, weiß ich das gar nicht so genau. Wir mögen es einfach die Leute etwas aufzuwühlen. Außerdem bekommt man für Anti-Flat Earth Bilder viele Kommentare, das hat ja auch geklappt. (lacht) Das ist einfach lustig. Aber über die Texte auf dem neuen Album drücke ich wirklich aus, was ich denke und sage Dinge, von denen ich der Meinung bin, dass sie auch gesagt werden müssen. Und weil das niemand anderes tut, halte ich meinen Kopf hin. Es gibt wirklich keine Notwendigkeit, noch mehr Lieder über Satan, Mord und solchen Mist zu schreiben. Die ganze Thematik ist schon so erschöpft, das ist doch alles schon tausendmal gemacht und gespielt worden. Getreu dem Motto: Los, sagt etwas das wirklich von Bedeutung ist! Und genau das mache ich auch.

2014 warst du in den Rocky Mountains wandern und hast dir dabei dein Handgelenk gebrochen. Deswegen konntest du ziemlich lange nicht Gitarre spielen und hast das Songwriting für Conformicide auf einem Keyboard gemacht! Wie hat diese neue Erfahrung den Schreibprozess der neuen Platte beeinflusst?

[02:30]

David: Ja, manche Sachen musste ich mit einem Keyboard und einem Drumcomputer machen, weil ich ja nicht Gitarre spielen konnte. Während dieser Zeit habe ich viele Texte geschrieben und ich glaube die Tatsache, dass ich selber so im Eimer war und nicht so Musik machen konnte wie sonst, hat viel dazu beigetragen, wie ungehalten die Texte geworden sind. Rückblickend ergibt das eigentlich viel Sinn: Als mein Handgelenk gebrochen war, habe ich viel ziemlich wütendes Zeug geschrieben (lacht). Das hat wirklich viel Einfluss auf die Aggressivität des Albums gehabt.

Thrash-Metal auf dem Keyboard

 

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Hast du auf dem Keyboard dann auch Riffs geschrieben oder nur Akkordprogressionen?

David: Mit dem Keyboard habe ich tatsächlich nur die Grundlagen geschrieben.

Vermutlich hat dich das Schreiben mit dem Keyboard aber auch auf neue Ideen gebracht.

David: Ja, man achtet auf jedes Detail und wird sich noch einmal bewusster über das, was man eigentlich musikalisch ausdrücken möchte. Ich bin ein fürchterlicher Keyboardspieler, aber irgendwie finde ich die Noten schon immer. (Gelächter)

Aber es hat dich anscheinend definitiv gejuckt nach deinem Unfall gleich mit der Musik weiterzumachen und nicht erst abzuwarten.

David: Natürlich, ich wollte vorwärts kommen und trotz des Bruchs haben wir wirklich viel geschafft.

Ein Kniefall vor den Klassikern des Thrash-Metal

Auf den vorangegangenen Alben warst größtenteils du für das Songwriting verantwortlich. Bei Conformicide war jedes Bandmitglied auf die eine oder andere Weise beteiligt. Ist es dir leicht gefallen, die führende Rolle teilweise abzugeben und zu teilen?

[03:48]

David: Ich habe trotzdem einen sehr großen Teil komponiert und arrangiert, denn das ist immer noch das von dem ich denke, dass ich gut darin bin. Reece hat aber viele Riffs beigetragen, Nick hat einige Basslines geschrieben und Pete hat sich ein paar wirklich coole Drums einfallen lassen. Bei dieser Platte hat also jeder mehr von seinem eigenen Style eingebracht als zuvor und das finde ich ziemlich klasse. Das hat mir auch sehr viel Spaß gemacht.

Das erste Album, Burn, ist ein Kniefall vor den Klassikern des Thrash Metals. Das zweite, Time is up,  fügt schon einen modernen Touch hinzu und hebt die Musikrichtung auf eine neue Ebene. Unnatural Selection, eure dritte Scheibe, vermischt das Beste von beiden Alben. Wie würdest du in dieser Entwicklung also euer viertes Album einordnen?

[04:20]

David: Ich denke es ist bisher unser vielfältigstes und dynamischtes Album. Auf der Platte finden sich viele verschiedene Einflüsse und ich denke es zieht vor dem Oldschool Thrash auch den Hut. Es finden auch sich viele Elemente, die ich so bislang noch bei keiner anderen Metalband gehört habe. Beim Bass gibt es zum beispielsweise viel mehr Slaptechnik als bei allen anderen Metalbands die ich kenne, außer vielleicht bei Suicidal Tendencies…

Oder KoRn...

David: Ja, oder KoRn. (lacht) Aber die stimmen ihre Instrumente ja so tief, dass man bei denen keine verdammte Note mehr raushört!  Wenn man bei unserem aktuellen Album die Texte und die Musik zusammen nimmt, gibt es wirklich nichts Vergleichbares, denn, wie schon gesagt, wir thematisieren wichtige Dinge, die viele Leute denken, aber nicht aussprechen, vor allem nicht in der Musik. Es ist eben unsere dynamischstes und vielseitigstes Platte und auch unser Lieblingsalbum. Da sind sich alle Bandmitglieder einig darin.

Thrash-Legende Dave Mustaine in seinem Element

 

Jemand der sich auch mal das Handgelenk gebrochen hat und das Gitarrespielen wieder komplett lernen musste ist Megadeth-Mastermind Dave Mustaine. Er ist ja berühmt für seine Wutausbrüche auf der Bühne und im Internet. 2016 hattet ihr mit ihm wegen nichtannehmbarer Verträge zur gemeinsamen Tour Streit. Wie war das mit einer der führenden Figuren der Thrash-Metal Geschichte im Clinch zu liegen?

[05:27]

David: Es hätte eigentlich gar nicht so breitgetreten werden müssen, wie es dann letztendlich wurde. Dave Mustaine ist auf Twitter einfach total ausgestiegen und hat ziemlich viel Mist und Lügen über uns erzählt. Er hat sich online wirklich aufgeführt wie ein kleines Teenager-Mädchen. Wir haben dazu gesagt, was gesagt werden musste und sind sehr professionell damit umgegangen. Eigentlich gibt es dazu auch nicht wirklich viel mehr dazu zu sagen, weil ich das bereits öffentlich im Internet getan habe. Es war einfach dämlich und hätte auch nicht sein müssen. Aber es wurde einfach bis zum Maximum aufgeblasen und schließlich hat Herr Mustaine einfach in der Öffentlichkeit mal wieder die Fassung verloren. (lacht)

Das war ja auch nicht zum ersten Mal.

David: Ja, klar ist das keine Überraschung mehr aber dennoch heißt das nicht, dass das weniger bescheuert ist. Vor allem bei jemanden in diesem Alter und mit diesem Status. Dass sich so jemand in dieser Art und Weise in aller Öffentlichkeit aufführt ist… interessant.

War er denn vor dem Vorfall eine Art Idol für dich?

David: Natürlich! Musikalisch blicke ich immer noch zu ihm auf.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

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