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Das Flüchtlingscamp am Sendlinger Tor in München wurde am Mittwochabend von der Polizei geräumt.

Flüchtlinge geben auf

Autor(en): Alexandra Morath , Benedict Witzenberger am Donnerstag, 27. November 2014
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Quelle: Lisa Rieger/M94.5

Flüchtlinge nach Ende des Hungerstreiks

Der Flüchtlingsstreik ist beendet. Die Demonstranten sollen jetzt erst einmal zu Kräften kommen. Zuvor hatten sie stundenlang auf Bäumen am Sendlinger Tor ausgeharrt.

Der Flüchtlingsstreik ist beendet. Die Demonstranten sollen jetzt erst einmal zu Kräften kommen, nachdem sie stundenlang auf Bäumen am Sendlinger Tor ausgeharrt hatten. Am Mittwochabend war das Camp von der Polizei geräumt worden.

„We are all not okay“, so die Aussage eines der sieben verbliebenen Flüchtlinge am Sendlinger Tor gegenüber M94.5. Die ersten Flüchtlinge werden mit einem Taxi weggefahren. Doch obwohl sie gemeinsam untergebracht werden sollen, liegen sie sich erst einmal in den Armen.

Fast zehn Stunden hatten sie auf Bäumen ausgeharrt, nachdem das Camp gestern Abend von der Polizei geräumt worden war. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hatte dann Gespräche mit Bayerns Sozialministerin Emilia Müller angeboten, daraufhin waren die Menschen am Morgen von den Bäumen geklettert.

Dialog vor Weihnachten

Bei heißem Tee kam es dann zu folgendem Ergebnis: Dieter Reiter will die Flüchtlinge zunächst in Hotels oder Pensionen unterbringen, damit sie wieder zu Kräften kommen. Bis Weihnachten wolle er einen Dialog zwischen Stadt, Land und Bund herstellen, um über die Zukunft der Flüchtlinge und ihre Forderungen zu reden.

Allerdings übte das Stadtoberhaupt auch Kritik: „Plakative Aktionen, wie diese, geben rechten Populisten viel Raum.“ Auch Sozialministerin Müller kritisierte, dass die demonstrierenden Flüchtlinge teilweise aus anderen Bundesländern kämen und dort bereits dezentral untergebracht seien - nicht in Gemeinschaftsunterkünften, gegen die sie demonstrierten.

M94.5-Reporter Vinzent Leitgeb meldet sich live um 9:30 Uhr vom Sendlinger Tor mit ersten Einschätzungen. Hier zum Nachhören:

„Gefahr für Leib und Leben“

Ab 21 Uhr am Mittwochabend ging es ganz schnell. 300 Polizeibeamte fahren rund um das Sendlinger Tor auf. Ihr Auftrag: Die Räumung des Flüchtlingscamps. Das Kreisverwaltungsreferat sieht „Gefahr für Leib und Leben“, nachdem die Flüchtlinge Mittwochmittag einen sogenannten trockenen Hungerstreik begonnen hatten, also auch auf Trinken verzichteten. Zudem sah die Stadt die Gefahr einer Unterkühlung.

M94.5-Reporterin Alexandra Morath ist am Mittwochabend am Sendlinger Tor Platz. Sie beschreibt die Situation: „Mehr als dreissig Polizeibusse sind vorgefahren. Die U-Bahn ist komplett gesperrt, niemand kommt mehr auf den Platz, auch Passanten können sich nirgends mehr hin bewegen. Die Versammlung wurde offiziell aufgelöst. Einige Flüchtlinge sind unter dem Stress zusammengebrochen.“

Einige Demonstranten flüchteten sich vor der Polizei auf nahegelegene Bäume. Dort blieben sie zunächst, während die Feuerwehr unter ihnen Sprungkissen ausbreitete, eine Drehleiter herangefahren wurde und Polizeipsychologen versuchten, sie zum Aufgeben zu überreden.

Die Flüchtlinge auf dem Platz wurden weggebracht. Nach Aussage des KVR sollen sie in Krankenhäuser gebracht werden, oder an einen Ort, „wo sie sich ausruhen können“, sagt eine KVR-Sprecherin der Süddeutschen Zeitung. Nachdem die Zelte der Demonstranten komplett geräumt wurden, machte sich die Polizei an deren Abbau:

Rund um den Sendlinger Tor Platz hatten sich Sympathisanten der Flüchtlinge versammelt. Sie singen „Kein Mensch ist illegal.“ Unsere Reporterin Alexandra Morath hat die Szene gefilmt:

Hier die Situation auch zum anhören:

Reiter bot Bayernkaserne an

Am Montag hatte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter versucht zu vermitteln. Er bot den Flüchtlingen an, sie in der Bayernkaserne unterzubringen, wenn sie ihren Hungerstreik beendeten. Allerdings könne er nicht Entscheidungen von Bund und Land treffen, so der Rathauschef: „Ich kann verstehen, dass sie wenig Geduld haben, aber trotzdem muss es jetzt zunächst Gespräche mit Vertretern von Ländern und Bund geben, ob es möglich ist, den Flüchtlingen noch besser zu helfen, als es derzeit der Fall ist.“ Die Flüchtlinge lehnten Reiters Angebot nach einer Beratung ab.

Seit Samstag im Hungerstreik

Am Samstag war die Gruppe am Sendlinger Tor in einen Hungerstreik getreten, organisiert von der Gruppe „refugee struggle for freedom“, einem Flüchtlingsnetzwerk, das in der Vergangenheit schon in Dingolfing und vor dem Brandenburger Tor zum Hungerstreik aufgerufen hatte. Sie forderten unter anderem Änderungen bei der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und Lockerungen der sogennanten Residenzpflicht. In den vergangenen Tagen waren bereits mehrere Demonstranten ins Krankenhaus gebracht worden.

Hier Fotos von der Räumung am Sendlinger Tor:

Hier unser Artikel zu den Hintergründen des Streiks mit weiteren Fotos.

Hier der Twitter-Ticker der Nacht zum Nachlesen:

M94.5 Reporter Ron Stoklas mit dem Stand um 4:00Uhr nachts am Sendlinger Tor:

Hier die Informationen unseres Reporters um 2:30 Uhr:

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