Kreisky – Blick auf die Alpen (Buback/ Indigo)
Platte des Monats April 2014
Regenwettergitarren mit Mut zur Melodie: Kreisky trauen sich mit ihrem neuen Album "Blick auf die Alpen" aufs Pop-Glatteis ohne dabei ihre schlechte Laune zu verlieren. Das könnte auch denjenigen gefallen, denen die Band aus Österreich bisher zu sperrig und zu bleiern war.
Regenwettergitarren mit Mut zur Melodie: Kreisky trauen sich mit ihrem neuen Album "Blick auf die Alpen" aufs Pop-Glatteis ohne dabei ihre schlechte Laune zu verlieren. Das könnte auch denjenigen gefallen, denen die Band aus Österreich bisher zu sperrig und zu bleiern war.
Zusammen mit Ja, Panik und Gustav sind Kreisky so etwas wie das Aushängeschild der auch (aber nicht nur) unterhalten wollenden Musik aus Österreich. Und die Band schreibt das "auch" auf ihrem vierten Album so groß wie noch nie. Kreisky klingen schmissiger, verspielter und vielseitiger denn je. Die insgesamt neun Songs werden fast ausnahmslos von prägnanten Melodien getragen und sind zudem mit allerlei Pop-Zierrat geschmückt. Allen voran eine mal wohlklingende, mal schief pfeifende Orgel, die in jedem zweiten Song wohlige Erinnerungen an den Sound der 60ies weckt. Aber auch Kraftwerk-Synthies, countryeske Shuffle-Beats und Beatles-Chöre versüßen die kritische Betrachtung der geschäftigen Menschen in der Alpenrepublik und ähnlichen Ländern.
Ausgangspunkt dieser Ausflüge in die Pop-Musik-Historie ist aber immer noch Punkrock im weitesten Sinne: Krachige Postpunk-Gitarren gehören zur Grundausstattung von Kreisky, genau wie der nörgelige und bisweilen an die Goldenen Zitronen erinnernde Gesang von Kreisky-Sänger Franz Wenzl. Das passt insofern, als Punk ja die musikalische Ausdrucksform des Angekotzt-Seins schlechthin ist: Und das sind Kreisky nach wie vor, auch wenn sie hier und da ein wenig Verständnis für die jeweiligen Geschichten und Menschen zeigen, egal ob sie von zynischen Medienleuten, verlogenen Karriere-Typen oder gescheiterten Existenzen erzählen.
Alte Feindbilder zeitgemäß verpackt
Dabei greifen sie immer wieder klassische Pop-Musik-Themen auf: Teenager-Dramen wie in "Weinkrämpfe" oder "Wir machen uns Sorgen um dich", Spießer-Verachtung wie im Titelsong "Blick auf die Alpen", Industrie-Hassliebe wie im kleinen Hit "Pipelines". Ziemlich abgegriffene Feindbilder, bei denen sich Kreisky da bedienen. Und es wäre nicht nur altbacken und langweilig, sondern sogar peinlich, wenn die vier-erwachsene-Männer-Band das nur trotzig und wütend rüberbringen würde.
Aber wir haben nicht mehr 1978 oder gar 1968, das wissen natürlich auch Kreisky: Immer wieder wechseln sie die Perspektive, etwa wenn sie in "Wir Unterhaltenen" nicht nur die empathieunfähige Medien-, sondern auch die ebenso gefühllose Zuschauer-Meute ins Blickfeld nehmen. Und immer wieder scheint der typisch Wenzl'sche Humor durch, wenn er zum Beispiel in "Wir machen uns Sorgen um dich" Sätze spricht wie "Und du rauchst, aber das… hab ich schon gesagt."
Alles nicht so einfach, also? Vielleicht. Alles nicht so ernst gemeint? Nein. Aber der Ekel vor der Durchschnittsbevölkerung ist sicher auch deshalb nicht so stark, weil man sich schließlich selbst immer wieder in schrecklich durchschnittlichen Situationen wiederfindet. Kreisky schaffen es, diese Erkenntnis mit Wut und Witz in entwaffnend eingängige Songs zu verpacken. Musik mit Haltung at its best.
„Blick auf die Alpen“ von Kreisky ist am 21. März auf Wohnzimmer Records und Buback/ Indigo erschienen.