Home > Platte des Monats > Platte des Monats Januar + Februar
Viet Cong - Viet Cong [Jagjaguwar]

Platte des Monats Januar + Februar

Autor(en): Vanessa Patrick am Montag, 2. Februar 2015
Tags: , , ,
Quelle: Jagjaguwar

Viet Cong - Viet Cong

Viet Cong sind zwischen 60s Garagen-Rock, Indie, Post-Punk und Psychedelic Pop verortet. Ihr Debüt ist die Platte des Monats Januar/Februar 2015.

Viet Cong sind zwischen 60s Garagen-Rock, Indie, Post-Punk und Psychedelic Pop verortet. Ihr Debüt ist die Platte des Monats Januar/Februar 2015.

 

Popkulturelle Referenzen aus 60s Garagen-Rock, Indie, Post-Punk und Psychedelic Pop mit gewissem Hang zu Experimentierfreude à la Velvet Underground: Die Kanadier von Viet Cong vereinen auf ihrem gleichnamigen Debütalbum Optimismus mit Trauer und Melancholie in knapp gewählten Worten, die von Songwriter-Ikonen wie Leonard Cohen, Bob Dylan oder Neil Young stammen könnten.

Ein verzerrtes Schlagzeug. Noise. Dann ein hypnotischer, düsterer Gesang: „Writhing violence / Essentially without distortion / Wired silent / Vanishing into boredom / Deliberately made to disintegrate / Difficult existence under a civilian nation / We're bending newspaper spoons“. Kontemplativ wird die Strophe wiederholt. Dieses Mal mit Gitarren. Die Störgeräusche nehmen zu, bis eine Keyboard-Melodie einsetzt, die zunehmend den verzerrten Sound verdrängt bis dieser sich in den Hintergrund zurückzieht und irgendwann komplett verschwunden ist.



Noise und Pop, Düsterheit und Optimismus, Bedrohlichkeit und Zerbrechlichkeit, Melancholie und Zuversicht: Auf dem Opener „Newspaper Spoons“ vereinen Viet Cong das, was eher nicht zusammenpasst - antithetisch. Sätze wie „You'll be around until you're gone“ oder „We've built the buildings and led them to break“ spiegeln die Ambivalenz von Leben und Tod wider. Zusammen mit der Instrumentierung bildet die lyrische Aussage der Band aus dem kanadischen Calgary ein gesamtes Etwas: Der Tod gehört unweigerlich zum Leben dazu. Was man daraus macht, bleibt jedem Menschen selbst überlassen. Im Falle von Viet Cong dürfte der Tod als Damoklesschwert über der Bandgründung schweben, sich aber auch wie ein neues Erwachen ausgewirkt haben.

In Viet Cong steckt der alte Geist von Women

Dazu muss man verstehen: Viet Cong würde es nicht geben, hätte es nicht einst die viel zu früh aufgelöste noisige Art-Rock-Band Women gegeben. Das Schicksal der beiden Bands ist unmittelbar miteinander verknüpft, und das Schicksal meinte es nicht gut mit Women: Zwei Bandmitglieder, die Brüder Matt und Patrick Flegel verfingen sich in einem andauernden, kräftezehrenden Streit. Es eskalierte und die Brüder fingen auf offener Bühne eine Schlägerei an, gerade als sie sich 2010 auf Welttournee befanden. Der Rest der Tour wurde abgeblasen und zwei Jahre später besiegelte der Tod des Gitarristen Christopher Reimer das traurige Schicksal der Band. Aus dieser düsteren Geschichte heraus entstand Viet Cong.

Matt Flegel gründete die neue Band, ohne seinen Bruder, aber mit der ehemaligen Rhythmus-Sektion von Women, dem Schlagzeuger Mike Wallace, und zwei neuen Gitarristen. Die beiden ehemaligen Women-Musiker - Bassist Flegel und Schlagzeuger Wallace - zeigen in Songs wie „Bunker Buster“, dass die „alte Band“ noch ein bisschen in ihnen steckt. Und kennt man die Geschichte, versteht man, warum Viet Cong so klingen, wie sie klingen: rau, düster, krautig.

„If we're lucky we'll get old and die“

Der Sechsminüter „March Of Progress“ bereitet den Rezipienten mithilfe eines industriellen Marschs auf das vor, was den Lichtblick des Albums darstellt. Drei Minuten lang verliert sich der Hörer in einer Noise-Wand, bis die erste echte Melodie der Platte wahrnehmbar wird. Jene Melodiösität kulminiert im fast schon poppigen Song „Continental Shelf“ mit einer prägnanten Hook. „Continental Shelf“ ist so eingängig, dass man nicht einmal bemerkt, dass der Song ganz ohne Refrain auskommt. Und dann ein derart genialer lyrischer Output mit Zeilen wie „if we're lucky we'll get old and die“ - Zeilen, die gut und gerne von Barden wie Leonard Cohen, Bob Dylan oder Neil Young hätten kommen können.



Popkulturelle Referenzen findet der Rezipient auf Viet Cong einige, greift die Platte doch alles auf, was in der Welt der Gitarren- und Rockmusik in den letzten Jahrzehnten angesagt war. Hier ein fortschrittlich denkender Pop von Animal Collective, da ein folkiger Psychedelic Pop von den Beatles oder Beach Boys oder ein gezähmter Sound von The Velvet Underground, ohne den Charakter experimenteller Rockmusik zu verlieren. Viet Cong versuchen mit ihrer ersten Platte, eine tragische Vergangenheit hinter sich zu lassen, aber auch gleichzeitig Hoffnung in etwas Neues zu stecken.

Viet Cong von Viet Cong erschien am 16. Januar 2015 auf Jagjaguwar.

Platte des Monats

Conor O'Brien zeigt mit The Art of Pretending to Swim, dass Indie-Folk auch im Jahr 2018 noch spannender klingen kann, als man das von diesem Genre erwartet hätte. Das vierte Album der Villagers vereint, was eigentlich widersprüchlich wirkt: Folk mit R'n'B und Experimentierfreude mit Zugänglichkeit. 

mehr
M94.5 präsentiert
Donnerstag, 18. Oktober, 18 Uhr
M218 LMU Hauptgebäude
 
Munich Rocks!
Donnerstag, 18. Oktober 2018
 
Freitag, Samstag: 19./20. Oktober
 
Neuhauser Musiknacht
Samstag, 27. Oktober 2018
M94.5 Bühne @ Freiheizhalle

 

mehr
M94.5 auf Youtube

Der M94.5-Newsletter
Du willst regelmäßig News von M94.5? Dann musst nur deine E-Mail-Adresse angeben! Keine Angst, wir spamen deinen Posteingang auch nicht voll.
 
 
Die afk Familie