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Mazedonien

Flucht während der Flucht

Autor(en): Daniel Schubert am Mittwoch, 16. März 2016
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Quelle: Paulina Glocker

Mit Seilen gelangten die Flüchtlinge über den Fluss

Wegen eines Flugblatts flohen über 1000 Flüchtlinge von Idomeni nach Mazedonien. Dort werden sie abgewiesen. Die Situation wenige Tage danach.

Es ist matschig, kalt und nass, ein trockener Schlafplatz wird immer schwieriger zu finden. Auf den Zelten mit Spraydosen geschriebene Hilferufe; „Help us“, „Open the Border“. Die Situation im Flüchtlingsheim in Idomeni ist unmenschlich, so beschreibt sie Norbert Blüm. Der ehemalige CSU-Arbeitsminister verbrachte dort am Wochenende eine Nacht. Nicht etwa in einem fünf Sterne Hotel, sondern unter genauso präkeren Bedinungen wie die Flüchtlinge.


Im Schlamm versunken: Das Flüchtlingscamp in Idomeni. Foto: Paulina Glocker

Am darauffolgenden Montag brachen plötzlich über tausend Flüchtlinge vom griechischen Flüchtlingslager in Idomeni nach Mazedonien auf. Bereits in der Nacht zuvor versuchte eine Gruppe aus ca. 30 Personen im Schutz der Dunkelheit die Grenze zu erreichen. Dabei waren zwei junge Frauen (17 und 24 Jahre) und ein Mann (ca. 32 Jahre) ertrunken.

Ausweg aus dem Elend

Auslöser für das Unglück war ein Flugblatt, auf dem stand: Der Zaun endet nur fünf Kilometer vom Flüchtlingslager entfernt. Dort gibt es einen Durchgang nach Mazedonien und damit eine Chance dem alltäglichen Elend des Lagers zu entkommen.

Vor Ort befindet sich seit dem Wochenende auch die Münchner Helferin Paulina Glocker. Bereits Sonntagabend fuhren einige der Freiwilligen von ihrer nahegelegenden Unterkunft ins Lager, um die Flüchtlinge davon zu überzeugen, dass es sich mit dem Flugblatt um eine Fehlinformation handelt.

Die Menschen ließen sich allerdings nicht mehr von ihrem Marsch Richtung Mazedonien abbringen. „Die Flüchtlinge sitzen in Idomeni im Matsch. Da klammert man sich an jeden Funken Hoffnung“, sagt Paulina Glocker.

Durch den Fluss und wieder zurück

Um Mazedonien zu erreichen wateten die Flüchtlinge durch einen Fluss. Am Ziel angekommen erlebten sie jedoch die Ernüchterung. Kein Durchkommen, stattdessen werden sie zurück nach Idomeni geschickt: Erneut durch den Fluss.


Zweimal mussten sich die Flüchtlinge durch den Fluss kämpfen. Foto: Paulina Glocker

Jetzt, wenige Tage nach der Aktion, beschreibt Glocker die Stimmung im Lager als „in Ordnung“, da man schon an die schlechte Situation gewöhnt sei. Als kritisch sieht sie eher, dass die Bewohner allesamt sehr schlecht mit trockener Kleidung versorgt sind. „Man sieht halt, wie die Kinder keine Socken anhaben und keine Schuhe, und wenn sie Sachen anhaben, ist halt alles nass“.

Freiwillige im Fadenkreuz der Ermittler

Die Behörden tappen im Moment noch im Dunkeln, wer hinter den Flugblättern stehen könnte. Glocker und ihre Kollegen haben ihre eigenen Theorien, wer sich hinter der Aktion verstecken könnte. Da wären staatlichen Organe selbst, deren Motiv es gewesen sein könnte, das Lager leichter räumen zu können, oder die Flüchtlinge neu zu verteilen. Oder die griechische rechte Gruppierung „Morgenröte“, die Konflikte mit Sicherheitsbehörden provozieren wollte.

Im Moment stehen aber vorallem die Freiwilligen im Fadenkreuz der Ermittler. Auf den Flugblättern findet sich als Urheber das „Kommando Norbert Blüm“. Dass der ehemalige Arbeitsminister etwas mit den Ereignissen zu tun hatte, hat der schon dementiert.

Grund genug für die Behörden, von deutschen Linksradikalen unter den Helfern als Schuldige auszugehen. Gerade wegen ihres Engagements fühlen sie sich daher von öffentlicher Seite im Stich gelassen. Glocker verteidigt die Freiwilligen. „Das sind Leute, die auf Eigeninitiative hier runter gefahren sind und die irgendwie versuchen, die europäische Politik zu retten und zu schauen, dass das nicht in einer absoluten humanitären Katastrophe endet und dementsprechend ist es halt doppelt schlimm für uns, weil wir hier eigentlich da sind, um Gutes zu tun und nicht mit sowas in Verbindung gebracht werden wollen".

Interview zum Nachhören

Mit Paulina Glocker haben wir am 16. März in der Hörbar am Nachmittag telefoniert. Hier gibt es das komplette Interview.

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