Siko Tag 2
"Ein neuer Kalter Krieg"
Am zweiten Tag der Münchner Sicherheitskonferenz war neben Syrien vor allem die Ukraine-Krise Thema. Draußen protestierten tausende Demonstranten gegen die Siko.
Samstag, 13.02.2016 – Zweiter Tag
Gestern Abend liefen die Gespräche noch bis in die Abendstunden weiter: Delegationen und Dutzende Personenschützer schoben sich durch die engen Gänge des Bayerischen Hofs, vorbei an Journalisten: Deren Interviewanfragen wurden meist abgelehnt– die Zeit drängt.
„ I have to run, I have to run“
- Mohammed Dschawad Sarif, iranischer Außenminister, zu wartenden Journalisten -
Heute regnet es draußen, die Hunderten Polizisten stehen im Nieselregen. Drinnen beginnt um 9 Uhr das offizielle Programm: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier beginnt seine Rede etwas verspätet. Schnell eilen noch Edmund Stoiber und andere Politiker in den Konferenzsaal.
Die Eröffnungsrede für den zweiten Tag hält Bundesaußenminister Steinmeier. Im Internationalen Pressezentrum verfolgen Hunderte Journalisten seine Rede – live übertragen aus dem Konferenzsaal im Bayerischen Hof.
Steinmeier spricht dann über die „stürmischen Zeiten“ für Europa. Sein Wunsch: Bei der Sicherheitskonferenz im kommenden Jahr solle die Europäische Union noch immer so bestehen wie derzeit. Sein Appell an die Konferenzteilnehmer: „Wir müssen um Europa kämpfen“.
Ukraine-Streit auf offener Bühne
Der Krieg in Syrien dominiert das Spitzen-Treffen im Bayerischen Hof. Doch es gibt auch noch den Ukraine-Konflikt. Um den ging es – nicht wenig überraschend – in den Reden von Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Bisher spielten Emotionen keine große Rolle auf der Bühne. Das änderte Poroschenko. Er kritisierte die russische Unterstützung der Rebellen in der Ost-Ukraine: „Das sind Eure Bomben“, sagte Poroschenko lautstark in Richtung russischer Delegation. Im Saal war es ruhig – genauso wie in den Räumen des Pressezentrums.
Ein gefragter Gesprächspartner für Politiker und Journalisten: Der russische Außenminister Sergei Lawrow (links), eine Schlüsselperson im Ukraine-Konflikt und im Syrien-Krieg. Die Journalisten im Bayerischen Hof warten oft stundenlang auf ein Statement von ihm – seine Leibwächter zerstören die Hoffnungen recht schnell.
Das war knapp eine Stunde nach der Rede des russischen Ministerpräsident Medwedew. Der sagte gleich zu Anfang seiner Rede: „Die Beziehungen zwischen der EU und Russland sind verdorben.“ Er verwendete mehrmals den Begriff eines „neuen Kalten Krieges“. Wie das zu verstehen war, darüber gibt es unterschiedliche Interpretationen: Presseagenturen meldeten „Medwedew: Wir haben wieder einen Kalten Krieg“ und der deutsche Außenminister Steinmeier hatte es so verstanden: „Medwedew warnt vor einem neuen Kalten Krieg“. Was der Gast aus Russland aber unmissverständlich klar äußerte, war seine Kritik an der Ukraine: „Der Regierung in Kiew fehlt es an Bereitschaft, die Vereinbarungen von Minsk umzusetzen.“
„Die Wahrheit liegt auf unserer Seite. Der Sieg liegt auf unsrer Seite“
- Petro Poroschenko, Präsident Ukraine -
Besonderes Ereignis – auch für Spitzenpolitiker
Der Vize-Präsident des Europäischen Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff, unterhält sich in einer der Kaffee-Pausen mit anderen Teilnehmer, tauscht Visitenkarten aus – Networking unter Politikern. „Hier menschelt es, man kann den Leuten in die Augen gucken. Alleine das, bringt – was ganz wichtig ist – Vertrauen“, sagt der FDP-Politiker im M94.5- Interview. Dem kann der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Tobias Lindner, nur zustimmen: „In diesen Tagen ist der Bayerische Hof wie ein kleines Dorf. Man trifft viele Leute, mit denen man schon immer mal sprechen wollte.“ Direkt dabei zu sein, wenn unter anderem der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew seine politischen Ansichten erklärt, sei für den Grünen-Politiker eine Lebenserfahrung.
Abgeschirmt von Gegendemonstranten
Die Konferenz findet mitten im Zentrum von München statt. Trotzdem: Wer sich im Bayerischen Hof oder im Pressezentrum aufhält, bekommt von der Außenwelt nichts mit – so effizient scheint die Sperrzone rund um den Tagungsort zu funktionieren.
Während der Mittagspause bei der Sicherheitskonferenz war die Bühne am Marienplatz noch leer. Am Nachmittag demonstrierten hier eintausend Menschen gegen die „Nato-Kriegstagung“. Da lief im Bayerischen Hof schon die nächste Podiumsdiskussion.
Rund dreitausend Gegner der Sicherheitskonferenz demonstrieren in der Innenstadt gegen das Treffen. Sie fordern, auf Militäreinsätze zu verzichten und Aufrüstung zu stoppen. Sie zogen auch an der Residenz vorbei. Genau dort werden am Abend die Konferenz-Teilnehmer von Ministerpräsident Horst Seehofer zum Essen eingeladen. Von der Demo wird dann nichts mehr zu hören sein. Sie endete am Nachmittag - ganz ohne die Aufmerksamkeit der Politiker im Bayerischen Hof.