Flume - Flume [Universal/Cooperative]
Platte des Monats Februar 2013
Flume - Flume (c) 2013, Universal Music Intern. Division / Cooperative
Der australische Produzent Harley Streten a.k.a. Flume ist einer der talentiertesten Newcomer im Bass-Genre. Sein Debütalbum spiegelt alle Facetten der Bassmusik wider.
Der australische Produzent Flume hatte vor 12 Monaten gerade einmal hundert Fans auf Facebook. Heuer sind es über 100.000. Woran das liegt? Er ist einer der talentiertesten Newcomer im Bass-Genre und hat mit seinem Debütalbum in Australien Teenieschwärme Justin Bieber von Platz eins gedrängt. Nun erscheint sein Erstlingswerk auch in Deutschland und M94.5 zieht respektvoll den Hut vor einer Werkschau, die alle Facetten der Bassmusik widerspiegelt.
Wenn man versucht, dieses Mischwesen aus Dubstep, Jungle, RnB und experimentellen Hip-Hop Beats in Worte zu fassen, begegnet man unweigerlich dem Begriff UK-Bass. Dieses nicht mehr ganz so neuentdeckte Genre, dessen Grenzen schwimmen und auch gerne in den Hip Hop oder sonst wohin abdriften, ist anscheinend unweigerlich mit dem Vereinigten Königreich verbunden. Wenn man einen Ursprung dieses jungen Genres ausmachen will, dann sollte man im Süden Londons oder den Hallen von Manchester danach suchen. Der Heimat des Basses.
Da aber Künstler und Kunstrichtungen dank etwaiger Möglichkeiten die uns das moderne Internet bietet, heute viel schneller aus ihren lokalen Fesseln ausbrechen können, wäre es vermessen zu sagen, UK-Bass sei ein rein britisches Phänomen. Neben London sprießen weitere Hotspots der basslastigen, neo-irgendwas Electronica aus dem Boden, sei es Brooklyn, die Westküste oder neuerdings sogar Paris. Und dank des Debütalbums von Harley Streten, a.k.a Flume, wendet sich unser bassvernarrter Blick nun auch gen Australien.
UK-Bass trifft australische Entspanntheit
Auf seinem selbst betitelten Erstling versucht Flume gar nicht erst, die oben thematisierten Grenzen des Genres neu zu definieren, oder überhaupt zu definieren. In all seiner jugendlichen Unbekümmertheit und mit einer gesunden Portion Selbstvertrauen liefert uns der 21-jährige Streten 15 Tracks die quasi alles beinhalten, was der gemeine Musikkritiker unter UK-Bass zusammen fassen würde: experimenteller HipHop, neo-RnB, neo-Soul, post-Dubstep, klassischer Dubstep, Filter-House und Dance. Flume, der sich wirklich nach dem Bon Iver Song benannt hat, ist ein Vorzeigeproduzent: Er setzt seine Tunes und Beats geschickt in Szene, ob als Instrumental, mit Soul-Samples oder durch Vocals geschmückt.
Mit seinem Debütalbum hat Streten einen veritablen Bass-Hype in Australien ausgelöst. Dieser Hype gründet vor allem auf einem Track: Sleepless. Und der steht symbolisch für die gediegene Entspanntheit, die Flume vermittelt. Ein Sunshinetrack, der an Produzenten-Jungspunde wie xxyyxx oder Dream Koala erinnert. Man hört die Nähe zum Meer und die Leichtigkeit des Lebens förmlich heraus. Sydney ist eben nicht London. Was in London verkopft, kühl und asymetrisch klingen kann, wirkt hier blumig, melodisch, nach Strandparty. Ähnlich verhält es sich mit Left Alone, dem Landsmann und Kumpel Chet Faker seine Stimme geliehen hat. Ein unaufgeregter Lean-Back Beat mit hoher Luftfeuchtigkeit, der eine großartige Symbiose mit Fakers souliger aber energischer Stimme eingeht. Gebrochen wird der Tune durch hochgepitchte Trompetentöne, die dem ganzen Track die Hitze nehmen und ihn auf eine angenehme Temperatur herunter kühlen. Muss man da erwähnen, dass Streten großer Fan von Toro Y Moi ist?
Toro Y Moi vs. Skream
Features sind die großen Stärken des Albums. Wenn sich Streten etwas zurücknimmt und die Bühne mit Vocalists wie Moon Holiday teilt, einer jungen Australierin die außerhalb Sydneys wohl keiner kennt. Insane heißt der vielleicht stärkste Track des Albums, der an französischen Filter-House á la Kavinski angelehnt ist, und das Lebensgefühl des Strandes mit dem urbanen Flair Sydneys verbindet. Insane ist der emotionale Höhepunkt, bei dem man die Augen schließen und sich in die nächtliche Skyline von Sydney, Tokio oder einer anderen Metropole träumen möchte. Wenn sich der Song nach zweieinhalb Minuten überschlägt, lässt er einen etwas verstört zurück, voller Euphorie aber auch nachdenklich, in Melancholie versunken.
Synthese der Bassmusik
Das Debütalbum von Flume wirkt zugegebener Maßen nicht wie aus einem Guss. Dieses Manko kann man aber auch ins positive wenden und die Platte als Synthese all derer gehypeten Stilrichtungen betrachten, die man ganz grob unter UK-Bass einordnen könnte. Streten führt uns quasi durch den Irrgarten der Genres und versammelt auf Flume die Quintessenz der neuen elektronischen Musik. Streten ist ein Botschafter der Bassmusik, der unseren Blick endlich auch gezielt nach Down-Under lenkt und aus dessen Schatten viele Produzenten und Musiker hervortreten könnten. Mit Ta-Ku, Chet Faker oder der jungen Moon Holiday stehen einige in den Startlöchern. Vielleicht steht uns ja bald eine „australien invasion“ bevor.
"Flume" von Flume erscheint am 22. Februar 2013 auf Universal / Cooperative