Cloud Boat - Book of Hours [Apollo]
Platte des Monats Juni 2013
Nach Tourneen mit James Blake und Mount Kimbie hat das Londoner Duo Cloud Boat sein Debütalbum veröffentlicht. Trotz namhafter Inspiration haben die Beiden Londoner ihren eigenen Stil gefunden.
Viele (Schw)alben machen bekanntlich noch keinen Sommer. Deutschland, was ist los? Der Sommer ließ unverschämt lange auf sich warten. Und mindestens genauso lange warten wir auf die alljärlichen Sommeralben. Book of Hours von Cloud Boat ist schonmal definitiv keins.
Trotz einer gewissen Sommeruntauglichkeit ist Book of Hours die Platte des Monats Juni. Es besticht durch seine Dichte und Tiefe, eine tolle Atmosphäre, viel Bass und bittersüße Melodien. Und das alles taugt dann eben doch in gewissen Sommerstunden.
Im Kreis der Bekannten
Das elektronische Duo aus London bedient sich bei Szenengrößen wie James Blake oder Mount Kimbie. Dabei klingen Sam Ricketts und Tom Clarke nicht wie eine Kopie ihrer Vorbilder, sondern erschaffen einen eigenen, neuen Stil, der irgendwo zwischen dem tiefen, melancholischen Sound von Blake und dem treibenden Post-Dubstep Mount Kimbies liegt. Eben diese Vorbilder verhalfen Cloud Boat auch zu erster Bekanntheit. Beide begleitete das Duo als Vorband und jüngst eröffneten sie auch für Ghostpoet im Münchener Feierwerk. Mit rund 5500 Facebook Fans sind Cloud Boat allerdings noch ein echter Geheimtipp.
In der Ruhe liegt die Kraft
Book of Hours ist ein vorrangig ruhiges Album geworden. Der Opener „Lions on the Beach“ erregt allerdings erstmal einen anderen Eindruck: Knackige Percussions und ein treibender Bass sorgen für pointiertes Kopfnicken und Fußwippen. Aber schon das Folgende „Youthern“ enthüllt die Stärken des Albums: Intelligentes Songwriting, gepaart mit reduzierten elektronischen Beats und Breaks. Sam’s Stimme erinnert unverkennbar an die seines Jugendfreundes James Blake, untermalt wird sie von tiefen Bässen, atmosphärischen Sounds und vor allem von akustischer und elektronischer Gitarre.
Misch und Masch
Der Song „Bastion“ hätte auch auf der ersten James Blake Platte erscheinen können, mit einem Bassdrop so tief und unerwartet, dass man verdutzt noch dreimal zurückspult. „Drean“ dagegen ist ein waschechter melancholischer Folksong, fast nur mit akustischer Gitarre untermalt. Das folgende „Amber Road“ packt dann wieder die Basskeule aus und klingt zuweilen sogar leicht verstörend und sehr düster. Der Songzweiteiler Pink Grin I & II greift gegen Ende der 11 Track starken LP wieder den schon im Opener angekratzten Post-Dubstep Stil auf, bevor die Platte mit „Knowloon Bridge“ sanft und schwermütig seine letzten Runden dreht. Dem Sound ist anzumerken, dass das Duo aus der Songwriter-Ecke und eigentlich sogar der härteren Rockmusik kommt und diese mit immer stärker werdenden elektronischen Einflüssen verwoben hat. Eine Symbiose, die dem eingefleischten Techno- und Dubstep-Fan, sowie dem elektroscheuen Indiefreund und Singer/Songwriter Hörer gleichermaßen gefallen wird.
Was ist jetzt mit dem Sommer?
Cloud Boat haben ein Winteralbum aufgenommen, welches jedem den Sommer versüßen sollte. Vielleicht nicht bei der gelegentlich Grillparty am Flaucher, aber bestimmt an ruhigen Sommernachtsabenden auf dem Balkon oder verkaterten Nachmittagen im Englischen Garten. Die große Party sollen andere schmeißen, Cloud Boat bevorzugen die stilleren Momente. Eines ist klar: Den Status des Geheimtipps werden Cloud Boat wohl bald abgelegt haben.
Book of Hours von Cloud Boat erschien am 31.05.2013 auf Apollo Records