Yuck - Yuck
Platte des Monats April 2011
Vor gut sechs Jahren gab es eine der letzten größeren Evolutionen im Britpop. Nach dem dreckigen punkigen Sound, den zu Anfang des Jahrzehnts die Libertines im UK geprägt hatten, wurde es ein Stückchen feiner auf der Insel. Man hatte die Gang of Four mit ihren zerhackt klingenden Gitarrenlicks als Vorbild gefunden und Bands wie Franz Ferdinand oder Bloc Party sprossen wie die Pilze. Nun scheint eine neue Musikrichtung reif für die Wiederauferstehung und mit dem Wechsel zum shoegazigen, flächigen und noisigen Sound werden die 80er - etwa in der elektronischen Musik - verlassen und die 90er betreten. Als Blaupause dient nun also nicht mehr die Gang of Four, sondern Sonic Youth, Pavement und Dinosaur Jr. Das Disco-Schlagzeug ist ebenfalls ad acta gelegt.
Wer das „Bäh“ findet, ist übrigens schon geradewegs bei Yuck gelandet. Das Quartett hat sich nämlich nach genau dieser Ekelsbekundung benannt. Yuck kreieren ihren eigenen Sound aus den berühmt gewordenen Referenzen und klingen nicht wie eine Coverband. Eher schon sollte man sie eine „optische Band“ nennen. Denn zu den zwölf Albumtracks gesellen sich mittlerweile schon acht Musikvideos, die auch EP-Songs bebildern.
Auf dem Album findet man viel Postrock, viel Shoegazing und viel Indiepop. Yuck, das gleichnamige Album, ist eine sehr heterogene Platte. Songs wie Georgia, The Wall oder Get Away sind schnell und Dancefloor-kompatibel und mischen sich mit balladesken Songs, die Elliot Smith im Blut haben. Dazu gibt es weit ausladende Postrockflächen wie in Rubber, mit dem das Album endet und zu dem übrigens auch das Video empfohlen sei.
Das dominierende Element in Yucks Musik sind unüberhörbar die noisigen Gitarren, wie man sie in letzter Zeit aber nicht mehr nur von den eingangs zitierten „üblichen Verdächtigen“ her kennt. Auch bei Jenny and Johnny oder Best Coast spielten sie letztes Jahr schon eine wichtige Rolle. Bei den Amerikanern ging es musikalisch zwar noch mehr in Richtung Surfrock; Best Coast haben aber zum Beispiel nicht mal einen Bassisten, während man der Produktion von Yuck den vor allem den Gitarren weggedrehten Bass ständig anhört. Nicht zuletzt daraus entsteht der krachige, ruppige und ungeschliffene Sound.
Yuck gelingt es außerdem, das Kapitel Distortion noch einmal so aufzuschlagen, dass man sich zwar an die Shoegazerklassiker erinnert fühlt, aber eben nicht angewidert „Plagiat!“ schreien muss, sondern alles unglaublich charmant findet. Man hört ihnen sogar auf Platte eine unglaubliche Leichtigkeit und Spielfreude an. Der Skatepunk kalifornischer Prägung findet auf diesem Wege Eingang in das Album; die Anfang 20-Jährigen haben mit Blink182 und NuMetal eben Teenie-Mucke gehört, als sie Teenies waren.
Mit Yuck wechselt England nicht nur das Jahrzehnt und die musikalische Grundausrichtung im Britpop, sondern auch den Winter gegen den Sommer aus. Die erste Sommerplatte des Jahres sei euch also hiermit ans Herz gelegt. Wenn euch der Fahrtwind auf dem Fahrrad im englischen Garten die Haare durcheinander weht: Dann radelt ihr in dem Moment nämlich nicht unbedingt – aber ihr hört gerade ganz sicher Yuck.