Der Süddeutsche.de-Journalist Bastian Brinkmann über Steuerhinterziehung
„Das Bankgeheimnis muss fallen“
Steuerhinterziehung ist nach Uli Hoeneß und Luxemburg-Leaks so prominent wie nie zuvor. Der Journalist Bastian Brinkmann hat zum Thema Steueroasen intensiv recherchiert.
Steuerhinterziehung ist nach Uli Hoeneß und Luxemburg-Leaks so prominent wie nie zuvor. Bastian Brinkmann hat zu diesem Thema intensiv recherchiert.
Unser Staat funktioniert nur, weil wir alle brav unsere Steuern zahlen. Oder zumindest sollten. Denn viele Privatpersonen und auch große Unternehmen betrügen den deutschen Staat jedes Jahr um Milliarden. Der Journalist Bastian Brinkmann hat sich genau mit diesem Thema intensiv befasst. Er hat lange recherchiert, ist eingetaucht in die Welt des Steuerbetrugs und hat darüber sein Buch „Die geprellte Gesellschaft“ geschrieben. Zu den brandneuen Enthüllungen um Steuerdumping in Luxemburg war er einer der wenigen Journalisten, die sich durch die brisanten 28 000 Seiten durchgekämpft haben.
Herr Brinkmann, auf welche verschiedenen Methoden der Steuerhinterziehung sind Sie denn während ihrer Recherche gestoßen?
Die Superreichen haben beispielsweise oft einen globalen Wohnsitz. Sie haben überall ihre Ferienhäuser und Jachten, da kommen die nationalen Steuerbehörden dann einfach nicht mehr mit. Es gibt ein Kreuzfahrtschiff, auf dem wohnen wirklich Leute das ganze Jahr über, nur um keine Steuern zu zahlen. Es gibt also wirklich alles, was man sich vorstellen kann. Mir hat beispielsweise mal jemand erzählt, wie man am besten Vermögen über die Grenze schmuggelt. Der meinte dann, dass man sehr schön Diamanten in eine Jacke einnähen kann, weil die, im Vergleich dazu, wie viel Raum sie einnehmen, eine sehr hohe Vermögensdichte haben.
Was sind das denn eigentlich für Menschen, die Steuern hinterziehen? Warum betrügt man den Staat und damit jeden von uns?
Es gibt da eigentlich zwei verschiedene Motive, die Menschen dazu bewegt, Steuern zu hinterziehen. Das eine ist, Steuern zu sparen. Wenn man also Vermögen hat, muss man in Deutschland Kapitalsteuer draufzahlen. Und wenn man das nicht gut, oder zu hoch findet, scheinen Menschen ihr Vermögen entweder im Ausland anzulegen, wo eine solche Steuer nicht stattfindet oder ihr Vermögen zu verschleiern indem sie beispielsweise eine Briefkastenfirma dazwischenschalten. Der zweite Grund ist, dass man verhindern will, dass Leute vom eigenen Vermögen wissen. Da geht es nicht primär um die Steuern, sondern man will zum Beispiel bei einer Trennung, dass die Ehefrau nichts vom Vermögen abbekommt.
„Chefs haben gar nichts zu sagen“
Sie haben schon die Briefkastenfirmen angesprochen. Was ist denn eigentlich so eine Briefkastenfirma? Wie sieht die aus?
Eine Briefkastenfirma ist nur auf dem Papier eine Firma. Das heißt, sie hat einen Geschäftsführer, Mitarbeiter, einen Zweck und ein bestimmtes Vermögen, aber eben nur auf dem Papier. Die dort genannten Chefs, sogenannte Strohmänner, haben aber in Wahrheit aber gar nichts zu sagen, denn es gibt nochmal Verträge dahinter, die den wahren Eigentümern das Vermögen zuschanzen. Die Behörden wissen also gar nicht, wer wirklich dahinter steckt. Die Strohmänner, die davor stehen, können beispielsweise auch Anwälte sein, die sich dann auf ihre Schweigepflicht berufen, und die Steuerflucht decken.
Und was müsste Ihrer Meinung nach passieren, dass das nicht mehr möglich wäre?
Das Problem ist, dass die Staaten, die Steueroasen sind, das auch genau so wollen. Die sagen: 'ihr könnt bei uns dreckige und geheime Dinge machen und wir gucken nicht hin'. Deshalb denke ich, muss es einfach transparent sein. Es muss ganz offen und nachvollziehbar sein: Von wem kommt die Kohle, wem gehört die Kohle, und wo wird sie versteuert. Dafür muss das Bankgeheimnis fallen. Ich denke, dass wir alle damit klar kommen, etwas unserer Anonymität abzugeben, wenn wir somit den Kampf gegen Steuerhinterziehung härter führen können.
Das Gespräch führte Jean-Marie Magro