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Politik in der Musik

Wenn Musiker politisch werden

Autor(en): Salomé Schwarz am Freitag, 23. Juni 2017
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Quelle: audiolithbooking.net

Frittenbude

Frittenbude müssen dank politischem Statement einen Shitstorm auf Facebook über sich ergehen lassen. Ist das gerechtfertigt?

Freitag, 3. Juni 2016. Tausende Menschen feiern bei Rock am Ring auf dem ehemaligen Militärflugplatz in Mending. Es wird getrunken, getanzt, gelacht, genossen. Themen wie die Flüchtlingsproblematik, die EU in der Krise oder die allgemein angespannte politische Lage in Deutschland scheinen weit entfernt in dieser Parallelwelt aus Musik und Euphorie. Der Auftritt der Geisenhausener Elektropunk-Band Frittenbude allerdings macht bewusst, dass diese Probleme nicht aus der Welt sind.

„Fuck you AfD! Fick dich tief, AfD!“

Die Ansagen zwischen den Songs nutzt die Band, um ein politisches Statement zu setzen. Frontmann Johannes Rögner warnt davor, dass sich Deutschlands schreckliche Vergangenheit wiederholen könnte. Damit bezieht er sich auf den Zuwachs, den die rechtspopulistische AfD in kurzer Zeit erhalten hat. „Fick dich tief, AfD!“ ruft er von der Bühne. Das Publikum jubelt, „Antifaschista“ und „scheiß Nazis“-Rufe sind zu hören. Alle scheinen glücklich, die Party geht weiter.

Shitstorm auf Facebook

Ein Jahr nach dem politisch geprägten Auftritt von Frittenbude bei Rock am Ring kommt es zu unerwarteten Folgen. Wer auf die Facebook-Seite der Band geht, der sieht dort eine erstaunlich hohe Zahl an negativen Bewertungen. Dabei handelt es sich allerdings nicht um Musikkritiker, denen die letzte Platte von Frittenbude nicht gefallen hat. Die Kommentare drehen sich beinahe ausnahmslos um die kritischen Äußerungen der Band gegenüber der AfD. Begonnen hat dieser politische Shitstorm interessanterweise erst ein Jahr nach besagtem Auftritt. Auf rechten Seiten wurde die Nachricht von der „Hetze“ seitens der Geisenhausener erst nach Rock am Ring und Rock im Park 2017 verbreitet, als hätte das Ganze dort stattgefunden. Dazu kam die Aufforderung, die Band auf Facebook zu boykottieren und so viele negative Bewertungen wie möglich zu hinterlassen. Viele der Kommentatoren bezeichnen Frittenbude als „undemokratisch“ und kritisieren es, so deutliche politische Aussagen auf einem Festival anzubringen. Immerhin sei die eigene politische Einstellung privat und Prominente sollten nicht versuchen, ihre Fans zu manipulieren.

Dürfen Musiker politisch sein?

Dass es sich in oben beschriebenem Fall nicht um objektive Kritik handelt, steht außer Frage. Die Diskussion, ob und inwiefern Prominente ihre durch Kunst generierte Plattform für politische Aussagen nutzen sollten, taucht allerdings immer wieder auf. Dürfen Musiker, die aufgrund ihrer Musik Fans haben, diese Fans dazu auffordern, eine bestimme Partei zu wählen, oder zu boykottieren? Sind Kunst und Politik getrennte Gesellschaftsbereiche?

Im Grunde eine absurde Diskussion. Kunst und allen voran die Musik waren schon immer politisch und sollten es auch sein. Musik schafft einen Raum, in dem politische Themen vielen Menschen erst zugänglich gemacht werden. Lieder verbreiten sich schnell, Lieder vermitteln Emotion und Stimmung. Genau das macht sie zu wichtigen Trägern politischer Botschaften. Auch wenn Liebe, Sex und Parties die wahrscheinlich beliebtesten Themen der Musikwelt sind, gibt es in der Musikgeschichte durchgehend Beispiele für politisch motivierte Musik in der Popkultur. Ganze Genres begründen sich erst in dem Wunsch, politischen Interessen Ausdruck zu verleihen. Der Punk Rock der 80er zum Beispiel war fast ausschließlich linkspolitisch orientierte Systemkritik. Auch moderne Musiker beschäftigen sich viel mit Politik. Allein im US-Wahlkampf veröffentlichten zahlreiche Künstler und Bands Stücke über die politische Lage Amerikas. In Deutschland sind vor allem viele Rapper und auch Bands wie die oben genannten Frittenbude, aber auch Feine Sahne Fischfilet oder die Donots eindeutig daran interessiert, politische Meinungen in ihrer Musik zu vertreten und das zu Recht.

Oft wird das Problem auch nicht in politischen Songs an sich, sondern in Statements seitens der Künstler außerhalb ihrer Kunst gesehen. Auch das ist haltlose Kritik. Ein Musiker darf, wie jeder andere, eine Meinung haben und diese Meinung auch öffentlich kundtun. Das ist weder Manipulation, noch undemokratisch. Man möchte sogar meinen, es sei in höchstem Maße demokratisch. Immerhin werden so politische Themen in die Öffentlichkeit transportiert und zur Diskussion gestellt. Ob man die Meinung des Musikers dann gut findet oder nicht, das ist dem Zuhörer natürlich selbst überlassen.

 

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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