Störerhaftung fällt
Weg frei für offene Hotspots
Einigung in der Bundesregierung: Die "Störerhaftung" wird abgeschafft. Damit fallen für Hotspots etliche Hürden weg. Wir haben Antworten.
Die Entscheidung ist am Mittwoch Morgen gefallen: Die sogenannte Störerhaftung wird nach langer Debatte abgeschafft - freies WLAN in Deutschland kann kommen, ganz ohne rechtliche und technische Hürden.
— Heiko Maas (@HeikoMaas) 11. Mai 2016
Was ist die Vorgeschichte zur Debatte?
Bisher war die Regel in Deutschland ganz einfach: Wer anderen Personen (juristisch: "Dritten") erlaubt, sein WLAN-Netzwerk zu nutzen und damit zu surfen, musste aufpassen. Denn begeht ein Dritter über den Hotspot im Netz eine Straftat, dann haftet der WLAN- Betreiber - er kann auch kostenpflichtig abgemahnt werden. Lädt jemand zum Beispiel illegal Songs aus dem Internet, muss der Betreiber des WLAN-Netzwerkes dafür gerade stehen - so will es die sogenannte "Störerhaftung".
Ein Gutachten des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sah das aber anders. Das Landgericht München hatte den EuGH in Luxemberg gebeten, zu klären, ob ein Geschäftsinhaber für einen illegalen Download über sein WLAN-Netz durch einen Dritten verantwortlich gemacht werden kann. Die europäischen Richter sagten: Nein.
Da waren aber die Verhandlungen zwischen den deutschen Regierungsparteien über eine Neuregelung längst ins Stocken geraten. Die Union forderte die Haftungsbefreiung von Vorschalteseiten oder Passwortsicherung abhängig zu machen. Der EuGH sprach sich in seinem Gutachten gegen solche spezifischen Voraussetzungen aus. Das Gutachten aus Luxemburg brachte keine Einigung bei SPD und Union. Nach Jahren ist der Streit jetzt offensichtlich beigelegt.
Was genau wurde jetzt beschlossen?
Konkret heißt die noch voerst nur koalitionsinterne Vereinbarung: Das Telemediengesetz soll so geändert werden, dass WLAN-Anbieter von jeglicher Haftung (straf-, verwaltungs- wie auch zivilrechtlich) befreit werden.
- "Da das deutsche Recht keine Unterscheidung zwischen gewerblichen oder privaten Anbietern kennt, gilt diese Klarstellung für alle Betreiber, die ein freies WLAN anbieten" -
Mitteilung der SPD-Bundestagsfraktion
Die Gesetzesänderung soll Rechtssicherheit für alle WLAN-Betreiber schaffen. Schon kommende Woche soll die Gesetzesänderung im Bundestag Thema sein. Kritiker betrachten die Einigung von SPD und Union mit Vorsicht.
- "Schon häufig schien die bedingungslose Streichung der Störerhaftung in den vergangenen Jahren zum Greifen nahe." -
Verein Digitale Gesellschaft in einer Mitteilung
Auch schon ;p Ich feier sobald es ohne Einschränkung vom Parlament beschlossen ist ^mm https://t.co/Ah1UnokDAQ
— freifunk (@freifunk) May 11, 2016
Wie sieht die Änderung konkret aus?
Neu ist: Neben gewerblichen sollen jetzt auch privat und nebengewerblich angebotene Hotspots von der Störerhaftung befreit werden.So muss ein Café-Besitzer keine technischen Maßnahmen mehr ergreifen, um sein WLAN-Netz vor Rechtsverletzungen durch Nutzer zu schützen. Konkret heißt das: Inhaber von WLAN-Netzwerken brauchen keine Passwörter oder sogenannte Vorschalteseite mehr, auf der Nutzer ihren Namen oder ihre E-Mail-Adresse angeben müssen. Aktuell müssen sich so Nutzer der öffentlichen Hotspots auf dem Münchner Marien- oder Odeonsplatz einloggen.
Unverschlüsselte Router sind für Bertreiber kaum noch ein Problem. Foto: M94.5/ Reil
Jeder Anbieter von WLAN Netzwerken, egal ob Privatperson oder Restaurant, stellt dann nur noch die Internetverbindung zur Verfügung, ist aber nicht mehr für das Surf- und Fehlverhalten der Hotspot-Nutzer verantwortlich.
Die nahezu weltweit einizigartige Störerhaftung gehört dann der Vergangenheit an.