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Jake Bugg - Jake Bugg [Universal/Mercury Records]

Platte des Monats Januar 2013

Autor(en): Christoph Neder am Montag, 14. Januar 2013
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Quelle: Jake Bugg / Mercury Records/Universal

Die englische Musikpresse befindet sich stets auf der Suche nach neuen Wunderkindern. Mit Jake Bugg haben sie nun ihren neuesten Fang gemacht. Doch die Platte hält was der Hype verspricht.
Die englische Musikpresse befindet sich stets auf der Suche nach neuen Wunderkindern oder zumindest halbwegs talentierten Musikern, die man zu Wunderkindern machen kann. Mit Jake Bugg haben sie nun ihren neuesten Fang gemacht. Doch die Platte hält was der Hype verspricht. Unsere Platte des Monats Januar 2013.

Als Oasis 1994 gerade mit 'Definitely Maybe' ihr erstes Album veröffentlicht hatten, wird im englischen Nottingham Jacob Edwin Kennedy geboren. Dieser fängt gut 14 Jahre später, mit einer akustischen Gitarre bewaffnet, an erste eigene Songs zu schreiben, wie seine Helden The Beatles, Bob Dylan oder eben auch Oasis. Zwei Jahre später wird Mercury Records auf das junge Talent  aufmerksam und die Erfolgsgeschichte von Jake Bugg beginnt.

Vergleiche zwischen Bob Dylan und Ben Kweller

„I saw the future of British folk music!“ tönte Billy Bragg. Selbst der stets eher ruppig auftretende Noel Gallagher zeigt sich begeistert und nahm den Jungspund bereits mit als seinen Toursupport. Die englische Presse überschlägt sich und zieht Vergleiche mit Ben Kweller oder sogar dem frühen Werk von Bob Dylan. In seiner Heimat war er bereits im vergangenen Jahr beim Glastonbury Festival zu sehen und verkauft jetzt auch alleine die ganz großen Hallen aus. Sein Album geht in England direkt auf Platz 1, verdrängt Mumford & Sons von der Spitze.
Nun, mehr als drei Monate später, erscheint das Debutalbum auch in Deutschland als physischer Release. Hier ist Jake Bugg bisher noch ein eher unbeschriebenes Blatt. Mit der Veröffentlichung dieses außergewöhnlichen Debütalbums wird sich das bestimmt auch hierzulande bald ändern. 

Musik als Ausweg aus der Tristesse

Textlich bewegt sich Bugg zwischen melancholischen Gedanken über den ersten Herzschmerz, Songs über betrunkene Partys oder die Hoffnung auf Flucht aus der zu eng gewordenen Heimat. Bis zur Vollendung seiner Volljährigkeit hatte der Newcomer sein Heimatland England noch nie verlassen gehabt. Wenn der 18-jährige dann in 'Trouble Town' singt 'Stuck in speed bump city, where the only thing that's pretty, is the thought of getting out.' nimmt man ihm das umso mehr ab. Die Industriestädte, die Sozialbausiedlungen, das düstere Wetter und die Fish'n'Chips-Bude um die Ecke – all das sind die Dinge, die Bugg kennt und zugleich der Ort, an dem seine einzigartigen Lieder entstehen. Er muss nicht um die Welt gereist sein, um etwas zu erzählen zu haben, ein kleiner Vorort von Nottingham reicht ihm um alles zu sagen, was nötig ist.
'Two Fingers' erzählt seine Geschichte dann wie kein zweites Stück auf dem Album: Nottingham bedeutet für ihn die Eltern, die sich betrunken in der Küche streiten, aber eben auch seine Freunde, mit denen er kifft und sich vor der Polizei versteckt. Momente, an die er sich erinnert und die er jetzt mit allen teilt: 'I'm alive and I'm here to stay' – ein Satz wie ein Versprechen an sich selbst. Ein Versprechen, das er jetzt gerade einlöst.
Was er machen würde, wenn die Musikkarierre irgendwann nicht mehr funktioniert, weiß Jake Bugg nicht. Die Schule hat er gerade noch so beendet, dann noch kurzzeitig ein Studium begonnen, das aber sehr schnell wieder abgebrochen. Das war zu der Zeit, als BBC auf ihn aufmerksam wurde. Der Moment in dem all das begann, wovon der Teenager immer geträumt hatte.


Klänge wie aus einer anderen Zeit

Wenn ein Wort die Platte am treffendsten beschreiben kann, dann ist es wohl 'retro'. Das Wort, das in den letzten Jahren schon fast zum Unwort für viele avanciert ist, umfasst das Album wie kein zweites: Die Aufnahme klingt teilweise sehr organisch, stellenweise nicht perfekt abgemischt und man kann sich beim ersten Hören kaum vorstellen, dass es sich um ein Album handelt, das im Jahr 2012 aufgenommen wurde. Intuitiv denkt man eher an die 60er Jahre und stellt sich Jake Bugg als den musikalischen Troubadour vor, wie es beispielsweise einst Woody Guthrie war.
Musikalisch hält er es ähnlich wie der junge Dylan: Lieber wenige, sicher vor sich hin geschrammelte Akkorde, als Lieder unnötig zu überladen. Er pendelt daher in den 14 Liedern konsequent zwischen folkigen Songs und countryesken Balladen. Dass das Album dennoch zu keiner Zeit langweilt, verdankt Bugg vor allem seiner jungen, durchdringenden Stimme. Er ist ein Singer/Songwriter der alten Schule, bringt aber dennoch frischen Wind in die Musikszene. Ein Album wie dieses hat es schon lange Zeit nicht mehr gegeben. Hoffen wir, dass es bald noch mehr von diesem jungen Ausnahmetalent zu hören gibt.


„Jake Bugg“ von Jake Bugg erscheint am 25. Januar auf Universal/Mercury Records.


Platz zwei in der Wahl zur Platte des Monats: Toro Y Moi – Anything In Return:

In welches Genre mag man Toro Y Moi anno 2013 sortieren? Der Chillwave verblasst zusehends, die mitunter flotteren Rhythmen von Underneath The Pine werden runtergefahren. Neo RnB mit smoothen Beats, Urban Soul der Siebziger sind Referenzen, die sich beim ersten Höreindruck dagegen aufdrängen. So fügt er sich ein in die von Acts wie Frank Ocean und The Weeknd eingeschlagene Richtung, wobei Toro Y Mois Klang dabei retroselig-verwaschener bleibt.

„Anything in Return“ von Toro Y Moi erscheint am 25. Januar auf Carpark.

Auf Platz drei: Villagers – {Awayland}

Mehr als zwei Jahre nach dem gefeierten Debütalbum, legt Conor J. O'Brien mit seinen Villagers nach: {Awayland} wirkt beim ersten Hören ruheloser als der Vorgänger, nicht ganz so glatt in der Produktion. O'Brien nahm diesmal die Band mit ins Studio und arbeitet mit ihnen gemeinsam die Soundarrangements aus. Das lässt die Platte druckvoller wirken und entfaltet sich mit jedem Hören noch mehr.

{Awayland} von Villagers erscheint am 11. Januar auf Domino Records.
Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

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