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Drohnenangriffe der USA in Pakistan

Die Gefahr aus der Luft

Autor(en): Mariel Müller am Sonntag, 10. November 2013
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Quelle: © UK Ministry of Defence(Defence Images)

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Ist Terrorismusbekämpfung mit Drohnen "effektiv" und "clean"? Das Leid unzähliger Zivilisten spricht dagegen.

Ist Terrorismusbekämpfung mit Drohnen "effektiv" und "clean"? Ein jetzt erschienener Bericht der Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ prangert die hohe Zahl getöteter Zivilisten bei Angriffen von US-Drohnen an. Demnach sind Frauen, Kinder und Alte keine seltenen Opfer.

 
Angst ist das vorherrschende Gefühl der Bevölkerung in Nord-Waziristan, Pakistan. Bauern leben hier in einfachen Verhältnissen vorrangig vom Feldanbau. Die meisten Familien arbeiten zusammen auf dem Feld um sich den Lebensunterhalt zu verdienen. In dieser abgelegenen Region stellten die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch erstmals Recherchen an, um die Folgen von Drohnenangriffen auf die dortige Zivilbevölkerung zu untersuchen und dokumentieren. „Will I Be Next?“ lautet der Titel des Berichts von Amnesty International, aus dem hervorgeht, dass weit mehr unschuldige Menschen durch Drohnenangriffe sterben als bisher bekannt. 
 
„Ich könnte die nächste Person sein, die stirbt“
 
Die USA zielt mit solchen Attacken auf Taliban und Al-Qaida-Kämpfer, die sich in dieser schwer zugänglichen Bergregion im Norden Pakistans verstecken sollen. Immer häufiger kommt es aber vor, dass bei Angriffen dieser Art auch unbeteiligte Zivilisten sterben müssen. Verena Harpe, Asien-Expertin von Amnesty International weiß, dass die Bevölkerung enorm unter der Bedrohung aus der Luft leidet. „Weil es einfach immer wieder zu völlig willkürlichen Angriffen von unschuldigen Menschen kommt, entsteht der Eindruck bei diesen Leuten dort: Es könnte jederzeit auch mich treffen, ich könnte genauso gut die nächste Person sein, die stirbt.“ Seit 2004 sollen in Pakistan mindestens 400 Zivilisten getötet worden sein und viele mehr verletzt, schätzt die Menschenrechtsorganisation.
 
Bei einem Zwischenfall soll beispielsweise eine 68-jährige Großmutter, die mit ihren Enkeln auf dem Feld arbeitete, zum Angriffsziel einer Drohne geworden sein. Harpe beschreibt den Vorfall, der als einer der prägendsten für den Bericht steht: „Die ist von einer Drohne, die schon die ganze Zeit über diesem Feld gekreist ist, getroffen worden und war auch sofort tot. Und als dann die Kinder, aber auch andere Angehörige dazugekommen sind um ihr zu helfen, gab‘s dann sofort nochmal einen zweiten Angriff, bei dem die Kinder zum Teil sehr schwer verletzt worden sind.“
Quellen wie Human Rights Watch und das Büro für Investigativen Journalismus in London bestätigen, dass es sich hierbei um keinen Einzelfall handelt. 
 
Den Menschen bleiben Verletzungen, die ein Leben lang halten
 
Besonders schlimm seien die Verletzungen, findet Zain Raza, der für den International Herald Tribune Pakistan arbeitet. Der aus Pakistan stammende Journalist steht in Kontakt mit dem Anwalt einiger Opfer von Drohnenangriffen. „Das sind Verletzungen, die lebenslang halten“, erzählt er betroffen. „Psychische Verletzungen und körperliche Verletzungen, du kannst nie wieder laufen, nie wieder sehen, du kannst nie wieder richtig atmen ohne ein Gerät. Der Mensch ist kaputt dadurch.“ 
 
Motiviert durch solche Angriffe, sind es oft die Angehörigen von Opfern, die sich dem radikalen Islam zuwenden und Rache üben wollen. Der Hass bündelt sich in einem Feindbild: Den USA. Auf der Straße würden amerikanische Flaggen verbrannt werden, im Extremfall sähe die Bevölkerung Amerika als den wahrhaftigen Teufel an, erzählt der Journalist. „Wenn es einen Drohnenangriff gibt, bei dem Kinder und Frauen, also unschuldige Menschen sterben, nehmen viele die extreme Version des Islams an.“ Lapidar ausgedrückt, gelte die Faustregel: Tötet man einen Zivilisten mit einem Drohnenangriff, so produziert man zehn Terroristen.
 
Unter Obama sechsmal mehr Angriffe als unter Bush
 
In der Terroristenbekämpfung steht Obama seinem Vorgänger Bush in Nichts nach. Im Gegenteil: Der direkte Vergleich zwischen dem Ex-Präsidenten und dem amtierenden macht die enormen Dimensionen sichtbar, um die Barack Obama sein Drohnenprogramm ausgeweitet hat. Laut Zain Raza, hat George Bush in seiner Amtszeit als Präsident insgesamt 52 Drohnenangriffe persönlich genehmigt, Obamas Quote liegt jetzt schon bei mehr als 300 Angriffen, also sechsmal mehr.
Amnesty gab zudem bekannt, dass auch die Bundesregierung die Drohnenangriffe der Amerikaner indirekt unterstützt haben soll. Deutsche Geheimdienste haben demnach personenbezogene Daten von Tatverdächtigen, wie zum Beispiel Handynummern an die USA weitergeleitet, die diese für die Zielerfassung der späteren Opfer nutzten. Bislang gab es von deutscher Seite noch keine Stellungnahme zu den Vorwürfen.
 
Seitdem bekannt wurde, dass der Anführer der pakistanischen Taliban, Hakimullah Mehsud, einer der meistgesuchten Terroristen des Landes bei einem Drohnenangriff getötet worden ist, fühlen sich Befürworter der Drohnenattacken bestärkt in ihrer These, die Drohnen seien unerlässlich im Kampf gegen den Terror. Bei dem Angriff Anfang November soll es verschiedenen Quellen zufolge weitere drei Tote geben, deren Identität noch ungeklärt ist.
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