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Flüchtlinge in Bayern

Hoffen und Bangen

Autor(en): Paul Mayer am Donnerstag, 16. Februar 2012
Wer das Pech hat nicht aus einem EU-Mitgliedsstaat zu stammen, muss große Hürden nehmen bis er legal und dauerhaft in Deutschland leben und arbeiten darf. Jeden Tag versuchen Menschen illegal in die EU einzureisen. Sie verbringen Tage in doppelten Böden von Lastwägen, versuchen mit kleinen Booten das Mittelmeer zu überqueren oder wandern tagelang über grüne Grenzen.

Verstecken und Verbergen: Die Illegalität

Diese Menschen gelten in Deutschland als „Illegal“, das heißt sie sind nicht registriert und haben keinerlei Rechte. Ihr Aufenthalt in Deutschland ist eine Straftat und auch Menschen, die Illegalen helfen, machen sich strafbar. Ärzte, Juristen, Lehrer oder Sozialarbeiter haben die Pflicht, Illegale zu melden. Tun sie das nicht, riskieren sie Strafen und können persönlich für die Kosten der Abschiebung haftbar gemacht werden. Die ca. 1 Million Illegalen in Deutschland leben deshalb jenseits jeder sozialen Schicherheit, sie müssen unsichtbar sein, haben keinerlei Versicherung und leben meist abgeschottet unter menschenunwürdigen Bedingungen. Wer doch aufgegriffen wird, kann Antrag auf Asyl stellen, die Lebensbedingungen verbessern sich dadurch aber nicht unbedingt.

Hoffen und Bangen: Die Duldung
Wer einen Asylantrag stellt, bekommt meist den Status „geduldet“. Das heißt laut §60a des Aufenthaltsgesetzes eine „vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“. Der Flüchtling wird also weder anerkannt, noch erhält er besondere Rechte, aber sein Aufenthalt ist nun keine Straftat mehr. Eine Duldung ist befristet und muss regelmäßig erneuert werden. In Bayern werden die Flüchtlinge oft in sogenannten Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, die meist außerhalb der Städte liegen. Sie verlieren fast jegliche Selbstverantwortung. Oft erhalten sie keine Arbeitserlaubnis, bekommen nur ein kleines Taschengeld von 40,90 € im Monat, dürfen das Bundesland und manchmal sogar den Landkreis nicht verlassen, außerdem wird das Essen wird ihnen täglich zugeteilt. Betroffene berichten oft, dass ihr Leben aus Warten und Hoffen auf die nächste Verlängerung der Duldung besteht. Bei über 1/3 der 200.000 Geduldeten in Deutschland dauert dieses Warten schon über 10 Jahre.

Hängepartie: Die Aufenthaltserlaubnis
Parallel dazu gibt es noch die sogenannte „Aufenthaltserlaubnis“. Auch diese ist immer befristet und dazu streng zweckgebunden z.B. für eine Ausbildung oder Arbeit. So können Studenten für die Zeit des Studiums eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Wegen der strengen Zweckbindung erlischt sie, sobald das Studium abgeschlossen ist. Wer seine Aufenthaltserlaubnis verliert, hat wenige Optionen. Es kann sein, dass die Betroffenen abgeschoben werden oder zurück in den Status als „Geduldete“ rutschten. Das bedeutet dann oft Verlust der Bewegungsfreiheit, Verlust der Arbeitserlaubnis, Verlust der Freiheit. Die Alternative ist eine neue Aufenthaltserlaubnis, die dann wieder befristet ist, denn eine „unbefristete Aufenthaltsgenemigung“ gibt es seit 2005 nicht mehr. Besonders wenn familiäre, politische oder humanitäre Gründe angeführt werden, wird häufig keine Arbeitserlaubnis erteilt. Der Flüchtling hat also kaum einen besseren Stand als ein Geduldeter.

Sonderfall: Der Kontingentflüchtling
Kontingentflüchtlinge sind Menschen, die in festgelegten Zahlen gleichmäßig auf die einzelnen Bundesländer verteilt werden. Das können Flüchtlinge aus Krisengebieten sein, bekannt wurde der Begriff aber vor allem durch große Zahlen jüdischer Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion. Kontingentflüchtlinge können nicht abgeschoben werden. Eine bevorzugte Behandlung jenseits der Duldung bekommen aber auch sie nicht. Damit können sie auch wieder in Gemeinschaftsunterkünften landen.

Die deutschen Flüchtlingsgesetze sind so unflexibel, dass es immer wieder zu fragwürdigen Abschiebungen kommt. Die Durchsetzung einer Aufenthaltserlaubnis als „Härtefall“ gelingt oft nur nach langwierigen Verhandlungen und ist ohne juristische Hilfe fast unmöglich. Diese Hilfe zu bekommen ist für Flüchtlinge aber sehr schwierig. Und deswegen heißt es immer noch für die meisten Flüchtlinge: Hoffen und Bangen.
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