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Demonstrationen in Ägypten - Aufstand am Nil

Autor(en): am Donnerstag, 27. Januar 2011
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Erst Tunesien, vereinzelt in Algerien und jetzt Ägypten. In Nordafrika ist eine Protestwelle ins Rollen gekommen. Das sogenannte Volk erhebt sich und fordert seine Rechte und Freiheiten von seinen autokratischen Regierungen.

Staatspräsident Hosni Mubarak kann auf eine nahezu pharaonische Regierungsdauer zurückblicken. Seit 1981 herrscht er in Ägypten. Nicht zuletzt die Notstandsgesetze ermöglichen es ihm, Dekrete zu erlassen, die die Pressefreiheit einschränken. Eigentlich sollten diese Gesetze nur noch im nationalen und internationalen Antiterrorkampf eingesetzt werden, aber sie bilden das Fundament für eine Rechtsprechung außerhalb der rechtsstaatlichen Ordnung. Außerdem erschweren die Verordnungen die Neugründung von politischen Parteien - besonders wenn sie oppositionelle Forderungen vertreten möchten.

Die Geister die sie rief...

… wird die Regierung nun nicht mehr los. Schon in den 90er Jahren war es ein Projekt der Regierung freien Zugang zu Medien und gerade dem Internet flächendeckend zu ermöglichen. Heute schränkt sie dagegen die Kommunikationsform der sozialen Netzwerke im Internet ein. Nichtregierungsorganisationen etwa organisieren sich über das Medium.

Naheliegend wäre aus der Sicht der Sicherheitsbehörden, das Internet abzuschalten oder Seiten wie Facebook oder Twitter zu sperren. Nur die Sicherheitsorgane sind selbst auf die Veröffentlichungen auf diesen Seiten angewiesen, um ihrerseits Strategien für eine Zerschlagung der Proteste zu entwickeln. Also werden die öffentlichen Internetverbindungen langsamer gemacht. Behi Shoukry, ein Münchner Student aus Ägypten, weiß durch Verwandte und Freunde in Ägypten, dass es zurzeit in Suez weder Telefon- noch Handyverbindungen gibt.

Unzufriedenheit und Hoffnungslosigkeit sind eine Grundstimmung in Ägypten unabhängig von der gesellschaftlichen Schicht. Vor allem junge Menschen leiden darunter, nicht sagen zu dürfen, was sie denken. Es fehlen Arbeitsplätze. Es herrscht eine allgemeine Perspektivlosigkeit. Wenn auch vornehmlich Demonstranten aus einer breiten Mittelschicht ihren Protest und den Wunsch nach Mitbestimmung auf die Straße tragen, so findet die Protestbewegung auch beim „einfachen Ägypter Anklang, sie stehen vermehrt am Straßenrand und applaudieren oder machen Fotos“, sagt Dr. Andreas Jakobs, Leiter des Auslandsbüros der Konrad Adenauer Stiftung in Kairo.

Zentral ist der Ruf nach einer Wiederholung der Parlamentswahlen vom November 2010, die nach Ansicht von Beobachtern gefälscht war. Ebenso wichtig ist die Forderung nach Arbeitsplätzen. Gerade die gut ausgebildeten Akademiker verlassen das Land, weil sie sich einer allgemeinen Perspektivlosigkeit ausgesetzt sehen. Wenn einem Land seine Bildungselite abhanden kommt, erschwert dies natürlich den Ausbau der zivilgesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Strukturen.

Eine weitere Forderung ist die Einführung eines Mindestlohns und das Ergreifen von Maßnahmen, die die Preisstabilität garantieren. Denn im vergangenen Jahr betrug der Anstieg der Lebensmittelpreise zwischen 40 und 50 Prozent.

Im Internationalen Vergleich schneidet Ägypten daher eher schlecht ab. Der Bertelsmann Transformation Index (BTI) misst den Marktwirtschafts- und Demokratiegrad sämtlicher Staaten der Welt. Ägypten wird hier als 82. von 125 Staaten geführt. Kritik an der Regierung wird mundtot gemacht. Wenn eine kritische Auseinandersetzung mit der aktuellen ägyptischen Tagespolitik statt findet, dann in englischsprachigen Zeitungen oder in einigen Intellektuellen Blättern. Reporter ohne Grenzen führt das Land daher weit unten auf der Pressefreiheitsskala (an 127. Stelle), denn die grundlegende Pressefreiheit ist hier gefährdet bis nicht vorhanden.

Es gibt lediglich zwei überregionale oppositionelle Zeitungen al-dustur („Verfassung“) und al masry-alyoum („Der Ägypter von heute“). Die Internetauftritte dieser Zeitungen sind allerdings derzeit in Ägypten nicht abrufbar und nur von außen zugänglich. Internet und Web 2.0 können das Tor zu weltweiter Medienpräsenz öffnen - Protest schnell koordinieren. In Sekunden kann eine Nachricht hunderte Menschen über Twitter oder Facebook erreichen.

Aber an der Internetlastigkeit liegt auch die Angreifbarkeit der Proteste. Eine Störung oder vorläufige Sperrung von Facebook erschwert die Kommunikation unter den Demonstranten und vor allem die Mobilisierung von Sympathisanten. Zwar haben viele Studenten auf Proxyserver umgestellt, aber das kostet Zeit und Präsenz. Um die Kommunikationsnetze der Demonstranten zu stören, wurde nach Aussage von Dr. Andreas Jakobs, auch das Handynetz von Kairo für einige Stunden abgeschaltet.


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